Wie hoch ist der Selbstbehalt im Einzelfall?
Die Höhe des Selbstbehalts nach der Düsseldorfer Tabelle ist nicht immer gleich. Sie hängt von verschiedenen Faktoren ab:
Welche Selbstbehalte gibt es?
Die Höhe der Selbstbehalte hängt davon ab, wem gegenüber die Unterhaltspflicht besteht. Gegenüber den Kindern ist der Selbstbehalt geringer als gegenüber dem Ehepartner oder gegenüber den eigenen Eltern. Die Selbstbehalte betragen:
- Minderjährige und privilegierte volljährige Kinder bis 21 Jahren, wenn Sie als Unterhaltsschuldner erwerbstätig sind und eigenes Geld verdienen = 1.450 EUR. Der Betrag enthält einen Wohnkostenanteil von 520 EUR.
Der notwendige Selbstbehalt ist der Selbstbehalt, der dem Unterhaltsschuldner im Hinblick auf die minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern verbleibt. Ist er erwerbstätig, beträgt der Selbstbehalt 1.450 EUR, ist er nicht erwerbstätig,1.200 EUR. Darin sind Wohnkosten in Höhe von 520 EUR enthalten (Warmmiete einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung).
Angemessener Selbstbehalt
Der angemessene Selbstbehalt ist der Selbstbehalt, der dem Unterhaltsschuldner im Hinblick auf andere unterhaltsberechtigte Personen verbleibt. Dies sind Personen, die in der Rangfolge hinter minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern rangieren (Beispiel: Getrennt lebender oder geschiedener Ehepartner). Dieser Selbstbehalt beträgt 1.600 EUR, wenn der Unterhalt Schuldende erwerbstätig ist und 1.475 EUR, wenn er nicht erwerbstätig ist. Der Betrag enthält 580 EUR Wohnkosten. Gegenüber nicht privilegierten volljährigen Kindern beträgt der angemessene Selbstbehalt 1.750 EUR einschließlich 650 EUR Wohnkosten.
Kann der Selbstbehalt ausnahmsweise erhöht werden?
Es gibt jedoch Ausnahmefälle, in denen der reguläre Selbstbehalt höher liegt – zum Beispiel, wenn die Wohnkosten teurer sind als vorgesehen oder wenn der das Kind betreuende Ehepartner sehr viel mehr verdient als der eigentlich allein barunterhaltspflichtige. Im Einzelnen:
Der Selbstbehalt deckt den Lebensbedarf ab. Zumindest theoretisch. Der Selbstbehalt kann ausnahmsweise erhöht werden, wenn man erhöhte Wohnkosten nachweisen kann. In den Selbstbehaltsätzen sind normalerweise Wohnkosten als Pauschale enthalten. Sind die Wohnkosten (Miete) im konkreten Fall höher als die Pauschale und ist es auch nicht möglich und auch nicht zuzumuten, die Wohnkosten durch einen Umzug in eine kleinere oder in eine kostengünstigere Wohnung zu reduzieren, kann sich der Selbstbehalt um die Mehrkosten erhöhen.
Rechenbeispiel: Erhöhte Wohnkosten
Nach Ihrer Scheidung ist der eine dem anderen, wirtschaftlich bedürftigen Ehepartner gegenüber unterhaltspflichtig.
Selbstbehalt gegenüber dem minderjährigen Kind | = | 1.600 EUR (netto) |
Davon Anteil Wohnkosten | = | 430 EUR |
Tatsächliche Warmmiete | = | 480 EUR |
Folge: Selbstbehalt erhöht sich um 50 EUR | = | 1.600 EUR+50 EUR |
Kindesunterhalt reduziert sich entsprechend um | | 50 EUR |
Aber: Da es um den Unterhalt für Ihr minderjähriges Kind geht, steht der unterhaltspflichtige Elternteil in der Verantwortung, den vollen Kindesunterhalt zu erwirtschaften. Dazu gehört, dass er sich um eine besser bezahlte Arbeit bemühen oder eine Nebentätigkeit übernehmen muss. Auch darf er seinen Job nicht ohne weiteres einfach aufgeben. Es wird aber auch erwartet, dass er seine Wohnbedürfnisse einschränkt. Der Unterhaltspflichtige muss sich um eine preisgünstigere Wohnung bemühen oder Wohngeld beantragen. Notfalls muss er auch in eine andere Gemeinde umziehen.
Verfügt der getrennt lebende oder geschiedene Ehepartner über mindestens 50 % mehr Einkünfte als der unterhaltspflichtige, ist auch dieser Elternteil verpflichtet, sich am Kindesunterhalt zu beteiligen, wenn der Unterhaltspflichtige nur über relativ geringe Einkünfte verfügt (BGH FamRZ 2011, 205).
Was ist ein Mangelfall?
Verdient der Unterhaltspflichtige so wenig, dass er den rechnerisch geschuldeten Unterhalt nicht zahlen kann und ansonsten den Selbstbehalt unterschreitet, liegt ein sogenannter Mangelfall vor. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob und wie der Kindesunterhalt gekürzt werden darf.
Rechenbeispiel: Mangelfall
Unterhaltspflichtiger
Monatliches Nettoeinkommen | = | 2.101 - 2.500 EUR-101 EUR |
Unterhaltspflicht gegenüber dem 6-jährigen Sohn | = | 551 EUR |
Unterhaltspflicht gegenüber der 13-jährigen Tochter | + | 645 EUR |
Unterhaltspflicht insgesamt | = | ###ERG### EUR |
#VAR1 = 1800 - 1.450 EUR / 551 EUR+645 EUR
#VAR2 = 1800 - 1.450 EUR / 551 EUR+645 EUR * 1/12
Würde der Unterhaltspflichtige den vollen Kindesunterhalt zahlen müssen, verblieben ihm für den eigenen Lebensunterhalt nur 1800-551 EUR-645 EUR EUR. (Das Kindergeld lassen wir hier außer Betracht).
Aber: Selbstbehalt = 1.450 EUR
Es liegt also ein Mangelfall vor. Es muss also eine Mangelfall-Berechnung des Unterhalts erfolgen.
Es stehen monatlich für den Kindesunterhalt zur Verfügung = 1800-1.450 EUR EUR
(Nettoeinkommen, 1.800 EUR – Selbstbehalt, 1.450 EUR)
1800-1.450 EUR : 551 EUR+645 EUR = #VAR1 * 100%
Also werden die Unterhaltsansprüche beider Kinder auf #VAR1 * 100% gekürzt.
Unterhaltszahlung gegenüber Sohn = 451 EUR x #VAR1 * 100% = 451 * #VAR1 EUR
Unterhaltszahlung gegenüber Tochter = 528 EUR x #VAR1 * 100% = 528 * #VAR1 EUR
Kann der Selbstbehalt ausnahmsweise auch gemindert werden?
Ist aufgrund des geringen Verdienstes ein Mangelfall begründet, ist zu prüfen, ob der Selbstbehalt ausnahmsweise auch erniedrigt werden kann. Die Konsequenz wäre, dass dem Unterhaltspflichtigen ein höheres Einkommen unterstellt wird und er auch dann Unterhalt zahlen muss, wenn er seinen Selbstbehalt im Einzelfall unterschreitet.
Ansatzpunkt dafür ist, dass der Unterhaltspflichtige insbesondere gegenüber einem minderjährigen Kind eine erhöhte Pflicht hat, den Mindestunterhalt zu erwirtschaften. Er muss alles tun, was ihm möglich ist, um wenigstens den untersten Satz der Düsseldorfer Tabelle zahlen zu können. An die eigene Lebensplanung darf er erst denken, wenn der Mindestunterhalt für das minderjährige Kind gesichert ist. Notfalls muss das Leben so umgestaltet werden, dass Veränderungen möglich sind.
Dazu gehört, dass der Unterhaltspflichtige notfalls den Arbeitsplatz wechselt, eine besser bezahlte Tätigkeit annimmt, bereit ist, auch in einem anderen Beruf mehr Geld zu verdienen, einen Nebenjob ausüben und insgesamt auch längere Fahrzeiten zur Arbeitsstelle in Kauf zu nehmen. Die Rechtsprechung erwartet eine Wochenarbeitszeit von bis zu 48 Stunden. Vor allem darf er nichts tun, was die wirtschaftlichen Verhältnisse verschlechtert oder gefährdet. Der Zahlungspflichtige darf sich nicht selbstständig machen, wenn er dann zu wenig verdient. In einer neuen Beziehung darf man auch nicht die Rolle des Hausmanns oder der Hausfrau übernehmen und dadurch die Einkommensverhältnisse reduzieren. Im Streitfall muss der Unterhaltspflichtige nachweisen, dass er alles Zumutbare versucht hat, um so viel Geld zu verdienen, dass der Mindestunterhalt gezahlt werden kann.
Ist nachzuweisen, dass diese Anforderungen schuldhaft nicht erfüllt wurden, wird der Unterhaltspflichtige so behandelt, als hätte er ein entsprechendes Einkommen. Ihm wird ein theoretisch erzielbares, fiktives Einkommen auf der Grundlage des Mindestlohns und einer 40-Stundenwoche unterstellt. Aufgrund des so unterstellten Einkommens wäre er in der Lage, den Mindestunterhalt zu zahlen, mit der Konsequenz, dass die Zahlungen den Selbstbehalt unterschreiten.
Verwechseln Sie den Bedarfskontrollbetrag in der Düsseldorfer Tabelle (Spalte ganz rechts) nicht mit dem Selbstbehalt oder dem Eigenbedarf. Der Bedarfskontrollbetrag soll eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem Unterhaltsschuldner und den unterhaltsberechtigten Kindern gewährleisten. Wird der jeweils für eine Einkommensgruppe ausgewiesene Bedarfskontrollbetrag unterschritten, ist der Tabellenbetrag der nächst niedrigeren Gruppe, deren Bedarfskontrollbetrag nicht unterschritten wird, anzusetzen. Der Bedarfskontrollbetrag ist nur in der Einkommensgruppe 1 mit dem Selbstbehalt identisch (1.450 EUR / 1.200 EUR).