Wie hilft Ihnen das Jugendamt bei unregelmäßigen Zahlungen?
Trennen Sie sich, haben Sie ab dem Zeitpunkt der Trennung für Ihr Kind, das Sie in Ihrem Haushalt betreuen, Anspruch auf Kindesunterhalt. Zahlt der unterhaltspflichtige Elternteil den Unterhalt unregelmäßig oder überhaupt nicht, haben Sie verschiedene Optionen, etwas zu unternehmen.
Unterhaltsvorschuss vom Jugendamt
Wenn Sie die Höhe des Unterhaltsvorschusses betrachten, werden Sie enttäuscht sein. So gibt es für Kinder bis zu 5 Jahren nur 165 EUR Unterhaltsvorschuss. Grund dafür ist, dass das Kindergeld für das erste Kind in Höhe von 204 EUR in voller Höhe berücksichtigt wird. Es wird auf den Mindestunterhalt des Kindes gemäß der Düsseldorfer Tabelle angerechnet. So erhält ein Kind bis 5 Jahre 369 EUR. Nach Abzug des Kindergeldes in Höhe von 204 EUR verbleibt ein Unterhaltsvorschuss von 165 EUR.
Abhängig von Ihrer finanziellen Situation haben Sie ergänzend Anspruch auf den Kinderzuschlag bis zu 185 EUR pro Kind. Auch Leistungen für Bildung und Teilhabe helfen, den Schulbedarf des Kindes zu decken und erleichtern es ihm, an sozialen und kulturellen Aktivitäten teilzuhaben.
In der Konsequenz kann jedenfalls die geringe Höhe des Unterhaltsvorschusses nur bedeuten, dass Sie alles daransetzen sollten, den unterhaltspflichtigen Elternteil zur Zahlung des vollen Kindesunterhalts zu veranlassen.
Nutzen Sie die Beistandschaft des Jugendamtes
Das Jugendamt ist als Organ der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe Ansprechpartner, wenn es um persönliche und finanzielle Belange Ihres Kindes geht. Dort erhalten Sie den Unterhaltsvorschuss, aber auch Unterstützung, wenn es darum geht, den Kindesunterhalt geltend zu machen. Zu diesem Zweck können Sie die Beistandschaft für Ihr Kind beantragen. Die Beistandschaft ist hilfreich, wenn Sie nicht die Kraft oder den Mut haben, den unterhaltspflichtigen Elternteil in Anspruch zu nehmen oder ihn oder sie gar vor Gericht auf Unterhalt verklagen müssen.
Die Beistandschaft bedeutet, dass das Jugendamt Ihr Kind gesetzlich vertritt und den Kindesunterhalt einfordert. Die Beistandschaft ist ein freiwilliges Angebot, das Sie in Anspruch nehmen können, aber nicht müssen. Ihr Sorgerecht als Elternteil wird dadurch nicht beeinträchtigt.
Praxisbeispiel
Anwaltliche Hilfe
Soweit Sie der Beistandschaft des Jugendamtes kein Vertrauen schenken oder das Jugendamt möglichst außen vorlassen möchten, können Sie genauso gut auch eine Rechtsanwältin bzw. einen Rechtsanwalt beauftragen, der den Kindesunterhalt geltend macht. Haben Sie kein oder nur wenig Geld, sollten Sie sich beim Amtsgericht unter Vorlage Ihrer Einkommensnachweise einen Beratungshilfeschein besorgen. Damit suchen Sie eine Kanzlei Ihrer Wahl auf und lassen sich dort in einem ersten Schritt beraten, was Sie tun sollten oder tun können. Sie zahlen allenfalls einen Eigenanteil von 15 EUR. Wird die Anwältin bzw. der Anwalt für Sie gerichtlich tätig, können Sie für das gerichtliche Verfahren Verfahrenskostenhilfe beantragen. Dann trägt die Gerichtskasse sämtliche Gebühren, die für Gericht und Rechtsanwalt anfallen.
Machen Sie den Kindesunterhalt vollstreckbar
Möchten Sie den Kindesunterhalt zwangsweise geltend machen, müssen Sie sich einen Unterhaltstitel beschaffen. Nur ein Titel ermöglicht die Zwangsvollstreckung.
Im einfachsten Fall erklärt der unterhaltspflichtige Elternteil gegenüber dem Jugendamt in einer Jugendamtsurkunde, dass er den Kindesunterhalt freiwillig zahlt. Die Jugendamtsurkunde ist ein solcher vollstreckbarer Titel. Sie wird gebührenfrei erstellt. Sie brauchen den Unterhalt dann nicht mehr gerichtlich einzuklagen.
Bleibt Ihnen aber nur der Gerichtsweg, können Sie in einem sogenannten vereinfachten Unterhaltsverfahren den Kindesunterhalt relativ schnell feststellen und festsetzen lassen. Im vereinfachten Unterhaltsverfahren geht es darum, dass ein normales gerichtliches Verfahren möglichst vermieden werden soll. Vor allem können Sie in dringlichen Fällen Ihre Forderung nach Kindesunterhalt auch im Wege einer einstweiligen Anordnung feststellen lassen. Das Verfahren ist insoweit vorteilhaft, als der unterhaltspflichtige Elternteil seine Unterhaltspflicht oder die Höhe seiner Unterhaltspflicht nur sehr eingeschränkt bestreiten kann. Das Verfahren ist darauf ausgerichtet, möglichst schnell zum Ziel zu gelangen.
Um die Höhe des Kindesunterhalts zuverlässig einschätzen zu können, ist der unterhaltspflichtige Elternteil verpflichtet, Ihnen Auskunft über seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse zu erteilen. Dazu hat er Einkommensbelege, ein Verzeichnis aller Einnahmen und Ausnahmen vorzulegen und deren Vollständigkeit nach bestem Wissen an Eides statt zu versichern.
GUT ZU WISSEN
Familiengericht kann die notwendigen Auskünfte einholen
Sie brauchen nicht zu befürchten, dass der unterhaltspflichtige Elternteil jegliche Auskunft verweigert. Verweigert der Elternteil die Auskünfte über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse, kann das Familiengericht sich notfalls die notwendigen Informationen selbst beschaffen und dazu direkt von Arbeitgeber, Finanzamt und Versorgungseinrichtungen Einkünfte einholen und nach Maßgabe dieser Einkünfte den Kindesunterhalt festsetzen.
Vollstreckungsbescheid ist keine privilegierte Vollstreckungsgrundlage
Sie sollten sich keinesfalls darauf einlassen, den Kindesunterhalt im Wege eines Vollstreckungsbescheids festsetzen zu lassen. Ein Vollstreckungsbescheid ist nämlich keine Grundlage, eine privilegierte Pfändung wegen Unterhaltsforderungen zu begründen, da sich aus dem Vollstreckungsbescheid nicht ergibt, dass Unterhaltsansprüche zugrunde liegen (BGH, VII ZB 67/13).
Unterhaltsansprüche sind nämlich nach § 850d Abs. I der Zivilprozessordnung (ZPO) insoweit vorrangig vollstreckbar, als sich der unterhaltspflichtige Elternteil nicht auf die Pfändungsfreigrenzen berufen kann. Die Pfändungsfreigrenze beträgt für einen alleinstehenden Schuldner 1.178,59 EUR. Soweit sich der unterhaltspflichtige Elternteil nicht auf die Pfändungsfreigrenze berufen kann, ist ihm nur so viel Liquidität zu belassen, als er für seine eigene Lebenssituation unabdingbar benötigt.
Elternteil muss seine Leistungsfähigkeit voll ausschöpfen
Gewöhnlich berufen sich unterhaltspflichtige Elternteile darauf, dass sie den Unterhalt nicht zahlen können, weil sie kein oder nicht ausreichend Geld verdienen. Elternteile, die in der Verantwortung für ihr Kind stehen, sind jedenfalls verpflichtet, ihre Leistungsfähigkeit voll auszuschöpfen (OLG Brandenburg, Az. 13 UF 77/19). Notfalls muss sich der Elternteil um eine besser bezahlte Beschäftigungsmöglichkeit bemühen. Dem Elternteil obliege eine verschärfte Erwerbsobliegenheit, so dass er entsprechend seiner Vorbildung, seinen Fähigkeiten und der Arbeitsmarktlage in zumutbarer Weise arbeiten muss. Bis zu 48 Wochenstunden seien insgesamt zumutbar. Schließlich gehe es um den Lebensunterhalt eines Kindes.
Notfalls kann dem Elternteil ein theoretisch erzielbares (fiktives) Einkommen zugerechnet werden. Dann muss er sich so behandeln lassen, als würde er auf einem nach seinen Fähigkeiten gut bezahlten Arbeitsplatz arbeiten. Unterhaltspflichtige Arbeitslose müssen zudem nachweisen, dass sie monatlich gut und gerne 20 Bewerbungen abgeschickt haben und für die Arbeitssuche genauso viel Zeit verwenden wie für eine Vollzeitarbeit.
Alles in allem
Wer ein Kind in die Welt setzt, übernimmt als Elternteil Verantwortung. Auch wenn nicht jeder unterhaltspflichtige Elternteil in der Lage ist, den Kindesunterhalt in der gebotenen Höhe zu erwirtschaften, ist es ein Gebot des Anstands und der Verantwortung, zumindest alles zu tun, um das Kind zu unterstützen. Umgekehrt sollten Sie als betreuender Elternteil, der Kindesunterhalt einfordert, alles unterlassen, was den unterhaltspflichtigen Elternteil dazu provoziert, seine Unterhaltspflicht infrage zu stellen oder keine Unterhaltszahlungen zu leisten. Letztlich ist ein gegenseitiges Einvernehmen der beste Weg, die gemeinsame Verantwortung für das Kind zu gestalten.