Nicht jedes Kind hat das Glück, in einer intakten Familie aufwachsen zu dürfen. Können die leiblichen Eltern das Kind nicht betreuen, kann das Kind in einer Pflegefamilie untergebracht werden. Wie ist dann der Lebensunterhalt des Pflegekindes gewährleistet?
Vollzeitpflege, Kurzzeitpflege und Bereitschaftspflege
Bei der Vollzeitpflege nehmen Paare oder Einzelpersonen Kinder oder Jugendliche in ihrem Haushalt auf und bekommen dafür finanzielle Unterstützung. Entweder geben die leiblichen Eltern die Kinder freiwillig zur Pflege, weil sie sich überfordert fühlen oder aus sonstigen Gründen ihrer Elternrolle nicht gerecht werden können. Können sich leibliche Eltern überhaupt nicht um das Kind kümmern oder besteht eine Gefährdungslage, kann auch das Jugendamt die Kinder von sich aus in Obhut nehmen und an eine Pflegefamilie übergeben. Besteht eine akute Gefährdungslage, können Kinder vorübergehend in einer Bereitschaftspflege versorgt werden, solange, bis eine Dauerpflegefamilie gefunden ist.
Bei der Kurzzeitpflege (befristete Vollzeitpflege) ist absehbar, dass das Kind früher oder später zu den leiblichen Eltern oder einem leiblichen Elternteil zurückkehren kann.
Pflegekinder werden idealerweise in die Pflegefamilie integriert: sie wohnen und schlafen dort, werden betreut und erzogen. Bei der unbefristeten Dauerpflege (Vollzeitpflege) ist das Pflegeverhältnis für einen längeren Zeitraum angelegt und endet oft erst mit der Volljährigkeit des Kindes.
GUT ZU WISSEN
Besuchsrecht der leiblichen Eltern
Da ein Pflegekind nur zur Pflege abgegeben wird, dürfen die leiblichen Eltern ihre Kinder normalerweise regelmäßig besuchen, sofern der Kontakt und der Besuch keine Gefährdung für das Kind darstellt. Sofern eine Gefährdungslage besteht, kann das Familiengericht gerichtliche Maßnahmen anordnen. Dazu gehört beispielsweise das Verbot, Verbindung zum Kind aufzunehmen und in Extremfällen die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.
Wie sind Pflegeeltern rechtlich abgesichert?
Nehmen Sie auf Vermittlung des Jugendamtes ein Pflegekind auf, wird ein Pflegevertrag geschlossen, in dem die pflegerischen Ziele festgehalten werden. Mindestens einmal im Jahr gibt es ein „Hilfeplangespräch“ mit
- den leiblichen Eltern,
- den Pflegeeltern,
- Mitarbeitenden des Jugendamtes
- und des Pflegekinderdienstes.
- Ab einem gewissen Alter wird auch das Pflegekind einbezogen.
Als Pflegeeltern dürfen Sie Dinge des alltäglichen Lebens regeln und haben die sogenannte Alltagssorge. Soweit es sich um erhebliche Belange des Kindes handelt, müssen Pflegeeltern Entscheidungen in der Regel mit den sorgeberechtigten Elternteilen absprechen. Sind die leiblichen Eltern erziehungsungeeignet, kann das Familiengericht das Sorgerecht teilweise oder vollständig einem Amtsvormund übertragen, der als gesetzlicher Vertreter des Kindes Entscheidungen trifft, die für das Kind erhebliche Bedeutung haben.
Wer zahlt Unterhalt für Pflegekinder?
Auch wenn das Pflegekind in einer Pflegefamilie untergebracht ist, bleiben die leiblichen Eltern unterhaltspflichtig. Da von den leiblichen Eltern kein Elternteil das Kind im eigenen Haushalt betreut, sind beide barunterhaltspflichtig. In der Praxis dürfte es überwiegend so sein, dass Elternteile sich nicht in der Lage sehen, ihr Kind finanziell zu unterstützen. Insoweit sind die Pflegeeltern darauf angewiesen, dass sie anderweitig finanzielle Unterstützung erhalten. Dazu gibt es das Pflegegeld. Soweit ein leiblicher Elternteil Kindesunterhalt zahlt, ist der Kindesunterhalt auf das Pflegegeld anzurechnen. Da das Pflegegeld eine staatliche Unterstützungsleistung ist, ist es gegenüber dem Kindesunterhalt, für das der leibliche Elternteil verantwortlich ist, nachrangig. Gegen die Pflegeeltern hat das Pflegekind aber keinen Unterhaltsanspruch, da die Pflegeeltern mit dem Kind nicht verwandt sind.
Was ist das Pflegegeld?
Nehmen Sie in Absprache mit dem Jugendamt ein Pflegekind in Ihren Haushalt auf, zahlt das Jugendamt ein Pflegegeld. Das Pflegegeld deckt Ihren Kostenaufwand für Ernährung, Unterkunft, Bekleidung und Taschengeld in der Vollzeitpflege ab. Sie halten es steuerfrei ausgezahlt.
Die monatlichen Pauschalbeträge des Pflegegeldes betragen nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Vorsorge, die je nach Bundesland und Gemeinde können variieren:
Alter des Pflegekindes | Sachaufwand | Pflege und Erziehung | Pflegegeld insgesamt |
0 bis 6 Jahre | 571 EUR | 249 EUR | 820 EUR |
6 bis unter 12 Jahre | 657 EUR | 249 EUR | 906 EUR |
12 bis 18 Jahre | 722 EUR | 249 EUR | 971 EUR |
Diese Pauschalbeträge können erhöht werden, wenn eine Erhöhung „nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten“ ist (§ 39 Abs. VI S. 3 SGB VIII). Für die materiellen Aufwendungen (Miete und Heizung) sollen für alle Altersgruppen 121,11 EUR gezahlt werden. Bei den benannten Beträgen handelt es sich um Empfehlungen an die Jugendämter.
Welche Zuschüsse gibt es für Pflegekinder?
- Pflegeeltern erhalten Pflegegeld. Das Pflegegeld wird auch gezahlt, wenn der Pflegeelternteil mit dem Pflegekind verwandt ist. Das Pflegegeld ist steuerfrei und wird vom Jugendamt bezahlt.
- Weist das Pflegekind eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung auf, können Pflegeeltern eine Eingliederungshilfe bekommen. Die Hilfe soll dem Kind helfen, soziale Fertigkeiten zu erwerben und sich in die Gesellschaft zu integrieren. Zudem soll ein professioneller Fachdienst die Pflegefamilie beraten und in der Betreuung des Kindes begleiten.
- Das Jugendamt übernimmt den Beitrag für eine Unfallversicherung bis etwa 176 EUR im Jahr.
- Das Jugendamt bezuschusst die Alterssicherung der Pflegeperson zur Hälfte bis etwa 43 EUR im Jahr.
- Bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Pflegekindes haben Pflegepersonen Anspruch auf Anrechnung der Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung.
- Müssen Sie größere Ausgaben tätigen (z.B. Erstausstattung, Bekleidung, Einschulung, pädagogische Förderung, Nachhilfeunterricht) erhalten Pflegefamilien oft Zuschüsse. Die Zuschüsse sind eigens zu beantragen.
- Als Pflegeeltern haben Sie keinen Anspruch auf Elterngeld. Elterngeld erhalten Sie lediglich für Ihre eigenen Kinder. Sie können aber bis zu drei Jahre Elternzeit nehmen. Einige Kommunen zahlen einen Förderbetrag, um den Verdienstausfall aufzufangen.
GUT ZU WISSEN
So sind Pflegekinder versichert
Pflegekinder sind über die gesetzliche Krankenversicherung ihrer leiblichen Eltern oder der Pflegeeltern versichert. Bei der privaten Krankenversicherung übernimmt meist das Jugendamt die Beiträge. Pflegekinder können zudem in der Haftpflichtversicherung der Pflegefamilie meist beitragsfrei mitversichert werden. Es empfiehlt sich, die Versicherung über die Aufnahme eines Pflegekindes zu informieren.
Kindergeld für Pflegekinder
Lebt das Pflegekind dauerhaft in Ihrer Familie und ist fester Bestandteil, haben Sie Anspruch auf das Kindergeld. Die Voraussetzungen für den Bezug des Kindergeldes sind in § 32 Abs. I Nr. 2 Einkommensteuergesetz definiert:
„Ein Pflegekind ist eine Person, mit der der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er das Kind nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern nicht mehr besteht“.
Bei der Ermittlung Ihrer Einkommensteuer prüft das Finanzamt von Amts wegen, ob sich Kinderfreibetrag und Erziehungsfreibetrag günstiger auswirken als das Kindergeld. Dabei wird das Kindergeld teilweise auf das Pflegegeld angerechnet. Die Höhe des anzurechnenden Betrages richtet sich danach, ob das Pflegekind das älteste Kind in der Pflegefamilie ist. Ist dies der Fall, so wird die Hälfte des für ein erstes Kind zu zahlenden Kindergeldes auf die Leistungen angerechnet. Ist das Pflegekind dagegen nicht das älteste Kind, so wird ein Viertel in Abzug gebracht. Grund ist die Herstellung des Nachrangs der Jugendhilfe, wenn durch andere gesetzliche Regelungen Leistungen mit identischer Zweckrichtung gewährt werden.
Kostenheranziehung bei Pflegekindern
Kinder, die in einer Pflegefamilie oder in einem Kinderheim aufgewachsen sind, müssen für ihre Versorgung mit staatlichen Mitteln finanziell aufkommen. Sobald sie als Jugendliche eigenes Geld verdienen, müssen sie dafür bis zu 25% (zuvor bis 2021 = 75 %) ihres Einkommens an den Staat erstatten (§ 92 SGB VIII). Der Anspruch auf Pflegegeld sichert den Lebensunterhalt des Pflegekindes und ist, wenn möglich, zurückzuzahlen.
Was ist bei Scheidung mit dem Unterhalt der Pflegekinder?
Werden Pflegeeltern geschieden, hat der das Pflegekind betreuende Pflegeelternteil Anspruch auf Betreuungsunterhalt (Billigkeitsunterhalt nach § 1567 BGB), wenn das Pflegekind im gegenseitigen Einverständnis der Pflegeeltern aufgenommen wurde und der betreuende Partner seine Berufstätigkeit zur Pflege des Kindes reduziert oder hintangestellt hat. Für den Fall der Aufnahme eines Pflegekindes kann sich empfehlen, dass die Ehepartner ehevertraglich regeln, wie die Situation des Pflegekindes für den Fall der Trennung und Scheidung der Pflegeeltern geregelt werden soll.
Alles in allem
Nehmen Sie ein Pflegekind auf, handeln Sie wahrscheinlich in bester Absicht. Wer Pflegeeltern fragt, bekommt oft zur Antwort, dass die schönste Entschädigung darin bestehe, wenn einem die Kinder etwas zurückgeben. Dann wisse man, warum man die Pflege übernommen habe.