Grundlage für die sogenannte Unterhaltsersatzleistung ist das UVG. Nach §§ 1 bis 3 UVG wird für minderjährige Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres monatlich Unterhaltsvorschuss bis zur Höhe des Mindestunterhalts unter Abzug des Kindergeldes gezahlt.
Der Mindestunterhalt ist in 1612a Abs. 1 BGB geregelt und richtet sich nach dem steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimum des minderjährigen Kindes. Um dieses Existenzminimum zu ermitteln, muss die Bundesregierung alle zwei Jahre einen Bericht vorlegen. Weiterhin ist in § 1612a Abs. 4 BGB bestimmt, dass das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) die Höhe des Mindestunterhalts erstmals zum 01.01.2016 durch Rechtsverordnung neu festlegen muss. Das ist durch die Verordnung zur Festlegung des Mindestunterhalts minderjähriger Kinder nach 1612a Abs. 1 BGB vom 03.12.2015 (Mindestunterhaltsverordnung) erfolgt, wobei dass BMJV die Höhe des Mindestunterhalts (spätestens) alle zwei Jahre neu anzupassen hat.
Der Mindestunterhalt ist damit aus der Mindestunterhaltsverordnung und der untersten Tabellengruppe der für den Kindesunterhalt maßgeblichen Düsseldorfer Tabelle ersichtlich. Er beträgt derzeit (Stand: 1. Januar 2024) für Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres 480 EUR monatlich und für Kinder vom sechsten bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres 551 EUR monatlich. Wird von diesen Beträgen das Kindergeld von derzeit 250 EUR monatlich für das erste und zweite Kind abgezogen (Stand: 1. Januar 2024), welches regelmäßig der alleinerziehende Elternteil erhält und das den Bedarf des Kindes mindert, berechnet sich die Höhe der monatlichen Zahlung wie folgt: Betrag aus der Düsseldorfer Tabelle minus Kindergeld.
Jährliche Änderungen im Unterhaltsrecht
Immer wieder kommt es zu Anpassungen der Beträge in der Düsseldorfer Tabelle oder anderen Änderungen im Unterhaltsrecht. Es lohnt sich also, sich regelmäßig über die Neuerungen zu informieren und bestehende Unterhaltstitel ggf. nochmal prüfen zu lassen.
Zum Ratgeber: Aktuelle Neuerungen im Unterhaltsrecht Damit Ihr Unterhaltsvorschuss-Antrag bewilligt wird, müssen aktuell die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
- Das Kind muss beim alleinerziehenden Elternteil leben.
- Der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes muss in der Bundesrepublik Deutschland sein.
- Der barunterhaltspflichtige Elternteil zahlt keinen, nur teilweise und lediglich unregelmäßig Unterhalt, wobei die Unterhaltszahlungen unterhalb des gesetzlichen Mindestunterhalts (nach Abzug des Kindesgeldes) liegen.
Alleinerziehend ist ein Elternteil, das ledig, verwitwet, geschieden oder vom Ehepartner bzw. Lebenspartner dauernd getrenntlebend ist. Damit ist das Merkmal „alleinerziehend“ auch bereits dann erfüllt, wenn sich Ehegatten im Trennungsjahr befinden.
Unterhaltsersatzleistung für ausländische Kinder
Auch Eltern von Kindern mit ausländischer Staatsbürgerschaft können Unterhaltsvorschuss beantragen. Für Kinder bzw. Eltern aus einem anderen EU-Land (Europäische Union), anderem EWR-Land (Europäischer Wirtschaftsraum) oder der Schweiz ist dies aufgrund der in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Niederlassungsfreiheit unproblematisch, sofern das Kind hier seinen ständigen Aufenthalt hat.
Stammen Kind und Eltern dagegen aus einem anderen Land (Drittland) und wollen Unterhaltsvorschuss beantragen und dafür einen Unterhaltsvorschuss- Antrag stellen, muss der beantragende Elternteil nach § 1 Abs. 2a UVG über einen der folgenden ausländerrechtlichen Aufenthaltstitel verfügen:
- Niederlassungserlaubnis
- Aufenthaltserlaubnis, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt
- Aufenthaltserlaubnis, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt hat
Bei bestimmen Erlaubniserteilungen zum Aufenthalt besteht kein Anspruch, so etwa bei einer Aufenthaltserlaubnis zum Studium bzw. zu Ausbildungszwecken oder einer solchen, bei der die erforderliche Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit nach der Beschäftigungsverordnung nur für eine bestimmte Höchstdauer erteilt werden darf.
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Vorschuss für Kindesunterhalt
So können Sie den Unterhaltsvorschuss beantragen
Wenn Sie Unterhaltsvorschuss beantragen möchten, ist für den Erhalt der Zahlung ein Unterhaltsvorschuss-Antrag beim zuständigen Jugendamt - also beim Amt am Wohnsitz des Kindes – zu stellen. Auf den Unterhaltsvorschuss-Antrag ergeht ein rechtsmittelfähiger Bescheid.
Wie und wo beantrage ich Unterhaltsvorschuss?
Unterhaltsvorschuss ist eine staatliche Hilfe für alleinerziehende Elternteile. So erhalten Sie diese.
Der Unterhaltsvorschuss-Antrag muss schriftlich gestellt werden. Die benötigten Formulare lassen sich unmittelbar beim Jugendamt erfragen, wobei das Amt auch beim Ausfüllen der Formulare für den Unterhaltschuss-Antrag hilft.
Folgende Unterlagen sollten dem Unterhaltsvorschuss-Antrag beigefügt werden:
- Kopie des Personalausweises bzw. Pass des alleinerziehenden Elternteils als Antragsteller
- Kopie der Geburtsurkunde des Kindes
- Meldebestätigungen
- Bei Ausländern aus Drittstaaten: Kopie des ausländerrechtlichen Aufenthaltstitels
- Kopie des vollstreckbaren Unterhaltstitels (Beschluss, Vergleich oder Urkunde), sofern vorhanden
- Kopie des Scheidungsbeschlusses oder anwaltlicher Schreiben zur Scheidung, sofern vorhanden
- Kopie der Kindesanerkennung des anderen Elternteils (etwa Vaterschaftsanerkennung) oder entsprechender Feststellungen
- Nachweise über Unterhaltszahlungen des anderen Elternteils oder einer Halbwaisenrente für das Kind, sofern vorhanden
Bestimmte Zahlungen, die für das Kind geleistet werden, mindern seinen Bedarf, so dass das Jugendamt diese Zahlungen von den zu bewilligenden Zahlungen abzieht. Dazu gehören:
- Das regelmäßig vom Mindestunterhalt abzurechnende Kindergeld
- Unterhaltszahlungen des anderen Elternteils, auch wenn diese nur teilweise und lediglich unregelmäßig erfolgen
- Eine aufgrund des Todes des anderen Elternteils bezogene Halbwaisenrente
Umgekehrt werden das Einkommen des das Kind betreuenden Elternteils, der den Unterhaltsvorschuss beantragen möchte, und ein etwaiges Einkommen des Kindes grundsätzlich nicht berücksichtigt.
Verhältnis zu Sozialleistungen
Diese sogenannte Unterhaltsersatzleistung ist gegenüber anderen Sozialleistungen wie Hartz IV, Sozialgeld und Sozialhilfe vorrangig. Werden solche Leistungen bezogen, muss die monatliche Zahlung unbedingt beim Jobcenter angegeben werden, da er auf den Hartz IV-Bezug angerechnet wird. Sollte der Vorschuss verschwiegen werden, führt das regelmäßig zu Schwierigkeiten mit dem Jobcenter sowie zu Rückforderungen der bezogenen Hartz IV-Leistungen bzw. zur Kürzung der künftigen Hartz IV-Gelder.
Bescheid und Rechtsmittel
Der Unterhaltsvorschuss-Antrag wird vom Jugendamt beschieden. Wird dem Antrag stattgegeben, ergeht ein Bewilligungsbescheid. Allerdings kann dem Antrag auch nur teilweise stattgegeben oder dieser vollständig abgelehnt werden. In den letzten beiden Fällen kann der Alleinerziehende als Antragsteller innerhalb von einem Monat schriftlich oder beim Jugendamt zur Niederschrift Widerspruch gegen den teilweise bzw. vollständig ablehnenden Bescheid einlegen. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, bleibt die Klage beim Verwaltungsgericht auf Verpflichtung des Jugendamts, den begehrten Unterhaltsvorschuss zu leisten.
Dem Bescheid können folgende Angaben entnommen werden:
- Empfänger
- Höhe
- Anrechnung von anderen Zahlungen wie Barunterhaltszahlungen des Pflichtigen auf den Unterhaltsvorschuss
- Bezugszeitraum, wobei Unterhaltsvorschuss nur bis zum 18. Lebensjahr des Kindes gewährt wird – hat also das Kind seinen 18. Geburtstag, endet der Unterhaltsvorschuss.
Die Bewilligung erfolgt regelmäßig ab dem Zeitpunkt der Antragstellung. Sofern der Antragsteller allerdings Bemühungen nachweisen kann, den barunterhaltspflichtigen Elternteil zu Unterhaltszahlungen zu veranlassen, kann der Unterhaltsvorschuss rückwirkend für den letzten Monat vor dem Monat der Antragstellung gezahlt werden.
Auskunfts- und Mitwirkungspflichten
Der alleinerziehende Elternteil als Antragsteller muss Änderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, die sich auf den Unterhaltsvorschuss auswirken können, unverzüglich dem Jugendamt mitteilen. Dazu gehören im Einzelnen:
- Erneute Heirat des alleinerziehenden Elternteils
- Änderungen des Wohnsitzes durch Umzug u. ä.
- Kind lebt nicht mehr beim alleinerziehenden Elternteil
- Unterhaltsleistungen des barunterhaltspflichtigen Elternteils
- Bekanntwerden des Aufenthalts des barunterhaltspflichtigen Elternteils
- Wiedereinzug des barunterhaltspflichtigen Elternteils beim Alleinerziehenden
- Ableben des barunterhaltspflichtigen Elternteils
Unterbleibt die Mitteilung solcher Angaben und / oder wurde die Herbeiführung des Vorschusses durch absichtliche oder fahrlässige Angaben im Antrag erwirkt, kann das Jugendamt die erbrachten Leistungen zurückfordern. Das gilt ebenso, wenn Unterhaltszahlungen des Pflichtigen oder eine Halbwaisenrente nicht angerechnet wurden. Darüber hinaus können solche unterlassenen Angaben eine Ordnungswidrigkeit darstellen, deren Ahndung mit einer Geldbuße möglich ist.
Regress: Wer muss den Unterhaltsvorschuss zurückzahlen?
Bewilligt das Jugendamt den Vorschuss, geht der Anspruch auf Kindesunterhalt nebst dem Auskunftsanspruch gegen den Pflichtigen über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse in dem Moment auf den Staat über. Genauer: Auf das Bundesland, in dem der Vorschuss gezahlt wird. Aufgrund dieses gesetzlichen Forderungsübergangs kann der den Barunterhalt nicht leistende Elternteil in Höhe der Zahlungen in Regress genommen werden. Das bedeutet, dass er den Unterhaltsvorschuss zurückzahlen muss.
Voraussetzungen für den Regress
Damit der barunterhaltspflichtige Elternteil den Unterhaltsvorschuss zurückzahlen kann, müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Der Barunterhaltspflichtige muss vom Unterhaltsvorschuss- Antrag Kenntnis erlangt haben und darüber belehrt worden sein, dass die Vorschusszahlungen von ihm zurückgefordert werden können. In der Praxis geschieht dies durch ein Schreiben des Jugendamts mit einer sogenannten Überleitungsanzeige.
- Es muss ein Unterhaltsanspruch des Kindes bestehen und der Pflichtige muss zur Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse aufgefordert worden sein, was der Regelung des § 1613 BGB entspricht.
- Der Pflichtige muss in der Lage gewesen sein, den Barunterhalt zu zahlen. Er muss also in dem Zeitpunkt, in dem der Vorschuss gezahlt wurde, leistungsfähig gewesen sein.
Regress nach späterer Erbschaft?
War der Unterhaltspflichtige zum entscheidenden Zeitpunkt nicht leistungsfähig, kann er auch nicht später nach einer Erbschaft vom Jugendamt in Regress genommen werden. War er leistungsfähig, so muss das Erbe für die Rückzahlung verwendet werden. Beachten Sie dabei auch die Verjährungsfristen. Erbt das Kind z.B. nach Volljährigkeit, kann das Jugendamt das Geld auch nicht vom Kind zurückverlangen, es muss sich immer an den Unterhaltspflichtigen wenden.
Behauptet der barunterhaltspflichtige Elternteil, er sei nicht leistungsfähig gewesen, ist er dafür darlegungs- und beweispflichtig. Gerade an die Leistungsfähigkeit können jedoch erhöhte Anforderungen gestellt werden, so dass die Möglichkeit besteht, dem Pflichtigen ein fiktives Einkommen zu unterstellen. Das heißt, der Pflichtige muss sich so behandeln lassen, als hätte er so viel Einkommen erzielt, dass er leistungsfähig war. Die typischen Fälle sind, dass ein Arbeitnehmer mit geringem Einkommen einen Mini-Job oder ein Selbstständiger mit unzureichendem Einkommen eine sozialversicherungspflichtige unselbstständige Tätigkeit hätte aufnehmen können.
Beistandschaft des Jugendamtes
Es kann sein, dass die Unterhaltsforderungen gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil den Unterhaltsvorschuss weit übersteigen. In diesem Fall kann beim Jugendamt auf Antrag des alleine sorgeberechtigten oder mit sorgeberechtigten betreuenden Elternteils eine kostenlose Beistandschaft für das Kind eingerichtet werden, die das Kind unter anderem bei Unterhaltsklagen gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil vertritt.
Zum Ratgeber: Beistandschaft des Jugendamts Verjährung der Regressansprüche
Die übergeleiteten Unterhaltsansprüche können verjähren - mit der Folge, dass sie gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil nicht mehr durchgesetzt werden können. Die Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre und beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Der Pflichtige muss für die Entstehung des Anspruchs Kenntnis vom Unterhaltsvorschuss- Antrag haben und darüber belehrt worden sein, dass die Vorschusszahlungen von ihm zurückgefordert werden können. Durch die Minderjährigkeit des Kindes wird der übergeleitete Anspruch nicht gehemmt.
Hat der Pflichtige keine Kenntnis, beträgt die Verjährungsfrist für den Rückforderungsanspruch 10 Jahre.
Liegt schließlich ein rechtskräftiger und vollstreckbarer Unterhaltstitel vor, verjähren die Forderungen für vergangene Zeiträume 30 Jahre und für künftige Forderungen – je nach Kenntnis des Pflichtigen von der Überleitung – 3 bzw. 10 Jahre.