Wann besteht ein Anspruch auf Sonderbedarf beim Unterhalt?
Der Anspruch besteht dann, wenn:
- unregelmäßig
- über den normalen Lebensbedarf hinausgehende Kosten anfallen,
- die im Verhältnis zum laufenden Unterhalt außergewöhnlich hoch sind und
- nicht vorhersehbar waren und man für das Kind hierfür keine Rücklagen bilden konnte.
Als Elternteil sollten Sie wissen, dass der Sonderbedarf in § 1613 Abs. 2 Nr.1 BGB als „unregelmäßiger außergewöhnlich hoher Bedarf“ definiert wird, wobei dieser zusätzlich zum regulären Kinderunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle anfällt. Voraussetzungen sind daher einerseits der unregelmäßige Anfall dieses Bedarfes und andererseits dessen außergewöhnliche Höhe. Dabei ist mit „unregelmäßig“ der einmalige und nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehende Bedarf gemeint. Ob der plötzlich und unerwartet auftretende Bedarf in „außergewöhnlicher Höhe“ anfällt, hängt im Wesentlichen davon ab, welche finanziellen Mittel für den laufenden Kindesunterhalt vorhanden sind. Regelmäßig ist der Bedarf dann außerordentlich hoch, wenn er aus den Mitteln für den laufenden Unterhalt nicht angespart werden kann. Teils erkennt die Rechtsprechung aber auch vorhersehbare und sogar vorhergesehene Kosten als Sonderbedarf beim Unterhalt an. Es kommt insoweit also darauf an, in welchem Gerichtsbezirk der Anspruch geltend gemacht wird und nicht zuletzt darauf, ob und inwieweit er im Einzelfall überzeugend begründet werden kann.
Übersicht über verschiedene Arten von Sonderbedarf beim Unterhalt
Ob im Einzelnen ein Sonderbedarf beim Unterhalt gegeben ist oder nicht, ist häufig gerichtlich entschieden worden, wobei die Gerichte manchmal auch unterschiedlicher Ansicht sind. Die Fälle, in denen ein Sonderbedarf in Betracht kommen kann, sind zahlreich, daher ist die folgende Übersicht alphabetisch geordnet, so dass Sie unmittelbar auf das Sie interessierende Stichwort zugreifen können.
Anmerkung:
Die Einordnung der Kosten für Klassenfahrten, Kommunion bzw. Konfirmation oder einem Schüleraustausch werden von den Familiengerichten sehr unterschiedlich beurteilt. Teilweise vertreten die Richter die Auffassung, dass diese Kosten vorhersehbar sind. Andere Gerichte stellen dagegen auf den geleisteten Barunterhalt ab. Bewege sich dieser eher im unteren Bereich (untere vier Gruppen der Düsseldorfer Tabelle), könnten die anfallenden Kosten vom Barunterhalt nicht angespart werden.
Aufteilung der Finanzierung des Sonderbedarfs
Fällt Sonderbedarf beim Unterhalt für das Kind an, müssen Sie als Eltern diesen anteilig nach dem Verhältnis Ihrer Einkommen aufbringen. Die Finanzierung des Sonderbedarfs wird also nicht generell hälftig geteilt oder ist bei getrenntlebenden Eltern stets allein vom barunterhaltspflichtigen Elternteil zu erbringen. Nur wenn der betreuende Elternteil nicht leistungsfähig ist, also kein Einkommen hat oder sein Erwerbseinkommen unter dem notwendigen Eigenbedarf (Selbstbehalt) von derzeit 1.450 EUR liegt.
Sind beide Elternteile leistungsfähig, wird zuerst der jeweilige Einsatzbetrag berechnet. Dazu ist vom Einkommen jedes Elternteils jeweils der notwendige Eigenbedarf abzuziehen. Die dann verbleibenden Einkommensbeträge werden anschließend zueinander ins Verhältnis gesetzt.
Der unterhaltspflichtige Elternteil muss die Zahlung also nicht unbedingt neben dem laufenden Unterhalt des Kindes in voller Höhe tragen. Da der Elternteil in vielen Fällen wirtschaftlich ohnehin bereits belastet ist, kann er den Sonderbedarf beim Unterhalt über einen gewissen Zeitraum über sein Einkommen verteilt abziehen und erst dann den laufenden Unterhalt aus dem verbleibenden Einkommen entrichten. Das Kind wird insoweit in die Verantwortung mit einbezogen.
Wichtiges zum Sonderbedarf beim Unterhalt
Der Anspruch kann auch ohne verzugsbegründende Mahnung oder eingereichter Klage bis zu einem Jahr nach seiner Entstehung beim Unterhaltspflichtigen geltend gemacht werden. Stellt allerdings die Inanspruchnahme für den Unterhaltspflichtigen eine unbillige Härte dar (etwa weil er nur über ein geringes Einkommen verfügt und mit einer nachträglichen Geltendmachung des Sonderbedarfs nicht gerechnet hat), ist ihm gegebenenfalls eine Ratenzahlung oder eine Stundung zu bewilligen. Im Einzelfall kann der Anspruch sogar entfallen.