Wenn Sie einen Teil Ihres Einkommens für Kindes- oder Ehegattenunterhalt aufwenden müssen, kann es entmutigend sein, wenn am Monatsende kaum etwas für Sie selbst übrig bleibt – abgesehen vom Unterhaltsbetrag, den Sie an Ihren Ex-Partner überweisen. Selbst bei einer sparsamen Lebensweise bleibt oft wenig Spielraum für persönliche Ausgaben. Diese Situation teilen viele, doch möglicherweise liegt ein grundlegender Fehler in der Berechnung Ihres Unterhalts vor. Das Unterhaltsrecht sieht normalerweise Schutzmechanismen wie den Selbstbehalt vor, um den Unterhaltszahlenden vor finanziellen Engpässen zu bewahren. Welche früheren Fehler Sie in diese Lage gebracht haben könnten und wie eine professionelle Unterhaltsberechnung Ihnen helfen kann, erfahren Sie hier.
Alternative Wege zur Unterhaltsanpassung prüfen
Nicht mehr zu arbeiten, ist keine Lösung. Es könnte zwar der Gedanke aufkommen, dies in Erwägung zu ziehen, aber wenn Sie ohne triftigen Grund keiner Erwerbstätigkeit nachgehen oder weniger verdienen, als eigentlich möglich wäre, kann Ihnen ein sogenanntes fiktives Einkommen angerechnet werden. Das bedeutet, dass angenommen wird, Sie könnten genug verdienen, um Ihre Unterhaltspflichten zu erfüllen. Im Ergebnis müssten Sie dann Unterhalt aus Beträgen zahlen, die sogar unter Ihrem Selbstbehalt liegen.
Das ist daher keine sinnvolle Strategie und auch keineswegs als Empfehlung zu verstehen. Stattdessen sollten Sie Ihre aktuelle Situation genauer überprüfen, da Sie möglicherweise zu hohe Unterhaltsbeträge leisten. Wie können Sie das herausfinden?
Dauer: 13:40
Podcast
Scheidung: Unterhaltspflicht von Ehepartnern im Trennungsjahr
10 Gründe, warum Sie vielleicht zu viel Unterhalt zahlen
Das Unterhaltsrecht ist oft verwirrend, und es gibt viele Einzelheiten, die Ihre Zahlungsverpflichtung beeinflussen können. Prüfen Sie, ob einer dieser Gründe auf Ihre Situation zutrifft – er könnte ein Hinweis sein, wie Sie Ihre Unterhaltszahlungen anpassen könnten.
1. Sie haben mehrere Personen, für die Sie Unterhalt zahlen müssen
Wenn Sie mehreren Personen, wie Ihrem Ex-Partner und Kindern, Unterhalt zahlen, reicht Ihr Einkommen vielleicht nicht aus, um alle in vollem Umfang zu unterstützen. In diesen sogenannten Mangelfällen sollte das Geld aufgeteilt werden, indem die Bedürfnisse der Unterhaltsberechtigten nach einer bestimmten Rangfolge berücksichtigt werden. Wenn Sie jedoch allen die volle Summe zahlen, bleibt für Ihre eigenen Bedürfnisse meist kaum etwas übrig – eine Anpassung könnte hier Abhilfe schaffen.
2. Der Elternteil, bei dem das Kind lebt, verdient mehr als Sie
Falls der Elternteil, der das Kind betreut, deutlich mehr verdient als Sie, könnte ein Teil Ihrer Unterhaltspflicht auf ihn oder sie übergehen. Dies gilt insbesondere, wenn das Einkommen des betreuenden Elternteils dreimal so hoch ist wie Ihres, wodurch ein starkes finanzielles Ungleichgewicht entsteht. In solchen Fällen hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Neuberechnung des Unterhaltsanspruchs möglich ist, was Ihre finanzielle Belastung mindern könnte.
3. Ihr Einkommen ist gesunken, aber die Unterhaltszahlung bleibt gleich
Wenn sich Ihr Einkommen in letzter Zeit verringert hat, wird der Unterhaltsbetrag oft weiterhin auf Basis des früheren Einkommens berechnet. Dadurch bleibt die Verpflichtung unverändert bestehen, auch wenn sie für Sie nun schwerer zu tragen ist. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, eine Anpassungsklage einzureichen, um die Zahlungen an Ihr neues Einkommen anzupassen und Ihre finanzielle Situation zu entlasten.
4. Ihr Ex-Partner arbeitet nicht, obwohl er könnte
Nach einer gewissen Zeit wird von Ihrem Ex-Partner erwartet, dass er oder sie in der Lage ist, für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen. Vor allem nach der Scheidung muss der Ex-Partner mehr Eigenverantwortung übernehmen und seine finanzielle Bedürftigkeit begründen. Wenn der Ex-Partner arbeitet oder in absehbarer Zeit arbeiten könnte, kann das Ihre Unterhaltspflicht vermindern oder aufheben. Eine anwaltliche Überprüfung kann dabei helfen, Klarheit zu schaffen.
5. Ihr Kind ist inzwischen volljährig
Mit 18 Jahren endet in der Regel der Anspruch auf Kindesunterhalt, da das Kind als erwachsen gilt und für sich selbst sorgen kann. Nur wenn es noch in Schule oder Ausbildung ist, besteht Anspruch auf Ausbildungsunterhalt – dabei muss jedoch eine Ausbildungsvergütung oder BAföG angerechnet werden. Eine finanzielle Unterstützung für eine Zweitausbildung ist nur dann erforderlich, wenn diese in direktem Zusammenhang mit der Erstausbildung steht, was Ihre Zahlungspflicht reduzieren kann.
6. Sie haben hohe Fahrtkosten zur Arbeit
Berufsbedingte Ausgaben, wie Fahrtkosten, können vom unterhaltsrelevanten Einkommen abgezogen werden, werden aber oft nur pauschal angerechnet. Sollte Ihr tatsächlicher Aufwand deutlich höher sein, können Sie höhere Fahrtkosten nachweisen und geltend machen. Dies ist vor allem relevant, wenn Sie weite Strecken zur Arbeit zurücklegen müssen und ein Umzug nicht zumutbar ist – es könnte die monatliche Unterhaltslast spürbar senken.
7. Ihr Einkommen liegt über der üblichen Unterhaltstabelle
Wenn Ihre monatlichen Einkünfte die Standardgrenze in der Düsseldorfer Tabelle (ca. 11.000 Euro netto) überschreiten, wird der darüberliegende Betrag häufig nicht für den Unterhalt berücksichtigt, da davon ausgegangen wird, dass dieser Teil zur Vermögensbildung verwendet wird. Wenn der Ex-Partner dennoch darauf besteht, dass das gesamte Einkommen angerechnet wird, müsste er/sie nachweisen, dass auch das zusätzliche Einkommen während der Ehe zur Deckung des Lebensstandards verwendet wurde. Andernfalls können Sie den zu zahlenden Unterhaltsbetrag anpassen lassen.
8. Ihre Gehaltserhöhung resultiert nicht aus der Ehe
Wenn Sie nach der Trennung eine Beförderung oder Gehaltserhöhung erhalten haben, zählt dies nur dann als Basis für höheren Unterhalt, wenn bereits während der Ehe erkennbar war, dass diese Entwicklung eintreten würde. Wenn es sich jedoch um einen deutlichen Karrieresprung nach der Trennung handelt, gilt dies als persönlicher Erfolg und sollte nicht automatisch zu höheren Unterhaltszahlungen führen. In solchen Fällen können Sie argumentieren, dass die Gehaltssteigerung nichts mit den gemeinsamen Lebensleistungen zu tun hat.
9. Ihr Ex-Partner lebt mietfrei im eigenen Haus
Lebt Ihr Ex-Partner in einem eigenen, schuldenfreien Haus, wird dieser „Wohnvorteil“ beim Unterhalt als fiktives Einkommen betrachtet. Dadurch muss Ihr Ex-Partner im Unterhaltsrecht wie eine Mieteinnahme angerechnet werden, was seine finanzielle Bedürftigkeit mindert. In der Regel wird dabei der Mietwert herangezogen, den er oder sie zahlen müsste, wenn das Haus auf dem freien Markt angemietet würde.
10. Sie ziehen als Selbstständiger Alters- und Krankenversicherung nicht ab
Selbstständige haben die Möglichkeit, ihre Beiträge zur Alters- und Krankenversicherung vom unterhaltsrelevanten Einkommen abzuziehen. Diese Abzüge orientieren sich an den Beiträgen, die ein Arbeitnehmer zahlen würde, und umfassen auch eine angemessene private Vorsorge. Werden diese Abzüge berücksichtigt, kann dies Ihren Unterhaltsbetrag deutlich senken – eine professionelle Beratung kann Ihnen helfen, dies korrekt zu berechnen.
Alles in allem
Insgesamt gibt es im Unterhaltsrecht viele Möglichkeiten, wie sich Unterhaltspflichten bemessen lassen. Daher lohnt es sich immer, den Unterhalt professionell berechnen und überprüfen zu lassen. Eine genaue Berechnung kann Ihnen erfahrungsgemäß schon ab dem nächsten Zahlungstermin mehr finanziellen Spielraum verschaffen. Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu unserer Unterhaltsberechnung beantworten Ihre möglichen Bedenken gegenüber einer anwaltlich durchgeführten Prüfung. Wir freuen uns darauf, Ihnen weiterzuhelfen!