Für eine im Zweifel vollstreckbare Zahlung von Kindesunterhalt ist es am besten, wenn der Anspruch darauf rechtsverbindlich festgestellt wird. Man spricht dabei dann von einem Unterhaltstitel. Dabei kann das Kind wählen, ob es den Unterhalt statisch oder dynamisiert verlangt. Im Regelfall wird sich ein dynamischer Unterhaltstitel empfehlen. Verändern sich nämlich die Berechnungsgrundlagen des Unterhalts, wird der Unterhalt automatisch, also „dynamisch“, angepasst. Ist Ihr Kind im Besitz eines statischen Unterhaltstitels, stellt sich die Frage, wie es denn trotzdem noch in den Vorteil eines dynamischen Unterhaltstitel kommt.
Was ist ein Unterhaltstitel?
In einem Unterhaltstitel ist der Kindesunterhalt rechtsverbindlich festgeschrieben. Man spricht davon, dass der Unterhalt tituliert ist. Als Titel kommt beim Kindesunterhalt vornehmlich die Jugendamtsurkunde in Betracht, bei der der unterhaltspflichtige Elternteil den Unterhalt gegenüber dem Jugendamt gebührenfrei anerkennt. Titel können auch
- ein notarielles Schuldanerkenntnis,
- ein Anwaltsvergleich
- oder ein Gerichtsbeschluss nach einem Unterhaltsrechtsstreit sein.
Warum stellt sich die Frage nach einem dynamischen Unterhaltstitel?
Die Frage ist relevant, wenn der Unterhaltspflichtige den Kindesunterhalt vornehmlich beim Jugendamt in einer Jugendamtsurkunde anerkennt. Im Idealfall fordert das Kind den Unterhaltspflichtigen auf, einen dynamischen Unterhaltstitel zu beurkunden. Da ein solcher Titel praktische Vorteile hat, ist es gut, wenn Sie in Kenntnis dieser Vorteile entsprechend argumentieren können oder wissen, wie sich ein statischer in einen dynamischen Unterhaltstitel ändern lässt.
Hat das Kind ein Wahlrecht?
Das Kind und damit Sie als der gesetzliche Vertreter Ihres minderjährigen Kindes haben die freie Wahl, ob Sie den Kindesunterhalt dynamisiert oder statisch titulieren lassen. Der unterhaltspflichtige Elternteil kann daher nicht verlangen, dass ein dynamisierter Unterhaltstitel in einen statischen Titel abgeändert wird (OLG Celle, FamRZ 2017, 2020), ebenso wenig kann er nach eigenem Ermessen entscheiden, welche Art von Titel beurkundet werden soll.
Kann aus einem statischen ein dynamischer Unterhaltstitel werden?
Das minderjährige Kind kann darauf bestehen, dass ein durch eine Urkunde bereits statisch titulierter Unterhalt in einen dynamisierten Unterhaltstitel abgeändert wird. Soweit der Titel auf die Zeit der Minderjährigkeit befristet wurde, gilt dies selbst dann, wenn sich dadurch der aktuelle Zahlbetrag nicht ändert (OLG Celle, FamRZ 2017, 2020). Verweigert sich der unterhaltpflichtige Elternteil, müsste das Kind im Wege einer Abänderungsklage bei Gericht erreichen, dass der statische Titel in einen dynamischen Titel abgeändert wird.
Was ist ein statischer Unterhaltstitel?
In einem statischen Unterhaltstitel ist der Zahlbetrag des Kindesunterhalts als Betrag festgeschrieben. Dazu wird der Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle ermittelt. Ist das Kind beispielsweise drei Jahre alt und verdient der unterhaltspflichtige Elternteil bis zu 2.700 € netto, hätte das Kind Anspruch auf 481 € Unterhalt (abzüglich ½ Kindergeld).
Wird das Kind älter oder definiert der Gesetzgeber das Existenzminimum eines minderjährigen Kindes neu, steht das Kind vor dem Problem, dass es den höheren Unterhalt ausdrücklich geltend machen müsste. Im einfachsten Fall errichtet der Unterhaltspflichtige eine neue vollstreckbare Urkunde, etwa eine neue Jugendamtsurkunde, in der er sich zur Zahlung von höherem Unterhalt als in der bisherigen Urkunde verpflichtet.
Erkennt der Unterhaltspflichtige die Änderung nicht an, müsste das Kind den Unterhalt neu einklagen. Insoweit erscheint es wenig sinnvoll, den Unterhalt in statischer Form geltend zu machen oder zu vereinbaren. Besser ist, den Unterhalt möglichst von vornherein dynamisch festzuschreiben.
Was sind die Vorteile eines dynamischen Unterhaltstitels?
Seit 1998 eröffnet § 1612a BGB die Möglichkeit, eine dynamische Titulierung des Kindesunterhalts zu fordern. Im Gegensatz zu einem statischen Titel weist ein dynamischer Unterhaltstitel keinen festen Zahlbetrag aus, sondern legt den Unterhaltsbetrag in Form eines Prozentsatzes des jeweiligen Mindestunterhalts fest.
Danach kann ein minderjähriges Kind den Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts verlangen. Dieser Mindestunterhalt richtet sich nach dem steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimum des minderjährigen Kindes. Danach wird der Unterhalt als Prozentsatz einer Bezugsgröße geltend gemacht. Ändert sich die Bezugsgröße, wird der Titel automatisch angepasst.
Der Vorteil besteht mithin darin, dass dieser Titel weiter Bestand hat, auch dann, wenn das Kind älter wird oder der Zahlbetrag sich aufgrund der regelmäßigen Anpassung der Düsseldorfer Tabelle erhöht. Der Titel wächst mit der Veränderung der Gegebenheiten sozusagen mit, ohne dass es einer Abänderung oder einer neuen Inverzugsetzung des Elternteils bedarf. Der Elternteil schuldet ab dem Eintritt der Änderung den höheren Unterhalt, und zwar auch dann, wenn Sie diesen zu einer höheren Unterhaltsleistung nicht gesondert aufgefordert haben und möglicherweise vom Eintritt der Erhöhungsgründe überhaupt keine Kenntnis haben.
GUT ZU WISSEN
Anerkennung der Statik bricht nicht die Dynamisierung
Der Unterhaltspflichtige kann die Dynamisierung nicht hintergehen, indem er einen statischen Betrag anerkennt oder einen statischen Titel errichtet (OLG Hamm FamRZ 2011, 1158).
Ist ein dynamischer Titel abänderbar?
Ist der Titel in dynamisierter Form beurkundet, kommt eine Abänderung sowohl für das Kind als auch für den Elternteil nur noch ausnahmsweise infolge einer Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht, weil sich die Verhältnisse wesentlich verändert haben (BGH FamRZ 2017, 370). Eine solche Störung wäre denkbar, wenn der vormals gut verdienende unterhaltspflichtige Elternteil infolge einer schweren Erkrankung arbeitsunfähig wird und nicht mehr in der Lage wäre, den vereinbarten Unterhalt zu leisten. Dazu wäre vorzutragen, auf welcher Grundlage der Unterhalt ursprünglich vereinbart wurde und welche Veränderungen zwischenzeitlich eingetreten sind. Dann kommt eine Anpassung in Betracht, soweit die Verhältnisse sich seitdem geändert haben und sich daraus die Notwendigkeit einer Anpassung gibt. Verlangt der Elternteil eine Anpassung, muss er darlegen und beweisen, was genau sich geändert hat.
Was ist mit einem dynamischen Unterhaltstitel bei Volljährigkeit?
Mit Eintritt der Volljährigkeit endet zunächst die Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind. Sie besteht allerdings fort, wenn sich das Kind in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, die der unterhaltspflichtige Elternteil gemeinsam mit dem anderen Elternteil finanzieren muss. Benötigt das Kind weiterhin Unterhalt, muss es darlegen und beweisen, dass sein Anspruch auf Kindesunterhalt wegen der Ausbildung fortbesteht.
Ein volljähriges Kind kann den Unterhalt nicht mehr in dynamisierter Form verlangen. Ist das Kind noch minderjährig, kann es jedoch die Dynamisierung verlangen, ohne dass diese auf die Zeit der Minderjährigkeit befristet werden kann. Will der unterhaltspflichtige Elternteil die Abänderung des Titels erreichen, weil das Kind volljährig geworden ist, reicht jedoch bereits der Eintritt der Volljährigkeit aus, um ein Abänderungsrecht zu eröffnen.
Alles in allem
Bietet Ihnen der Unterhaltsschuldner eine statische Vereinbarung über den Kindesunterhalt an, sollten Sie dies ggf. anwaltlich genauso prüfen lassen wie jedweden, Ihnen als Unterhaltsschuldner vorgelegten, dynamisierten Titel, den Sie unterzeichnen sollen. Dabei geht es nicht darum, den einen Elternteil gegen den anderen auszuspielen, sondern zu einer für alle Beteiligten fairen und vor allem über Jahre hinaus nachhaltigen Lösung zu kommen.