Kommt eine Unterhaltsklage Kind gegen Eltern hierzulande öfter vor?
Nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung erfüllt die Hälfte aller unterhaltspflichtigen Elternteile ihre Unterhaltspflichten überhaupt nicht, ein weiteres Viertel allenfalls unregelmäßig. Gründe sind so gut wie immer darin zu suchen, dass die finanzielle Lage problematisch ist. Trennen sich Eltern, sind zwei Haushalte zu finanzieren, jeder Elternteil möchte möglichst mit dem eigenen Fahrzeug mobil bleiben, muss sich eigenständig versichern und alles, was sonst durch zwei geteilt wurde, nunmehr allein finanzieren. Die Konsequenz scheint oft darin zu bestehen, dass Elternteile ihre Einkommensverhältnisse frisieren und manipulieren. Sie gehen Teilzeit arbeiten, arbeiten schwarz nebenher oder verweigern beharrlich jegliche Auskünfte über ihre Einkommensverhältnisse.
Wie komme ich an meinen Kindesunterhalt? Idealfall: Jugendamtsurkunde
Im Idealfall erklärt sich der unterhaltsberechtigte Elternteil bereit, seine Unterhaltspflicht beim Jugendamt anzuerkennen. Dazu kann er jedes beliebige Jugendamt in Deutschland aufsuchen und dort eine sogenannte Jugendamtsurkunde beurkunden lassen. Darin erkennt er seine Unterhaltspflicht rechtsverbindlich an. Auf Grundlage dieser Urkunde könnten Sie den Kindesunterhalt gegen Ihren Vater oder Ihre Mutter zwangsweise vollstrecken, falls er oder sie nicht freiwillig Kindesunterhalt leistet. Ist Ihr Vater oder Ihre Mutter dazu nicht bereit, müssen Sie den normalen Weg gehen und Ihren Kindesunterhalt einklagen.
Unterhaltsklagen Kind gegen Eltern besser mit Anwalt
Müssen Sie den Kindesunterhalt tatsächlich einklagen, sollten Sie ungefähr wissen, was in der rechtlichen Praxis wichtig ist. Es gibt verfahrensrechtlich unterschiedliche Wege, den Kindesunterhalt geltend zu machen. Diese Wege sind strategischer Natur und hängen von vielerlei Faktoren ab. Sie werden kaum umhinkommen, sich hierzu anwaltlich beraten zu lassen. Einfache Fälle mit klarem Ergebnis dürften in der Praxis die absolute Ausnahme sein.
Zum Ratgeber: Zum Anwalt oder Jugendamt? Was ist das Vereinfachte Verfahren zur Unterhaltsfestsetzung?
Haben Sie noch nie vorher einen Unterhaltstitel beantragt, und ist auch kein anderes gerichtliches Verfahren anhängig, können Sie einen Antrag auf Unterhaltsfestsetzung auch im sogenannten vereinfachten Verfahren stellen. Für dieses Verfahren ist ausschließlich das Familiengericht zuständig, in dessen Bezirk Sie oder der nicht unterhaltspflichtige Elternteil ihren Wohnsitz haben. Bei dieser Zuständigkeit verbleibt es auch, wenn der zuvor genannte Elternteil die Scheidung beantragt.
Antragsformular für Vereinfachtes Verfahren
Ihr Antrag, den Kindesunterhalt im vereinfachten Verfahren festzusetzen, muss auf einem dafür amtlich eingeführten Formular gestellt werden und alle in § 249 FamFG geforderten Angaben enthalten. Sie finden den Antrag auf der Website des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz:
Welche Vorteile hat das Vereinfachte Verfahren?
- Sie können ohne großes Kostenrisiko Unterhalt bis zu 120 % des Regelbedarfs geltend machen, bevor das Einkommen Ihres Vaters bzw. Ihrer Mutter geklärt werden muss.
- Ihr Vater oder Ihre Mutter kann nur wenige Einwendungen zur Unterhaltshöhe erheben. Wenn der unterhaltspflichtige Elternteil darauf beruft, dass er finanziell nicht leistungsfähig sei, aber zur Zahlung bereit ist, muss er sich zur Erfüllung der Unterhaltszahlungen verpflichten, in detaillierter Form Auskunft über seine gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse zu erteilen.
- Wenn Ihr Vater oder Ihre Mutter seine bzw. ihre Zahlungspflicht anerkennt, keine Einwendungen oder nur in nicht zulässiger Form Einwendungen erhebt, erreichen Sie relativ schnell einen Zahlungstitel.
Welche Nachteile hat das Vereinfachte Verfahren?
- Erhebt Ihr Vater oder Ihre Mutter in zulässiger Form Einwendungen, können sich im Vergleich zu einer sofort erhobenen Unterhaltsklage erhebliche Verzögerungen ergeben.
- Ist Ihr Elternteil erkennbar leistungsunfähig, stellt das vereinfachte Verfahren nur einen Umweg zur Klage dar. Äußert sich Ihr Vater oder Ihre Mutter außergerichtlich nicht oder lediglich zweifelhaft, ist das vereinfachte Verfahren generell ungeeignet.
- Erlauben die Einkommensverhältnisse des unterhaltspflichtigen Elternteils, soweit sie bekannt sind, nicht ohne weiteres die Zahlung des geltend gemachten Unterhalts, ist das vereinfachte Verfahren ungeeignet. Dies gilt vor allem im Mangelfall, aber auch dann, wenn mehrere Unterhaltspflichten bestehen und deshalb das verfügbare Einkommen unter den unterhaltsberechtigten Personen aufzuteilen ist.
Einstweilige Anordnung, wenn Kindesunterhalt dringend notwendig
Sind Sie dringend auf den Kindesunterhalt angewiesen, kann es empfehlenswert sein, den Unterhalt durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geltend zu machen. Im anschließenden normalen Gerichtsprozess ist dann die endgültige Höhe des Kindesunterhalts zu verhandeln und festzusetzen. Dieser Weg kann sich vor allem auch dann empfehlen, wenn Ihr betreuender Elternteil den Scheidungsantrag eingereicht hat. Ihre Unterhaltsforderung wird dann im Zusammenhang mit der Scheidung verhandelt und entschieden.
Podcast
Bereiten Sie sich auf den Kanzleibesuch vor
Wie bereite ich die Unterhaltsklage vor?
Um Ihren Kindesunterhalt eventuell einklagen zu können, müssen Sie Ihrem Vater oder Ihrer Mutter vorweg Gelegenheit geben, freiwillig den Kindesunterhalt zu leisten. Dazu müssen Sie ihn oder sie in Verzug setzen.
Elternteil in Verzug setzen
Dies ist insoweit wichtig, als Sie für die Vergangenheit nur Kindesunterhalt nachfordern können, soweit der unterhaltspflichtige Elternteil in Verzug war. Sie setzen Ihren Elternteil dadurch in Verzug, dass Sie ihn auffordern, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen oder, wenn Sie seine Einkünfte genau kennen, den maßgeblichen Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle an Sie zu zahlen.
Sie kennen das Einkommen Ihres Elternteils?
Im Idealfall kennen Sie das Einkommen Ihres Vaters oder Ihrer Mutter und bauen darauf Ihre Unterhaltsansprüche auf. Die Unterhaltshöhe können Sie leicht der Düsseldorfer Tabelle entnehmen. Dort sind in Abhängigkeit von dem Nettoeinkommen Ihres Vaters oder Ihrer Mutter und Ihrer Altersstufe die maßgeblichen Unterhaltszahlbeträge benannt.
Verweigert Ihr Vater oder Ihre Mutter die Zahlung, können Sie bei Gericht eine Zahlungsklage erheben, darin ein bestimmtes Einkommen behaupten und nach Maßgabe dieses Einkommens den Kindesunterhalt geltend machen.
Stufenklage, wenn Sie das Einkommen nicht kennen
Wissen Sie nicht, was Ihr Vater oder Ihre Mutter verdient und ist er oder sie auch nicht bereit, Ihnen Auskünfte zu erteilen, müssen Sie, vertreten durch den anderen Elternteil notgedrungen eine Unterhaltsklage beim örtlich zuständigen Familiengericht einreichen. Prozessual formulieren Sie eine sogenannte Stufenklage. In der ersten Stufe wird Ihr unterhaltspflichtiger Elternteil dazu aufgefordert, über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu informieren. Hat er sich hierzu erklärt, können Sie nach Maßgabe dieser Einkünfte Ihren Kindesunterhalt beziffern und in der nächsten Stufe Zahlung beantragen.
Eigener Wohnort bestimmt nicht Gerichtsstand
Hat Ihr betreuender Elternteil die Scheidung beantragt und steht der Kindesunterhalt zur Debatte, ist ausschließlich das Familiengericht zuständig, bei dem der betreuende Elternteil den Scheidungsantrag gestellt hat. Bei diesem Gericht ist das Scheidungsverfahren anhängig. Ihre Ansprüche auf Kindesunterhalt werden also im Zusammenhang mit der Scheidung verhandelt und entschieden. Da das Prozessrecht im Scheidungsverfahren unterschiedliche örtliche Zuständigkeiten der Gerichte ermöglicht, kommt es nicht unbedingt auf Ihren eigenen Wohnort an.
In wessen Namen ist die Klage zu führen?
Leben Ihre Eltern getrennt und ist die Ehe noch nicht geschieden, werden Ihre Unterhaltsansprüche als minderjähriges Kind von demjenigen Elternteil geltend gemacht, in dessen Obhut Sie sich befinden. Maßgeblich ist hierfür, dass Sie von einem Elternteil rein tatsächlich überwiegend betreut und versorgt werden. Dieser Elternteil kann die Unterhaltsansprüche allerdings nicht als Ihr gesetzlicher Vertreter, sondern nur im eigenen Namen geltend machen. Allerdings wirkt eine gerichtliche Entscheidung für und gegen Sie als minderjähriges Kind.
Sind Sie bereits volljährig, machen Sie Ihren Anspruch auf Unterhalt selber geltend. Für den Unterhalt ab 18 sind Sie also selber verantwortlich und nicht auf Ihren anderen Elternteil angewiesen.
Welche Möglichkeiten hat das Gericht, selbst Informationen zu beschaffen?
Weigert sich Ihr Vater oder Ihre Mutter, auch auf Ersuchen des Gerichts, innerhalb einer gerichtlich bestimmten Frist Auskünfte über seine oder ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen, kann das Gericht bei Arbeitgebern, Sozialleistungsträgern, Versicherungsunternehmen oder Finanzämtern Auskünfte und Belege anfordern. Nach Maßgabe dieser Auskünfte kann das Gericht den Unterhaltsprozess entscheiden.
Was ist, wenn sich das Einkommen Ihres Elternteils künftig ändert?
Hat das Gericht im Unterhaltsprozess die Höhe Ihres Kindesunterhalts in Abhängigkeit von einem bestimmten Einkommen Ihres Vaters oder Ihrer Mutter festgesetzt, können Sie den Kindesunterhalt neu festsetzen lassen, wenn er oder sie später mehr verdient. Sie reichen bei Gericht dazu eine Abänderungsklage ein und beantragen, den festgesetzten Kindesunterhalt neu festzusetzen.