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Definition: Was muss ich beachten, wenn ich Kindesunterhalt nachfordern möchte?

DEFINITION

Was muss ich beachten, wenn ich Kindesunterhalt nachfordern möchte?

Kindesunterhalt kann normalerweise erst ab dem Zeitpunkt verlangt werden, ab dem er gefordert wird. Das bedeutet, er wird in der Regel nicht rückwirkend gezahlt. In bestimmten Ausnahmefällen allerdings (§ 1613 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), „Unterhalt für die Vergangenheit“) kann der Kindesunterhalt durchaus rückwirkend geltend gemacht werden. Insbesondere dann, wenn Sie den Anspruch bereits zuvor gerichtlich oder außergerichtlich geltend gemacht haben, jedoch bislang keine Reaktion kam. Doch selbst, wenn Sie sich auf diese Ausnahmefälle berufen können, sollten Sie so schnell und konsequent wie möglich handeln.

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Kurzfassung - Alles auf einen Blick

  • Grundsätzlich ist es nicht möglich, Kindesunterhalt für die Vergangenheit nachzufordern. Dahinter steht der Gedanke, dass ja der aktuelle Lebensbedarf gedeckt werden soll. Allerdings gibt es bestimmte Ausnahmefälle, in denen Sie z.B. den Unterhaltspflichtigen bereits aufgefordert haben, Auskunft über sein Einkommen zu erteilen, ihn durch eine Aufforderung „in Verzug“ gesetzt oder ihn bereits auf Unterhalt verklagt haben.
  • Auch, wenn es zum Beispiel um Sonderbedarf für ein behindertes Kind geht oder es Ihnen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich war, vorher Unterhalt einzufordern, können Sie ihn rückwirkend verlangen.
  • Um Kindesunterhalt nachfordern zu können, sollte dieser möglichst zeitnah geltend gemacht werden. Andernfalls droht die Verwirkung. Danach kann es bereits nach einem Jahr ausgeschlossen sein, rückwirkenden Unterhalt zu fordern.

Grund­satz: Kein Un­ter­halt für die Ver­gan­gen­heit

Unterhalt für die Vergangenheit wird im Familienrecht sehr zurückhaltend betrachtet. Es gilt der Grundsatz, dass kein rückwirkender Unterhalt verlangt werden kann. Dies beruht zum einen auf dem Gedanken, dass Nachforderungen regelmäßig nicht zur Deckung des aktuellen Lebensbedarfs benötigt werden. Oder ganz einfach anders ausgedrückt: Wer Unterhalt benötigt, kümmert sich darum. Kümmert er sich nicht, braucht er offensichtlich nichts.

Zum anderen ist auch dem Unterhaltspflichtigen zugute zu halten, dass er nicht plötzlich für hohe unterhaltsrechtliche Nachforderungen einstehen muss, wenn ihm solche nicht bekannt waren. Hinzu kommt, dass sich die in der Vergangenheit vorhandenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Pflichtigen meistens nur schwierig feststellen lassen.

Daher kann Unterhalt grundsätzlich erst ab dem Zeitpunkt verlangt werden, ab dem er gefordert wird. Für den Kindesunterhalt gilt das genauso. Wer also Kindesunterhalt nachfordern möchte, hat daher erst einmal nicht so gute Karten.

Trotzdem gibt es Ausnahmefälle, in denen Unterhalt auch für die Vergangenheit verlangt werden kann. Möchten Sie Kindesunterhalt nachfordern, ist dabei zu unterscheiden zwischen:

  • Ausnahmefällen, die Sicherungsmaßnahmen erfordern, und
  • solchen ohne erforderliche Sicherungsmaßnahmen

Zentrale Vorschrift ist hierbei § 1613 BGB „Unterhalt für die Vergangenheit“, der für Verwandte in gerader Linie und damit auch dann gilt, wenn ein Elternteil oder das volljährige Kind den Kindesunterhalt nachfordern möchten.

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Dauer: 17:05

Podcast

Alles über Unterhalt für das Kind

Kin­des­un­ter­halt nach­for­dern mit Si­che­rungs­maß­nah­men

Die Möglichkeit, den Kindesunterhalt nachzufordern, besteht in folgenden Ausnahmefällen, die Sicherungsmaßnahmen nach § 1613 Abs. 1 BGB erfordern. Sicherungsmaßnahmen bedeutet vereinfacht gesagt, dass Sie den Anspruch auf Kindesunterhalt zunächst auf irgendeine Weise geltend machen müssen, um dann später rückwirkend gefordert werden zu können.

Unterhaltspflichtigen zur Auskunftserteilung auffordern

Zunächst können Sie den Kindesunterhalt rückwirkend nachfordern, wenn Sie den Barunterhaltspflichtigen zuvor zur Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse aufgefordert haben. Hier kann rückwirkend Unterhalt ab dem Monat des Auskunftsverlangens verlangt werden. Erfolgt also das Auskunftsverlangen etwa im April und gehen Ihnen die Auskünfte erst im Oktober zu, können Sie Kindesunterhalt trotzdem rückwirkend ab April fordern.

EXPERTENTIPP

Zugang des schriftlichen Auskunftsverlangens nachweisen

Wird das Auskunftsverlangen nicht über einen Rechtsanwalt gestellt, sollten Sie unbedingt dafür Sorge tragen, dass Sie den Zugang des schriftlichen Verlangens beim Barunterhaltspflichtigen nachweisen können. Das kann beispielsweise durch schriftliche Bestätigung des Unterhaltspflichtigen auf einer Kopie des Auskunftsverlangens oder ein Einwurfeinschreiben geschehen. Beim Übergabeeinschreiben kann dagegen das Problem bestehen, dass der Pflichtige nicht angetroffen wird und sich das bei der Post hinterlegte Einschreiben nicht abholt, womit es nicht als zugegangen gilt.

Unterhaltspflichtigen in Verzug setzen

Um den Barunterhaltspflichtigen in Verzug setzen, haben Sie mehrere Möglichkeiten, um Kindesunterhalt nachfordern zu können:

Mahnung

Eine Mahnung beinhaltet, dass Sie vom Barunterhaltspflichtigen ab einem bestimmten Zeitpunkt bzw. einer gesetzten Frist die Zahlung eines konkret benannten Geldbetrags fordern. Dabei spielt es keine Rolle, wenn Sie einen zu hohen Betrag verlangen. Machen Sie also etwa ab dem 01.05. monatlich 400 EUR an Kindesunterhalt geltend und sind es später tatsächlich nur monatlich 250 EUR, besteht der Anspruch über 250 EUR trotzdem ab dem 01.05.

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Mit einer Mahnung setzen Sie den Unterhaltspflichtigen in Verzug und sichern Ihre Unterhaltszahlungen.

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EXPERTENTIPP

Immer schriftlich mahnen und Zugang nachweisen können

Auch hier sollten Sie die Mahnung aus Beweisgründen immer schriftlich gestalten und den Zugang des Mahnschreibens beim Barunterhaltspflichtigen nachweisen können.

Feste Zahlungsvereinbarung

Wurde zugunsten des Kindes eine feste Zahlungsvereinbarung getroffen, wonach der Barunterhaltspflichtige etwa „ab dem 01.06. monatlich einen Unterhaltsbetrag in Höhe von 300 EUR an Kindesunterhalt“ zu zahlen hat, können Sie ab dem 01.06. Kindesunterhalt nachfordern.

Überleitungsanzeige

Tritt die Unterhaltsvorschusskasse für den Kindesunterhalt ein, weil der Barunterhaltspflichtige nicht zahlt, erhält er eine sogenannte Überleitungsanzeige (Rechtswahrungsanzeige). Damit wird die Sozialbehörde nun Inhaber der Unterhaltsforderung und kann ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Anzeige Kindesunterhalt nachfordern. Die Überleitungsanzeige hat dieselbe Wirkung wie eine Mahnung, wobei nun allerdings der Unterhaltsanspruch auf die Sozialbehörde übergegangen ist.

Unterhaltspflichtigen Elternteil verklagen

Schließlich können Sie den Barunterhaltspflichtigen auf Zahlung verklagen, um Kindesunterhalt nachfordern zu können. Hier steht Ihnen der Kindesunterhalt rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Klagezustellung zu, und zwar ab dem 01. des Monats der Zustellung.

Kin­des­un­ter­halt nach­for­dern oh­ne Si­che­rungs­maß­nah­men

In bestimmten Fällen sind – zumindest für einen gewissen Zeitraum – keine Sicherungsmaßnahmen notwendig, damit Sie für die Vergangenheit Kindesunterhalt nachfordern können.

Sonderbedarf für das Kind

Dazu gehört zum einen der Fall, dass für das Kind Sonderbedarf entsteht, also ein unregelmäßiger außergewöhnlich hoher Bedarf. Beispiele dazu sind etwa die dringend benötigte Nachhilfe über einen kürzeren Zeitraum zum Erreichen der Versetzung oder von der Krankenkassen nicht finanzierte Kosten einer Heilbehandlung, § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

EXPERTENTIPP

Machen Sie den Anspruch innerhalb eines Jahres geltend

Diesen Kindesunterhalt nachfordern können Sie aber nur, wenn Sie den Anspruch innerhalb eines Jahres nach der Entstehung geltend machen. Zahlt der Barunterhaltspflichtige nicht, müssen Sie ihn - wie ansonsten auch – entweder mittels Mahnung in Verzug setzen oder den Anspruch einklagen.

Geltendmachung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht machbar

Zum anderen kann der Fall eintreten, dass Sie den Kindesunterhalt nicht fordern konnten, weil Sie aus

  • rechtlichen Gründen oder
  • tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Unterhaltspflichtigen fallen,

an der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert waren, § 1613 Abs. 2 Nr. 2 BGB.

Die typischen Beispiele hierzu sind etwa die fehlende rechtliche Möglichkeit zur Geltendmachung, weil die Vaterschaft des nichtehelichen Kindesvaters noch nicht anerkannt oder festgestellt wurde. Dagegen kann der Unterhaltsanspruch aus tatsächlichen, in den Verantwortungsbereich des Unterhaltspflichtigen fallenden Gründen nicht eingefordert werden, wenn sich ein Elternteil mit unbekanntem Aufenthaltsort im Ausland befindet.

GUT ZU WISSEN

Keine Nachforderung, wenn Unterhaltsverpflichteter zu stark belastet

Auch hier besteht eine Einschränkung: Kindesunterhalt nachfordern können Sie nicht, nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die volle oder sofortige Zahlung für den Barunterhaltspflichtigen eine zu starke Belastung (unbillige Härte) bedeuten würde, § 1613 Abs. 3 BGB. Ist also der Barunterhaltspflichtige etwa nicht zur Unterhaltszahlung imstande, weil er schwer erkrankt ist, liegt eine solche „unbillige Härte“ vor.

Fall­strick Ver­wir­kung: Kin­des­un­ter­halt nach­for­dern – nach ei­nem Jahr kann Schluss sein

Wie die Ausnahmefälle zeigen, kann es problematisch sein, wenn Sie Kindesunterhalt nachfordern. Etwaige Ansprüche sollten daher stets zeitnah und zügig verfolgt werden. Ein besonderer Fall besteht dabei durch die sogenannte Verwirkung.

Wollen Sie Kindesunterhalt nachfordern, sollten Sie sich durch die Verjährungsvorschrift nach § 207 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht täuschen lassen. Danach wird die Verjährung für den Anspruch auf Kindesunterhalt bis zum 21. Lebensjahr des Kindes gehemmt, so dass die Verjährung erst ab dem 24. Lebensjahr des Kindes eintritt.

Allerdings kann der Anspruch durch Zeitablauf verwirken, so dass er zu einem weitaus früheren Zeitpunkt nicht mehr geltend gemacht werden kann. Verwirkung bedeutet vereinfacht formuliert, dass der Barunterhaltspflichtige darauf vertrauen darf, dass der Berechtigte keinen Unterhaltsanspruch mehr geltend macht.

Praxisbeispiel

Kind kann keinen Unterhalt nachfordern

Das volljährige Kind hat dem Vater V zugesagt, es wolle keinen Kindesunterhalt nachfordern. Begründet hat K dies mit seiner guten wirtschaftlichen Situation nach der Lehre im Gegensatz zum teilerwerbsunfähigen V. Trotzdem klagt K zwei Jahre später den Kindesunterhalt rückwirkend für mehrere Jahre ein, womit V aufgrund auch des guten Verhältnisses zu K nicht mehr gerechnet hat. Folge: K hätte die Möglichkeit gehabt, den Unterhalt weitaus eher einzuklagen. K kann daher keinen Kindesunterhalt nachfordern.

Für die Verwirkung infolge Zeitablaufs spielt es unter anderem keine Rolle, wenn

  • die Ansprüche durch eine Jugendamtsurkunde tituliert sind (es also eine Urkunde gibt, aus der vollstreckt werden kann) und das Beistandschaft leistende Jugendamt den Unterhalt nicht eingeklagt hat (Oberlandegericht (OLG) Hamm, Beschluss vom 17.03.2014, Az.: 6 UF 196/13)
  • die Kindesmutter den Unterhaltsanspruch nicht geltend gemacht hat und die tatsächliche Vaterschaft verschwiegen hat, weil das Kind sich das Verhalten der Mutter zurechnen lassen muss (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 21.07.2014, Az.: 9 WF 49/14)
Zum Ratgeber: Unterhaltsstreit

EXPERTENTIPP

Achten Sie auf die zeitliche Grenze von einem Jahr

Damit kann eine Verwirkung auch bei titulierten Ansprüchen auf Kindesunterhalt eintreten. Gemeint sind solche, die etwa aus einer Jugendamtsurkunde oder einem gerichtlichen Beschluss bzw. gerichtlich protokollierten Vergleich vollstreckbar sind. Es kann Ihnen daher passieren, dass Sie bereits nach einem Jahr keinen Kindesunterhalt nachfordern können und diesen für Zukunft neu geltend machen müssen.

Darüber hinaus kann bei volljährigen Kindern der Unterhaltsanspruch aufgrund eines Fehlverhaltes verwirken, so etwa bei Straftaten gegen den Barunterhaltspflichtigen, § 1611 BGB.

Zum Ratgeber: Unterhalt begrenzen

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Das Nachfordern des Kindesunterhalts ist nur in Ausnahmefällen möglich. Möchten Sie sichergehen, den Anspruch Ihres Kindes auf Kindesunterhalt nicht zu verlieren, sollten Sie schnell handeln. Zahlt der Ex-Partner nicht freiwillig, fordern Sie ihn zum Beispiel schriftlich und nachweisbar auf, sein Einkommen offenzulegen oder seinen Zahlungspflichten nachzukommen. In jedem Fall ist es ratsam, sich schnell rechtliche Unterstützung zu holen – dann haben Sie jemanden an Ihrer Seite, der weiß, was zu tun ist, um die Ansprüche Ihres Kindes auf Unterhalt auch rückwirkend zu sichern.

 

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