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Was ist Unterhalt nach langer Ehe?

DEFINITION

Was ist Unterhalt nach langer Ehe?

Unterhalt nach langer Ehe ist der Unterhalt, den Sie nach der Scheidung geltend machen können, wenn Sie viele Jahre miteinander verheiratet waren. Dieser Anspruch ist ein Sonderfall des Geschiedenenunterhalts und kommt zum Zuge, wenn einer der anderen gesetzlich geregelten Fälle des nachehelichen Unterhalts begrenzt oder befristet werden soll. Die Höhe richtet sich nach den individuellen Einkommens- und Vermögensverhältnissen – es ist für beide Seiten empfehlenswert, die exakte Höhe gerichtsfest berechnen zu lassen.

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Kurzfassung - Alles auf einen Blick

  • Waren Sie viele Jahre verheiratet, kommt die Herabsetzung oder zeitliche Befristung des Unterhaltsanspruchs nicht in Betracht, wenn Ihr Ehepartner zur nachehelichen Solidarität verpflichtet ist und es deshalb ungerecht wäre, Ihnen den Unterhalt vorzuenthalten.
  • Wenn der unterhaltspflichtige Ehepartner erneut heiratet, kann er Ihren Unterhaltsanspruch nicht mit dem Argument kürzen, dass er/sie auch dem neuen Ehepartner zum Unterhalt verpflichtet wäre.
  • Klären Sie in Ihrer Scheidungsfolgenvereinbarung Unterhaltsansprüche, ist je nach Regelung sogar lebenslanger Unterhalt möglich. Lassen Sie sich dazu am besten anwaltlich beraten.

Es kommt nicht nur auf die Dauer der Ehe an

Allein die Dauer Ihrer Ehe ist noch kein Kriterium, nach dem Sie Unterhalt beanspruchen können. Die Dauer Ihrer Ehe ist vielmehr ein wesentlicher Aspekt, wenn Sie sich dagegen wehren wollen, dass Ihr unterhaltspflichtiger Ex-Partner Ihren Unterhaltsanspruch nach der Scheidung herabsetzen oder zeitlich einschränken möchte. Voraussetzung ist, dass Ihnen aufgrund ehebedingter Nachteile überhaupt ein Unterhaltsanspruch nach der Scheidung zusteht.

­Un­ter­halt nach der Schei­dung - was be­deu­tet das?

Mit Wirkung zum 1.1.2008 hat der Gesetzgeber das Unterhaltsrecht umfassend reformiert. Hintergrund war, den bis dahin eventuell lebenslang bestehenden Anspruch auf Ehepartnernunterhalt an die gesellschaftlichen Veränderungen anzugleichen. Man wollte den Trend zur zweiten und dritten Ehe aufgreifen und damit den zunehmenden Neugründungen von Familien und den materiellen Bedürfnissen von Kindern und Ehepartnern in neuen Ehen Rechnung tragen.

 

Daher wurde in § 1569 BGB der Grundsatz der Eigenverantwortung eingeführt. Demnach muss jeder Ehepartner nach der Scheidung selbst für seinen regelmäßigen Unterhalt sorgen. Nur dann, wenn Sie sich aus persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht selbst versorgen können, haben Sie Anspruch auf nachehelichen Unterhalt.

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Dauer: 14:37

Podcast

Unterhalt nach der Ehe

Wel­che Rol­le spielt die Ehe­dau­er beim Ehegatten­un­ter­halt?

Ehegattenunterhalt nach der Scheidung erhalten Sie nur, wenn Sie ehebedingte Nachteile in Kauf nehmen mussten und es gerechtfertigt erscheint, dass Ihr Ehepartner aufgrund seiner fortbestehenden nachehelichen Solidarität verpflichtet ist, Sie finanziell zu unterstützen. Um zu vermeiden, dass der unterhaltspflichtige Ehepartner zeitlebens Unterhalt zahlt, kann er den Unterhaltsanspruch auf Ihren angemessenen Lebensbedarf herabsetzen oder zeitlich begrenzen lassen. Die betreffende gesetzliche Regelung beinhaltet ein hohes Streitpotenzial.

Was sind ehebedingte Nachteile?

Nach der Scheidung haben Sie nur Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, wenn Sie infolge Ihrer Eheschließung ehebedingte Nachteile hingenommen haben. In Betracht kommt neben der Kinderbetreuung, dass Sie zum Zeitpunkt Ihrer Scheidung krank, gebrechlich oder im fortgeschrittenen Lebensalter sind oder aufgrund Ihrer Lebensumstände keinen angemessenen Arbeitsplatz mehr finden.

 

Sind Sie lange Jahre verheiratet gewesen und haben insoweit Anspruch auf Ehegattenunterhalt, kann der Anspruch auf Unterhalt nach der Scheidung herabgesetzt oder zeitlich befristet werden. Nach der Unterhaltsrechtsreform im Jahr 2008 war es zunächst so, dass nachehelicher Unterhalt nur solange gezahlt werden sollte, bis der bedürftige Ehepartner sich beruflich neu orientiert hatte und es ihm/ihr zuzumuten war, den Unterhalt alleine zu erwirtschaften. Wer im fortgeschrittenen Lebensalter war oder wegen der langen Ehedauer aus dem Beruf ausgeschieden war, hatte damit seine Schwierigkeiten. Trotzdem trafen Familiengerichte nach der Reform viele Entscheidungen, die die Versorgung in solchen Fällen kappten und auch nach sehr langen Ehen die Unterhaltszahlungen auf wenige Jahre befristeten.

 

Um diese Ungerechtigkeiten aufzugreifen, stellte der Gesetzgeber im März 2013 klar, dass allein die lange Dauer einer Ehe genügen kann, um eine Herabsetzung oder Befristung des Unterhalts zu verhindern. Zu diesem Zweck wurde § 1578b BGB in das Gesetz eingefügt. Jetzt spielt auch die lange Ehedauer eine wichtige Rolle. Das Gesetz enthält keine Aussage darüber, wann eine Ehe lange gewährt hat und wann sie weniger lang gewährt hat.

 

Bezweckt wird damit ein besserer Schutz von bedürftigen Ehepartnern, die nach der Scheidung einer langjährigen Ehe durch die Beschränkung des Unterhalts nicht unverhältnismäßig stark getroffen werden sollten. Damit hat der Gesetzgeber das Kriterium der Ehedauer beim Unterhalt nach langer Ehe ausdrücklich als Billigkeitsmaßstab für die Unterhaltsbegrenzung festgelegt.

Zusätzliches Kriterium: Nacheheliche Solidarität?

Der Bundesgerichtshof hat ausgeführt, dass der mit Wirkung zum 1.3.2013 geänderte § 1578b BGB zusätzlich voraussetzt, dass über die lange Ehedauer hinaus eine wirtschaftliche Verflechtung der Ehepartner notwendig ist, aus der sich eine nacheheliche Solidarität ergibt (BGH, Urteil vom 20.3.2013, Az. XII ZR 72/11). Wirtschaftliche Verflechtung bedeutet, dass ein Ehepartner seine Lebenssituation so sehr auf die Ehe ausgerichtet hat, dass er/sie nicht unbedingt mit einer Scheidung rechnen musste. Selbst wenn er mit einer Scheidung rechnen musste, wäre es ungerecht, ihn nach der Scheidung darauf zu verweisen, ausschließlich selbst für sich verantwortlich zu sein. Hierbei kommt das Kriterium der „nachehelichen Solidarität“ ins Spiel.

 

Die nacheheliche Solidarität ist ein wichtiges Kriterium für die Abwägung, ob ein Unterhaltsanspruch herabgesetzt oder zeitlich befristet werden kann. Eine exakte Definition gibt es nicht. Er bedeutet im Kern, dass Ehepartner auch nach der Scheidung darauf Rücksicht nehmen müssen, dass der Partner sich auf die Ehe eingestellt und faktisch sein gesamtes Leben danach ausgerichtet hat.

 

Dabei kommt insbesondere die Ehe von langer Dauer in Spiel, durch die die nacheheliche Solidarität verstärkt wird und damit wesentlich zur Begründung von lebenslangen, nicht begrenzten Unterhaltsansprüchen nach langer Ehe erheblich beitragen kann. Damit steht die lange Ehedauer auf einer Stufe mit ehebedingten Nachteilen. In der Bewertung kommt es stets auf die Umstände im Einzelfall an. Pauschale Wertungen sind nicht möglich. Aus der Rechtsprechung lassen sich insoweit keine allgemeingültigen Erkenntnisse ableiten:

Praxisbeispiel

Beruf zugunsten der Familie aufgeben?

Typischer Fall ist die Ehe, in der ein Partner sich um den Haushalt und die Kinder kümmert und der andere Partner den Lebensunterhalt verdient. Hat einer der Partner eigene berufliche Ambitionen aus Anlass der Eheschließung aufgegeben und sich der Erziehung der Kinder und Haushaltsführung gewidmet, während der andere Partner das Geld verdient hat, wäre es ungerecht, dem abhängigen Ehepartnern angesichts seines vielleicht fortgeschrittenen Alters oder einer langjährigen Ehe eine Erwerbstätigkeit zuzumuten.

Folgende Gerichtsentscheidungen verdeutlichen, dass es stets auf den konkreten Einzelfall ankommt:

  • So soll nach 32-jähriger Ehe weder eine Herabsetzung noch eine zeitliche Befristung erfolgen (OLG Dresden, Urteil vom 25.9.2009, Az. 24 UF 717/08). Gleiches gilt nach 33 Ehejahren, wenn einer der Partner nur die ersten beiden Jahre im erlernten Beruf gearbeitet hat (OLG Hamm, Beschluss vom 16.5.2011, Az. 8 UF 246/10). Aber auch bereits nach 18 Ehejahren kann die Dauer der Ehe dafür mitentscheidend sein, dass keine Begrenzung des Unterhalts erfolgt, wenn einer der Partner zu Beginn der Ehe das Studium des anderen finanziert hatte und sich danach um Kind und Haushalt kümmerte (OLG Hamm, Beschluss vom 13.8.2013, Az. 4 UF 9/13). In all diesen Fällen erzielten die Unterhaltsberechtigten eigene Einkünfte, so dass es dem Grunde nach um eine Begrenzung der Aufstockung von Unterhalt nach langer Ehe ging.
    Umgekehrt kommt auch nach 37 Ehejahren eine Befristung des Krankheitsunterhalts in Betracht, wenn keine ehebedingten Nachteile eingetreten sind (OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.11.2011, Az. 17 UF 177/11).
  • In einem Fall des BGH (Az. XII ZR 650/11) hatte einer der Ehepartner für die Erziehung der zwei Kinder einen lukrativen Arbeitsplatz aufgegeben und eine schlechter bezahlte Stelle angenommen. Das Gericht sprach dem Ehepartner nach der Scheidung unbefristeten Unterhalt ohne Einschränkung oder Befristung zu. Der Partner müsse die dauerhaften, finanziellen Einbußen des ehemaligen Ehepartners ausgleichen. Das Paar war 25 Jahre verheiratet. Der BGH betonte die Bedeutung der Ehedauer und der sich daraus ergebenden nachehelichen Solidarität.
  • Andererseits gibt es Entscheidungen, in denen auch bei einer 20-jährigen Ehe der Unterhalt auf eine sechsjährige Übergangszeit befristet wurde (u.a. OLG Saarbrücken FamRZ 2008,411).
  • So kann es sein, dass es nach 15 oder mehr Ehejahren dem Partner zugemutet werden kann, schnell wieder in Vollzeit zu arbeiten. Dies gilt vor allem für relativ junge und gut ausgebildete Ehepartner, denen nach der Erziehung eines Kindes zuzumuten ist, wieder in den Beruf einzusteigen. Die Annahme einer Volltagstelle kommt aber frühestens in Betracht, wenn das Kind das Grundschulalter hinter sich gelassen hat und die Betreuung gewährleistet ist. Betreuenden Elternteilen wird daher selten mehr als eine Halbtagsstelle zugemutet. Das OLG Düsseldorf (Az. II 1 UF 180/13) urteilte, dass der betreuende Elternteil eines fünfjährigen Kindes auch dann nicht mehr als 25 Stunden arbeiten muss, wenn das Kind in Vollzeit betreut wird. Dem Elternteil müsse noch genug Zeit für Haushaltsarbeit, Arztbesuche und ähnliches verbleiben.
  • Auch bei einer Ehedauer von 20 Jahren reicht es für sich alleine nicht für einen unbefristeten Unterhalt nach langer Ehe aus, wenn die Ehepartner während der ersten zehn Jahre beide einer Vollzeittätigkeit nachgegangen sind (BGH, Urteil vom 26.9.2007, Az. XII ZR 11/05).

All diese unterschiedlichen Gerichtsentscheidungen führen vor Augen, dass eine zuverlässige Prognose über den Ausgang eines gerichtlichen Unterhaltsverfahrens nach langer Ehe nicht möglich ist. Auch Ihr Anwalt wird Ihnen nicht zuverlässig vorhersagen können, wie das Gericht entscheiden wird. Entscheidend kommt es darauf an, was Sie vortragen und wie Sie Ihre Lebenssituation darlegen und Ihren Unterhaltsanspruch begründen.

Wer muss im Unterhaltsstreit was beweisen?

Will der unterhaltspflichtige Partner den Ehegattenunterhalt herabsetzen oder einschränken, muss er im Detail vortragen, dass trotz einer langen Ehedauer keine ehebedingten Nachteile bestehen oder nicht mehr bestehen. Gibt es dafür Ansätze, müssen Sie die Voraussetzungen der wirtschaftlichen und persönlichen Verflechtung sowie die Umstände, aus denen sich ein Vertrauenstatbestand hinsichtlich des Bestandes Ihrer Ehe ergibt, darlegen. Geht es darum, dass Sie durch Ihre Rollenverteilung in der Ehe Erwerbschancen verpasst haben, müssen Sie konkret darlegen, dass Sie die Bereitschaft zum beruflichen Aufstieg hatten und persönlich dazu geeignet und in der Lage gewesen wären (BGH FamRZ 2012, 93).

Ziel eines Konfliktes oder einer Auseinandersetzung soll nicht der Sieg, sondern der Fortschritt sein.
Joseph Joubert (1754 - 1824)

Was passiert mit dem Unterhaltsanspruch bei erneuter Heirat?

Heiratet der unterhaltspflichtige Partner nach der Scheidung erneut, wird der unterhaltspflichtige Ehepartner daran interessiert sein, seine Unterhaltszahlungen wenigstens einzuschränken. Früher war es so, dass der Bundesgerichtshof nach der Dreiteilungsmethode verfahren ist. Demnach wurden die Einkommen aller drei Partner in einen Topf geworfen und dann geteilt. Das Bundesverfassungsgericht hat die Methode für gesetzeswidrig erklärt (BVerfG, Az. 1 BvR 918/10).

Praxisbeispiel

Verfassungsbeschwerde nach langer Ehe

Anlass war die Verfassungsbeschwerde einer Frau. Sie war 24 Jahre lang mit ihrem Mann verheiratet und bekam nach der Scheidung zunächst 618 EUR Unterhalt. Als der Mann wieder heiratete, waren es nur noch 488 EUR. Der Mann begründete die Unterhaltskürzung damit, dass er auch seiner neuen Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet sei.

Besteht eine Unterhaltspflicht sowohl gegenüber einem geschiedenen als auch gegenüber einem neuen Ehepartner, ist nunmehr der Bedarf des geschiedenen Ehepartners allein auf der Grundlage der eheprägenden Einkünfte des geschiedenen Ehepartners und des Unterhaltsschuldners zu ermitteln (OLG Zweibrücken 2 UF 68/11). Die Dreiteilungsmethode habe keine gesetzliche Grundlage. Vielmehr habe der Gesetzgeber das Vertrauen der Ehepartner auf den grundsätzlichen Bestand einer Ehe schützen wollen. Dazu gehöre die Beibehaltung eines in der Ehe gemeinsam geschaffenen Lebensstandards. Daher sei es nicht gesetzeskonform, diesen sich daraus ergebenden Unterhaltsanspruch mit dem Argument zu kürzen, der Ehepartner habe mit der Wiederheirat neue Unterhaltspflichten übernommen.

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Unterhaltsansprüche sind immer schwierig einzuschätzen. Sie hängen von einer Vielzahl von Voraussetzungen ab, die sich oft nur schwierig begründen lassen, während die Abwehr derartiger Ansprüche eher leichter fällt. Möchten Sie komplexe, kostenträchtige, zeitraubende und kaum kalkulierbare Unterhaltsprozess vermeiden, sollten Sie Unterhaltsansprüche möglichst in einer Scheidungsfolgenvereinbarung regeln und es nicht darauf ankommen lassen, das Gericht entscheiden zu lassen.

 

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