Altersvorsorge von Selbstständigen beim Unterhalt

Frau Versicherungsvertreter Versicherung iurFRIEND® AG

Mittwoch, 07.06.2023 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Unterhalt kann nur derjenige leisten, der Geld verdient. Soweit der Unterhaltspflichtige (Elternteil, Ex-Partner) zur Erzielung von Einkommen finanzielle Mittel aufwendet, steht zwangsläufig nur der verbleibende Rest seines Einkommens für die Unterhaltszahlungen zur Verfügung. Da Arbeitnehmer in der Rentenversicherung und Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert sind, besteht keine Möglichkeit, diese Beitragspflichten zu umgehen. Es ist deshalb gerecht, die Beiträge für die Altersvorsorge bei der Berechnung des bereinigten und unterhaltsrelevanten Nettoeinkommens zu berücksichtigen.

 

Um Selbstständige nicht zu benachteiligen, gebietet es der Gleichbehandlungsgrundsatz, auch die Altersvorsorgeaufwendungen von Selbstständigen, Freiberuflern und Unternehmern bei der Berechnung von deren unterhaltsrelevantem Einkommen zu berücksichtigen. Bei Freiberuflern (u.a. Ärzte, Architekten, Steuerberater, Anwälte) ist zudem zu berücksichtigen, dass diese vielfach in Versorgungswerken pflichtversichert sind. Deren Pflichtbeiträge sind, wie die Pflichtbeiträge von Arbeitnehmern, gesetzlich definiert und leicht zu bemessen.

In welcher Höhe werden Altersvorsorgeaufwendungen beim Unterhalt berücksichtigt?

Sozialabgaben, die zwangsläufig das Einkommen von Arbeitnehmern reduzieren, sind regelmäßig in voller Höhe beim Unterhalt zu berücksichtigen. Anders als im Steuerrecht, wo die betriebliche Veranlassung der Aufwendungen genügt, ist im Unterhaltsrecht auch zu prüfen, inwieweit derartige Aufwendungen angemessen sind.

 

Die Rechtsprechung erkennt über die Pflichtbeiträge hinaus bei bestehender Sozialversicherungspflicht zusätzlich 4 % des Bruttolohns bei Unterhaltspflichten gegenüber Kindern sowie gegenüber getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten und 5 % des Bruttolohns bei Unterhaltspflichten gegenüber den eigenen Eltern an.

 

Soweit keine Versicherungspflicht besteht, dürfen Selbstständige, Freiberufler und Unternehmer zusätzlich 20 % ihres Bruttoeinkommens für die Altersvorsorge auf den Unterhalt anrechnen und vom Einkommen abziehen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Beiträge für die Altersvorsorge tatsächlich auch aufgewendet werden. Dabei werden alle Formen der üblichen Altersvorsorge anerkannt, vor allem Lebens- und Rentenversicherungen, aber auch andere geeignete Vermögensanlagen.

 

In der Summe können Selbstständige also 24 % ihres Bruttoeinkommens des jeweiligen Jahres für die Altersvorsorge aufwenden und von ihrem unterhaltsrelevanten Einkommen absetzen (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.12.2021, Az. XII ZB 557720).

 

Bemessungsgrundlage für diesen Prozentsatz ist nicht das Einkommen des Vorjahres. Im Unterhaltsrecht ist grundsätzlich das durchschnittliche Einkommen der vergangenen drei Jahre die Bemessungsgrundlage für die Unterhaltsberechnung. Geht es aber um den Ansatz von Altersvorsorgeaufwendungen, ist auf das Einkommen des laufenden Kalenderjahres abzustellen. Schließlich bemessen sich auch die Beiträge von pflichtversicherten Arbeitnehmern zur gesetzlichen Rentenversicherung nach den aktuellen Einkünften, um die Höchstgrenze der Altersvorsorge zu ermitteln. Dementsprechend sehen die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte zur Düsseldorfer Tabelle nicht das Einkommen des Vorjahres, sondern das laufende Jahr als Bezugspunkt vor.

GUT ZU WISSEN

Kindeswohl vor Altersvorsorge

Eine Einschränkung ergibt sich insoweit, als ein unterhaltspflichtiger Elternteil in einer verschärften Unterhaltsverpflichtung steht (§ 1603 Abs. II S. 1 BGB). Ist nämlich aufgrund des geringen Einkommens der Mindestunterhalt eines minderjährigen oder ihm gleichgestellten privilegierten Kindes gefährdet, bleibt dem unterhaltspflichtigen Elternteil eine freiwillige Altersvorsorge versagt, weil insoweit das Kindeswohl Vorrang genießt. Dann muss der unterhaltspflichtige Elternteil in Kauf nehmen, dass der ihm zustehende Selbstbehalt soweit reduziert wird, dass sein Einkommen soweit als möglich für den Kindesunterhalt zur Verfügung steht.

Wie sind Darlehenstilgungsleistungen bei der Altersvorsorge zu berücksichtigen?

Erzielt der Unterhaltspflichtige Einkünfte aus einer vermieteten Immobilie, sind die Darlehenstilgungen nicht ohne weiteres auf die Altersvorsorgequote von 24 % anzurechnen und reduzieren nicht ohne weiteres den als Altersvorsorge möglichen Höchstbetrag. Der Bundesgerichtshof hat insoweit die Entscheidung des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 26.11.2020, Az. II7 UF 189/19) korrigiert.

 

Zwar bilde ein unterhaltspflichtiger Mieter, der Mieten aus einem darlehensfinanzierten Objekt bezieht, sukzessive unbelastetes Immobilieneigentum, das für die Altersvorsorge geeignet ist. Bis zur Obergrenze der Mieteinkünfte gehe diese Tilgung aber nicht zu Lasten des Unterhaltsberechtigten, weil die Mieteinnahmen erst durch die Zahlung von Zins und Tilgung ermöglicht werden. Insoweit können nur die Tilgungsbeiträge, die die Mieteinnahmen übersteigen, eine zusätzlich unterhaltsrechtlich relevante Altersvorsorge darstellen und werden auf Kosten des Unterhaltsberechtigten zur Vermögensbildung verwendet (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.12.2021, Az. XII ZB 557720).

Was ist Inhalt des Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge für Selbstständige?

Durch das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge (BGBl. I S. 386) vom 26. März 2007 brauchen Selbstständige und Unternehmer im Fall der Zahlungsunfähigkeit ihres Unternehmens nicht mehr um ihre Altersvorsorge zu bangen. Denn nach dem Gesetz fallen Einkünfte, die der Alterssicherung dienen, nicht mehr unter die Einzel- oder Gesamtvollstreckung. Der Pfändungsschutz sichert das Existenzminimum der Selbstständigen im Alter und entlastet den Staat von Sozialleistungen. Auch im Hinblick auf den Kindesunterhalt sowie Trennungs- oder Ehegattenunterhalt bedeutet dies, dass die Vollstreckungsmöglichkeiten gegen den unterhaltspflichtigen Elternteil oder Ex-Partner ebenfalls eingeschränkt sind.

 

Die Höhe des pfändungsgeschützten Vorsorgekapitals ist begrenzt und hängt vom Lebensalter des Berechtigten ab. Geschützt wird das Kapital, mit dem eine Rente erwirtschaftet werden soll, die ab dem 60. Lebensjahr in Anspruch genommen werden kann und der Pfändungsfreigrenze entspricht. Details regelt § 851c Abs. II ZPO.

 

Voraussetzung für den Pfändungsschutz ist, dass das gesparte Kapital unwiderruflich für den Zweck der Altersvorsorge eingezahlt wurde. Die Leistungen aus dem gesparten Kapital dürfen erst mit dem Eintritt des Rentenalters oder im Fall der Berufsunfähigkeit als lebenslange Rente erbracht werden. Der Versicherte muss darauf verzichten, über seine Ansprüche aus dem Vertrag zu verfügen. Außer im Todesfall darf keine Kapitalauszahlung vereinbart sein. Da Vorsorgemaßnahmen für Hinterbliebene in den Schutzumfang einbezogen sind, haben im Fall des Ablebens des unterhaltspflichtigen Elternteils insbesondere Kinder als gesetzliche Erben im Hinblick auf eine Lebensversicherung Anspruch, an der zur Auszahlung kommenden Versicherungsnummer beteiligt zu werden, zumindest dann, als in der Versicherungspolice nicht ausdrücklich eine bestimmte Person als bezugsberechtigte Person benannt ist.

Alles in allem

Altersvorsorgeaufwendungen von Selbstständigen sind bei der Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens in angemessener Form zu berücksichtigen. Es ist insoweit nicht verwunderlich, wenn Sie als Unterhaltspflichtiger ein Interesse daran haben, Ihre Vorsorgeaufwendungen soweit als möglich zu berücksichtigen, während Sie als Unterhaltsberechtigter daran interessiert sind, die Vorsorgeaufwendungen soweit als möglich herabzusetzen.

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