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Definition - Was ist der Mehrbedarf beim Kindesunterhalt?

DEFINITION

Was ist der Mehrbedarf beim Kindesunterhalt?

Mehrbedarf ist der Lebensbedarf eines Kindes, der über einen längeren Zeitraum den üblichen Kostenaufwand übersteigt und deshalb im normalen Barunterhalt nicht enthalten ist. Gemeint sind etwa Kosten für eine pädagogisch notwendige Betreuung, Aufwendungen für ein Kind mit Behinderung oder besondere Förderung eines Kindes mit einem besonderen Talent. Der Mehrbedarf ist abzugrenzen vom Sonderbedarf: Darum handelt es sich, wenn das Kind einen unerwartet auftretenden außergewöhnlich hohen Bedarf hat, für den keine Rücklagen gebildet werden konnten – zum Beispiel eine plötzliche Krankheit. In der Regel müssen beide Eltern anteilig ihres jeweiligen Einkommens für diese Sonderausgaben zahlen.

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Kurzfassung - Alles auf einen Blick

  • Im Regelfall deckt der Barunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle der Lebensbedarf des Kindes ab. Möchte der betreuende Elternteil vom zahlungspflichtigen darüber hinaus eine Zahlung erhalten, kann er allerdings Mehrbedarf oder Sonderbedarf geltend machen.
  • Mehrbedarf ist der Teil des Lebensbedarfs, der regelmäßig während eines längeren Zeitraums anfällt und den üblichen Kostenaufwand übersteigt. Der Mehrbedarf ist abzugrenzen vom Sonderbedarf. Gemeint ist ein einmaliger Kostenaufwand, der unerwartet entsteht und außergewöhnlich hoch ist.
  • Beide Elternteile müssen sich sowohl für Mehrbedarf als auch für Sonderbedarf anteilig entsprechend ihres Einkommens an den Kosten beteiligen. Ist der betreuende Elternteil nicht erwerbstätig, muss in der Regel der unterhaltspflichtige Elternteil die Kosten voll übernehmen.

Was deckt der nor­ma­le Kin­des­un­ter­halt ab?

Leben die Eltern eines Kindes getrennt und wächst das Kind bei nur einem Elternteil auf, ist der andere barunterhaltspflichtig. Die Höhe des Kindesunterhalts beziffert sich nach der Düsseldorfer Tabelle. Die Tabelle deckt den regelmäßig anfallenden Lebensbedarf des Kindes ab. Zum Unterhaltsbedarf gehören mithin die für den Lebensalltag unentbehrlichen Aufwendungen für Ernährung, Kleidung, Ausbildung, Gesundheitsfürsorge und Wohnen.

Im Lebensalltag steht der betreuende Elternteil oft vor großen finanziellen Herausforderungen. Dann reicht der normale Kindesunterhalt oft nicht aus, den Kostenaufwand abzudecken. Zwangsläufig stellt sich die Frage, ob der betreuende Elternteil den unterhaltspflichtigen Elternteil an dem zusätzlich anfallenden Kostenaufwand beteiligen kann oder ob er sich auf den normalen Kindesunterhalt verweisen lassen muss. Der eventuell anfallende zusätzliche Kostenaufwand wird durch die Begriffe des Mehrbedarfs und Sonderbedarfs definiert. Ob sich der unterhaltspflichtige Elternteil an einem zusätzlich anfallenden Kostenaufwand beteiligen muss, hängt daher von der Definition dessen ab, was Mehrbedarf und Sonderbedarf ist. Wichtig ist zudem, Mehrbedarf und Sonderbedarf gegeneinander abzugrenzen.

Praxisbeispiel

Schulutensilien sind kein Mehrbedarf

Ihr Kind geht zur Schule. Sie müssen es mit Schreibutensilien, Büchern und einem Schulrucksack ausstatten und verlangen, dass sich der andere Elternteil an dem Kostenaufwand beteiligt. Da der Kostenaufwand für Schulbedarf aber in dem normalen und nach der Düsseldorfer Tabelle bezifferten Kindesunterhalt bereits eingerechnet ist, haben Sie keinen Anspruch darauf, dass sich der unterhaltspflichtige Elternteil über den normalen Kindesunterhalt hinaus an dem zusätzlichen Kostenaufwand beteiligt. Schulbedarf stellt also weder Mehrbedarf noch Sonderbedarf dar. Die Begründung ergibt sich, wenn Sie sich die Definition von Mehrbedarf und Sonderbedarf vergegenwärtigen.

Aktuell im Blog: Mehr Kindesunterhalt für Homeschooling während Corona?

CHECKLISTE

Was muss ich zum Kindesunterhalt wissen?

Beide Elternteile sind dem Kind zum Unterhalt verpflichtet - doch was ist nach der Trennung zu beachten?

Checkliste

Kindesunterhalt

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Was zählt zum Mehrbedarf?

Schaubild

Die Düsseldorfer Tabelle gilt als Leitlinie zur Berechnung des Kindesunterhalts.

Mehrbedarf ist der Teil des Lebensbedarfs, der regelmäßig während eines längeren Zeitraums anfällt und den üblichen Kostenaufwand dermaßen übersteigt, dass er beim normalen Kindesunterhalt der Düsseldorfer Tabelle nicht oder zumindest nicht vollständig erfasst werden kann (BGH, Urteil vom 26.11.2008, Az. XII ZR 65/07). Wichtig ist, dass es sich dabei um fortlaufend anfallende Mehraufwendungen handelt, die zum täglichen Lebensbedarf des Kindes gehören.

Beispiel:

  • Nachhilfeunterricht
  • Gesundheitsbedingte Mehrkosten, wenn das Kind eine Behinderung oder eine chronische Krankheit hat,
  • Studiengebühren,
  • Krankenversicherungsbeiträge,
  • Kostenaufwand für die Unterbringung in einer Privatschule,
  • Kosten eines längeren, in der Berufsausbildung begründeten Auslandsaufenthalts,
  • Förderung des erkennbar künstlerischen Talents eines Kindes (BGH, Urteil vom 11.4.2001, Az. XII ZR 152/99).

GUT ZU WISSEN

Mehrbedarf nur im Rahmen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit

Sie können Mehrbedarf für Ihr Kind nur geltend machen und brauchen umgekehrt nur für den Mehrbedarf aufzukommen, wenn Sie wirtschaftlich leistungsfähig sind und Ihnen ein zusätzlicher Kostenaufwand zumutbar ist. Ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist mithin Maßstab, ob und in welchem Umfang Mehrbedarf zumutbar und erstattungspflichtig ist. Im Regelfall sind beide Elternteile verpflichtet, nach Maßgabe ihrer Einkommensverhältnisse sich am Mehrbedarf anteilig zu beteiligen.

Zum Ratgeber: Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit

Was ist der Son­der­be­darf beim Kin­des­un­ter­halt?

Um den Barunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle und den Mehrbedarf einzuschätzen, müssen Sie auch wissen, was Sonderbedarf ist.

Sonderbedarf ist alles, was nicht bereits zum allgemeinen Lebensbedarf gehört und nicht Mehrbedarf ist. Sonderbedarf ist daher der wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlichen hohen Bedarfs anfallende Kostenaufwand. Das Anrecht muss im Detail folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Es handelt sich um einen unregelmäßig auftretenden, außergewöhnlich hohen Bedarf,
  • der nicht auf Dauer besteht,
  • für den betreuenden Elternteil nicht vorhersehbar war, so dass eine Rücklagenbildung nicht möglich war und
  • der zu einem einmaligen, zeitlich begrenzten Kostenaufwand führt, der im Regelbedarf nach der Düsseldorfer Tabelle nicht berücksichtigt ist.

Beispiele:

  • Kostenaufwand für die Erstausstattung eines Neugeborenen (OLG Koblenz NJW-RR 2009, 1306: Pauschalbetrag von 1000 EUR),
  • Unerwartete Krankheitskosten,
  • Kosten für eine stationäre Behandlung, die die Krankenkasse nicht übernehmen will,
  • Verfahrenskostenvorschuss, den das Kind benötigt, um seinen Unterhaltsanspruch gerichtlich geltend zu machen (BGH, Beschluss vom 4.8.2004, Az. XII ZA 6/04),
  • Kostenaufwand für die Anschaffung eines Behindertenfahrzeugs für das behinderte Kind,
  • Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung,
  • Nachhilfeunterricht.

GUT ZU WISSEN

Kieferorthopädische Behandlungen sind Sonderbedarf

Kieferorthopädische Behandlungen sind oft Streitpunkt zwischen den Eltern. Soweit die Kosten nicht von der Krankenkasse übernommen werden, stellen diese unterhaltsrechtlich Sonderbedarf dar (Kammergericht Berlin, Beschluss vom 5.1.2017, Az. 13 UF 125/16). Ist die kieferorthopädische Behandlung jedoch medizinisch nicht notwendig, wird Sonderbedarf oft abgelehnt (Amtsgericht Detmold, Beschluss vom 19.2.2015, Az. 32 F 132/153). Insoweit kommt es im Einzelfall stets darauf an, die Voraussetzungen für Sonderbedarf detailliert und nachvollziehbar darzulegen.

Sonderbedarf und die aus der Situation entstehende Notwendigkeit ist stets konkret darzulegen. Pauschale Angaben genügen nicht. Der Betrag kann in einer Summe geltend gemacht werden, allerdings nur bis zu einem Jahr, nachdem der Kostenaufwand entstanden ist oder der unterhaltspflichtige Elternteil in Verzug gesetzt oder das Anrecht gerichtlich geltend gemacht wurde.

Schulbedarf

Keinen Sonderbedarf stellen Schulkosten dar, da die Anschaffung von Schulmaterial nicht unregelmäßig ist und für jedes Schuljahr neu anfällt. Der betreuende Elternteil hat also die Möglichkeit, für den Kostenaufwand Rücklagen zu bilden. Schulbedarf ist daher auch nicht überraschend und somit kalkulierbar. So ist auch der Kauf einer Schultüte durch den Barunterhalt des Vaters abgedeckt und stellt keinen Sonderbedarf dar (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21.1.1993, Az. 5 C 34/92).

Nach­hil­fe­un­ter­richt

Benötigt Ihr Nachwuchs Nachhilfe, sind die Kosten aus dem laufenden Barunterhalt zu bestreiten, wenn der Unterricht nur gelegentlich oder in geringem Umfang in Anspruch genommen wird. Geht der Bedarf darüber hinaus, kann Nachhilfeunterricht Sonderbedarf darstellen, soweit er vorübergehend und nicht dauerhaft in Anspruch genommen wird. Der Nachhilfeunterricht muss dann aber sachlich begründet sein, also erforderlich und geeignet sein, das Schulziel zu erreichen. Die sachliche Berechtigung kann entfallen, wenn der betreuende Elternteil im Hinblick auf das Alter Ihres Kindes und Ihre Vorbildung selbst in der Lage ist, die Wissenslücken des Kindes auszugleichen.

Be­treu­ungs­kos­ten

Die Antwort, ob Betreuungskosten für ein Kind Mehrbedarf darstellen, ist differenziert zu beantworten. Auch insoweit kommt es maßgeblich auf die Umstände im Einzelfall und die detaillierte Begründung des Anrechts auf Mehrbedarf an. Entscheidend ist, zu welchem Zweck die Betreuung des Kindes erfolgt.

Grundsätzlich sind die Beiträge für Kindergarten oder vergleichbare Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes in einer kindgerechten Einrichtung Mehrbedarf und sind in den Unterhaltsbeträgen der Düsseldorfer Tabelle nicht enthalten. Die Rechtsprechung begründet den Mehrbedarf damit, dass „der Kindergarten eine fürsorgende Betreuung mit dem Ziel der Förderung sozialer Verhaltensweisen und eine Bildungseinrichtung im elementaren Bereich“ darstelle (BGH, Urteil vom 26.11.2008, Az. XII ZR 65/07).

Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsprechung aber wieder eingeschränkt. Wird die Betreuung eines Kindes allein durch die Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils erforderlich, stellen die Betreuungskosten keinen Mehrbedarf des Kindes dar. Vielmehr gehören sie zur allgemeinen Betreuung, die der betreuende Elternteil alleine zu leisten hat (BGH, Beschluss vom 9.10.2017, Az. XII ZB 55/17). Im Fall hatte eine Mutter aufgrund ihrer Berufstätigkeit eine Tagesmutter als Mini-Jobberin für die Betreuung ihrer beiden Kinder am Nachmittag engagiert. Ihr Wunsch, dass sich der Vater an den Kosten beteilige, wies das Gericht zurück. Soweit die Fremdbetreuung nämlich nur die Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils ermöglichen solle, sei unterhaltsrechtlich kein Mehrbedarf begründet.

Eine Ausnahme davon komme allenfalls dann wiederum in Betracht, wenn die Fremdbetreuung über die üblichen Betreuungsleistungen eines Elternteils hinausgehe oder die weitere Betreuung pädagogisch veranlasst sei. Im Fall habe es sich nicht um eine pädagogisch veranlasste Betreuung gehandelt. Zudem habe die Tätigkeit der Tagesmutter lediglich Aufgaben umfasst, die der betreuenden Mutter persönlich obliegen. In diesem Sinne entschied das Amtsgericht Pforzheim (Beschluss vom 22.2.2019, Az. 2 F 160/18), dass der Betreuungsaufwand Mehrbedarf darstelle, wenn die pädagogischen Ziele im Vordergrund stehen. Dann sei der entstehende Freiraum des betreuenden Elternteils nur ein Nebeneffekt mit untergeordneter Bedeutung. Besuche das Kind den Kinderhort aber vorrangig deshalb, um der Kindesmutter eine Berufstätigkeit zu ermöglichen, komme kein Mehrbedarf in Betracht.

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Dauer: 17:05

Podcast

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Wie wird der Kos­ten­auf­wand bei Mehr­be­darf und Son­der­be­darf ver­teilt?

Macht der betreuende Elternteil Mehrbedarf oder Sonderbedarf geltend, haben sich beide Elternteile anteilig nach Maßgabe ihrer Einkommensverhältnisse an dem Kostenaufwand zu beteiligen. Ist der betreuende Elternteil nicht erwerbstätig, wird es im Regelfall dem unterhaltspflichtigen Elternteil obliegen, den Kostenaufwand in voller Höhe zu übernehmen.

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Auch wenn Mehrbedarf und Sonderbedarf relativ klar definiert sind, kann es im Einzelfall schwierig sein, eine Ausgabenposition zuzuordnen. Meist kommt es auf die richtige Begründung an. Im Zweifel sollten Sie sich anwaltlich beraten lassen. So ist gewährleistet, dass der Anspruch von vornherein richtig eingeschätzt werden kann. Dies dient vor allem dem Frieden zwischen den Elternteilen – und letztlich immer auch Ihrem gemeinsamen Kind. Denn darum geht es: Das Kind soll jederzeit gut versorgt sein, um sich optimal entwickeln zu können.

 

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