Volljährige Kinder entscheiden selbst über die Aufnahme eines Studiums
Ob das volljährige Kind studieren möchte, entscheidet es selber. Damit jedoch ein Unterhaltsanspruch gegeben ist, muss das Studium den Fähigkeiten und Neigungen des Kindes entsprechen sowie von Eltern finanzierbar sein. Verfügen etwa die Eltern nur über ein geringes Einkommen oder sind vorrangige Unterhaltsberechtigte wie minderjährige Geschwister vorhanden, können Studierende nicht erwarten, dass die Eltern ihnen das Studium finanzieren.
Darüber hinaus muss das Studium zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führen, damit der Nachwuchs aufgrund dieses Abschlusses später seinen eigenen Lebensunterhalt finanzieren kann. Es genügt also nicht, wenn der Student bzw. die Studentin lediglich ihn interessierende Vorlesungen besucht, die keinen Abschluss ermöglichen.
Ablehnen können Eltern die Finanzierung des Studiums nur dann, wenn diese Wünsche des Kindes nur flüchtig und vorübergehend sind, das Studium oder der Studiengang nicht den Fähigkeiten des Kindes entsprechen oder das Studium von den Eltern nicht finanziert werden kann.
Was muss ich zu meinem Anspruch auf Kindesunterhalt wissen?
Eltern müssen ihre Kinder in der Regel so lange unterstützen, bis diese sich selber versorgen können. Was gilt bei Ausbildung und Studium?
Frist für den Unterhalt als Studierender
Zwar müssen Kinder die Ausbildung und damit auch ihr Studium zielstrebig durchlaufen, um die Eltern nicht unnötig lange finanziell zu beanspruchen, was aus der Pflicht zu gegenseitigem Beistand und Rücksicht nach § 1618a BGB folgt. Das schließt aber nicht aus, dass auch Studierenden eine gewisse Orientierungsphase zusteht. Erweist sich das begonnene Studium als falsch, dürfen sie bis zum 3. Semester die Fachrichtung wechseln. Aber auch der Wechsel auf einen Ausbildungsplatz wie etwa eine Banklehre, die erst 10 Monate nach dem Studienabbruch im 2. Semester angetreten werden kann, führt nicht zu einem Verlust des Unterhaltsanspruchs.
Wie schnell der Studienabschluss geschafft sein muss und damit das Studium dauern darf, ist Gegenstand zahlreicher Gerichtsentscheidungen. Überwiegend wird dabei auf die durchschnittliche Studiendauer abgestellt und nicht auf die kürzere Regelstudienzeit, die von der Prüfungsordnung oder Studienordnung eines Studiengangs an der jeweiligen Hochschule vorgegeben wird.
Für den Anspruch auf Unterhalt müssen Studierende ihr Studium daher in der durchschnittlichen Studiendauer absolvieren. Wird die durchschnittliche Studiendauer unterschritten, ist der Unterhaltsanspruch selbstverständlich ebenfalls gegeben.
Selbst wenn zwischen Eltern und Kind keine Absprache über ein Auslandstudienjahr besteht, müssen die Eltern die Kosten dafür übernehmen, wenn
- ihnen die zusätzlichen Kosten aufgrund ihres guten Einkommens zuzumuten sind,
- das Studium im Ausland sachlich gerechtfertigt und für den beabsichtigten Abschluss sinnvoll ist,
- die Mehrkosten für den Unterhaltsbedarf insgesamt angemessen sind.
Bei einem einjährigen Auslandsaufenthalt ist eine längere Studiendauer als 15 Monate allerdings grundsätzlich nicht mehr von den Eltern zu finanzieren. Ausnahmen bestätigen aber auch hier die Regel. Kommen besondere Umstände wie etwa zahlreiche Erkrankungen zu den Auslandsaufenthalten und einem Wechsel des Studienortes hinzu, trifft Studierende daran kein Verschulden. Der Anspruch auf Unterhalt für Studierende bleibt daher bestehen, auch wenn das Studium hier 16 Monate dauerte.
Auf die Finanzierung eines „Bummelstudiums“ hat der Nachwuchs keinen Anspruch. Damit stellt sich die Frage, wie es mit dem Unterhaltsanspruch aussieht, wenn der begehrte Studienplatz wegen des Numerus Clausus noch nicht angetreten werden kann und bis zum Antritt ein „Parkstudium“ betrieben wird. Hier ist zu unterscheiden: Beschäftigt sich der Student bzw. die Studentin während des Parkstudiums bereits mit den einschlägigen Fächern des beabsichtigten Hauptstudiums, um dieses möglichst schnell zu absolvieren und tritt dadurch keine wesentliche Verlängerung der Gesamtstudienzeit ein, kann Unterhalt für Studenten gefordert werden. Dagegen brauchen die Eltern kein fachfremdes Parkstudium zu finanzieren. Ist kein geeignetes Parkstudium möglich, muss der künftige Studierende in der Wartezeit bis zum Antritt des Studiums schlichtweg Geld verdienen, also zu seinem Unterhalt beitragen.
Wird das Studium erst längere Zeit nach dem Schulabschluss aufgenommen, entfällt der Unterhaltsanspruch, sofern keine triftigen Gründe für die mangelnde Zielstrebigkeit vorlagen. Solche Gründe können etwa vorliegen, wenn die Tochter ein eigenes Kind zur Welt bringt, dieses anschließend drei Jahre betreut und erst dann ihr Studium beginnt. Hier bleibt der Anspruch auf Unterhalt für Studierende bestehen.
Auch für die Teilnahme an einem freiwilligen sozialen Jahr kann Unterhalt verlangt werden. Das soziale Jahr muss für die gewünschte Ausbildung nicht einschlägig sein, sodass die Eltern in dieser Zeit Unterhalt zahlen müssen. Dies wird mit der Begründung vertreten, dass freiwillige soziale Jahr gehöre noch zur Orientierungsphase. Eigene Einkünfte des Kindes im sozialen Jahr sind bedarfsmindernd anzurechnen.
Ende nach Bewerbungsfrist von 3 Monaten
Ist das Studium abgeschlossen oder wurde es abgebrochen, endet der Unterhaltsanspruch nach einer Bewerbungsfrist von drei Monaten. Nach dieser Zeit muss der frühere Student bzw. die Studentin den eigenen Lebensunterhalt selbst finanzieren, notfalls auch durch eine ausbildungsfremde Tätigkeit.
Zum Ratgeber: Unterhalt für arbeitsloses Kind Mehrere Ausbildungen
Ist eine Ausbildung abgeschlossen, endet grundsätzlich der Anspruch auf Unterhalt für Studenten. Es gibt aber durchaus Fälle, in denen sich an eine abgeschlossene Lehre ein Studium anschließt, das zur Erstausbildung des Kindes gehört und wofür die Eltern zahlen müssen. Davon zu trennen ist die Konstellation, in der die Eltern zur Finanzierung einer Zweitausbildung verpflichtet sind.
Wenn mehrere Ausbildungsabschnitte zu einer Erstausbildung gehören
Bei den Abitur-Lehre-Studium-Fällen und den Bachelor-Master-Fällen kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Erstausbildung vorliegen, für die Eltern Unterhalt leisten müssen. Dagegen ist dies bei der Promotion sowie bei den Hauptschule-Lehre-Fachabitur-Studium-Fällen die Ausnahme.
Abitur-Lehre-Studium / Bachelor-Master
Besteht zwischen Abitur, Lehre und Studium ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang, ist von einer einheitlichen Erstausbildung auszugehen. Der zeitliche Zusammenhang fehlt jedoch, wenn das Kind schon zwei Jahre im erlernten Beruf tätig ist und erst dann den Entschluss zu einem Studium fasst.
Der sachliche Zusammenhang ist gegeben, wenn Lehre und Studiengang fachlich zusammenhängen. Das ist etwa bei den folgenden Ausbildungen nach dem Abitur gegeben:
- Bankkaufmann – Betriebswirtschaftslehre
- Bankkaufmann – Jura
- Bauzeichner – Architektur
- Heilpraktiker – Medizin
- Kaufmann – Betriebswirtschafts- bzw. Volkswirtschaftslehre
- Kfz-Mechaniker – Maschinenbau
- Landwirt – Agrarwissenschaften
- Tischler – Produktdesign
Kein sachlicher Zusammenhang besteht hingegen bei diesen Lehrabschlüssen und Studiengängen:
- Bürogehilfin – Informatik
- Europasekretärin – Volkswirtin
- Industriekaufmann – Medizin
- Industriekaufmann – Maschinenbau
- Industriekaufmann – Jura
- Sekretärin – Volkswirtschaftslehre
- Speditionskaufmann – Jura
Schließt sich an den Bachelor-Studiengang das Master-Studium zeitnah an, gilt das ebenfalls als einheitliche Erstausbildung.
Soll nach dem Studium noch promoviert werden, müssen Eltern den Doktor-Titel grundsätzlich nicht mehr finanzieren, da mit dem Studium die Berufsausbildung abgeschlossen ist. Ausnahmsweise besteht jedoch eine elterliche Pflicht zum Unterhalt für den Doktoranden, wenn die Promotion den üblichen Abschluss des Studiums darstellt (etwa beim Medizin-Studium) und daher das Kind ohne den Titel gegenüber den anderen Studien-Absolventen wesentlich benachteiligt wäre. Der Doktorand bzw. die Doktorandin hat hierbei aber grundsätzlich durch eine Teilzeittätigkeit seinen Unterhalt mitzufinanzieren.
Hauptschule-Lehre-Fachabitur-Studium
Verfügt das Kind statt des Abiturs über einen Hauptschul- oder Realschulabschluss, ist mit dem Abschluss der Lehre der Unterhaltsanspruch beendet. Hier ist nicht davon auszugehen, dass das Kind später an der Fachhochschule noch ein Studium aufnimmt. Ist dagegen das Studium mit Beginn der Lehre bereits geplant, besteht ausnahmsweise Anspruch auf Unterhalt.
In manchen Fällen sind Eltern verpflichtet, dem Kind eine zweite Ausbildung zu gewähren. Dazu gehört zum einen die Finanzierung eines Studiums, wenn das Kind auf dem Gymnasium scheitert, dann eine Lehre durchläuft und zwischen den Eltern Einigkeit besteht, dass im Anschluss daran auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur abgeschlossen und nachfolgend studiert werden soll (OLG Koblenz, Urteil vom 28.02.2000, Az.: 13 UF 566/99).
Zum anderen kann ein Berufswechsel erforderlich sein, weil etwa
- das Kind in ein von ihm nicht gewünschtes, nicht geeignetes und seinen Fähigkeiten nicht entsprechendes Studium gedrängt wurde,
- Kind und Eltern festgestellt haben, dass das Studium falsch ist und die Eltern trotzdem auf einen Abschluss gedrängt haben,
- das Kind ein seinen Fähigkeiten und Neigungen nicht entsprechendes Studium angetreten hat, weil die Eltern den Unterhalt für eine andere Ausbildung verweigert haben,
- das Studium aufgrund einer völlig falschen Einschätzung der Eltern aufgenommen wurde.
Eltern haben Anspruch auf Informationen
Finanzieren Eltern ihrem Kind das Studium, muss das Kind die Eltern auch über dessen Verlauf informieren. Davon umfasst sind auch genaue Mitteilungen über die zu absolvierenden Fächer, Prüfungen, Ausbildungsnachweise („Scheine“) und ggf. zu durchlaufenden praktischen Ausbildungen (Praktika). Geschieht das nicht und wird diese Information verweigert, brauchen Eltern keinen Unterhalt für Studierende mehr zu zahlen.
Unterhalt für Studierende: Höhe und Berechnung
Was Eltern an Unterhalt für Studenten aufbringen müssen, richtet sich in erster Linie danach, ob sie leistungsfähig sind und wo das Kind lebt. Leistungsfähig sind die Eltern nur, wenn sie Unterhalt zahlen können.
Dabei ist insbesondere das im Unterhaltsrecht geltende Rangstufenprinzip nach § 1609 BGB zu berücksichtigen, wonach die Unterhaltsansprüche der Berechtigten auf einem oberen Rang zuerst zu befriedigen sind, bevor die nachrangigen Berechtigten Unterhalt erhalten. Da volljährige Studierende nur den 4. Rang bekleiden, setzen Unterhaltsansprüche für ein ohnehin teures Studium voraus, dass neben mindestens guten Einkommensverhältnissen der Eltern nicht mehrere vorrangige Unterhaltsberechtigte vorhanden sind.
Zudem steht jedem Elternteil ein angemessener Eigenbedarf in Höhe von monatlich 1.750 EUR zu.
Student lebt bei einem Elternteil
Ist das Kind volljährig und lebt bei einem Elternteil, hat dies zur Folge, dass grundsätzlich beide Elternteile Barunterhalt im Verhältnis ihrer erzielten Einkommen zahlen müssen. Der Unterhalt richtet sich in diesem Fall nach der Einkommensgruppe, die sich aus beiden Einkommen der Eltern ergibt, und der Altersgruppe für Volljährige gemäß der Düsseldorfer Tabelle.
Student hat eigene Unterkunft
Hat der Studierende eine eigene Unterkunft, etwa eine „Studentenbude“ am Studienort, beträgt sein monatlicher Unterhaltsanspruch 930 EUR.
Kranken- und Pflegeversicherung sowie Studiengebühren
In den Beträgen der Düsseldorfer Tabelle sind die Monatsbeiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Studiengebühren nicht enthalten. Diese Kosten sind also bei entsprechender Leistungsfähigkeit von den Eltern zusätzlich zu übernehmen, wobei Studierende allerdings häufig bis zum 25. Lebensjahr beitragsfrei über die Eltern in der (gesetzlichen) Familienversicherung mitversichert sind.
Anrechnung eigener Einkünfte des Studierenden
Eigene Einkünfte des Studierenden mindern seinen Bedarf und sind daher anzurechnen. Das gilt in voller Höhe für das Kindergeld, aber auch für BAföG oder einem Stipendium, egal um was für ein Stipendium es sich handelt.
Während Kinder keinen Anspruch auf ein Stipendium haben, kann ein solcher Anspruch beim staatlichen BAföG durchaus bestehen. Das Kind ist daher verpflichtet, einen BAföG-Antrag zu stellen, wenn dieser aufgrund der Einkommensverhältnisse seiner Eltern Aussicht auf Erfolg hat. Wird das BAföG gewährt, müssen Studierende das staatliche Fördergeld auch in Anspruch nehmen – auch, wenn es bedeutet, dass sie später einen Teil zurückzahlen müssen. Der Wunsch des Studierenden, nicht bereits zu Beginn des Berufslebens mit der Rückzahlung eines Darlehens belastet zu werden, wird hier nicht berücksichtigt (OLG Hamm, Az. 2 WF 161/13). Dadurch sollen die Eltern finanziell entlastet werden.
Übt der Studierende einen Ferien- oder Mini-Job aus, braucht er sich das Einkommen daraus nur zu einem Teil (etwa zur Hälfte) oder gar nicht anrechnen zu lassen, wenn die Eltern nicht in voller Höhe oder überhaupt nicht leistungsfähig sind. Wird das Einkommen angerechnet, ist es zuvor um die berufsbedingten Aufwendungen des Studierenden zu bereinigen.