Minderjährige Kinder sind immer bedürftig
Im Gegensatz zu volljährigen Kindern gelten Kinder unter 18 Jahren unterhaltsrechtlich immer als bedürftig. Sie sind also auf den Barunterhalt angewiesen, um ihren Lebensbedarf zu decken. Die Eltern sind dafür verantwortlich, ihre Kinder zu versorgen und ihnen somit ein möglichst sorgenfreies Leben zu ermöglichen. Daher sind Kinder in der gesetzlichen Rangfolge der Unterhaltsansprüche entsprechend geschützt – sie sind auf der ersten Rangstufe und dadurch geht ihr Anspruch denen anderer Unterhaltsberechtigter vor. Das bedeutet, dass die Unterhaltszahlung an andere Berechtigte ggf. gekürzt werden können, um die Zahlung des Kindesunterhalts zu sichern.
Auch in der Höhe des Selbstunterhalts, also dem Geld, das der Elternteil für seinen eigenen Lebensbedarf behalten darf, kommt der besondere Schutz der Kinder zum Vorschein: Gegenüber minderjährigen und volljährigen unverheirateten Kindern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres beträgt der Selbstbehalt
- 1.200 EUR, wenn der Elternteil nicht arbeitet und
- 1.450 EUR, wenn der Elternteil arbeitet (Stand: 2024).
Geht es hingegen um den Selbstbehalt gegenüber dem Ex-Partner, so beträgt er
- 1.600 EUR, wenn der Unterhaltspflichtige arbeitet und
- 1.475 EUR, wenn der Unterhaltspflichtige nicht arbeitet (Stand: 2024).
Der Unterhaltspflichtige muss also mit weniger Geld auskommen, wenn er sein Kind mit Unterhalt unterstützt, als wenn er dem Ex-Partner Unterhalt zahlen muss.
Unterhalt für Kinder zwischen 0-5 Jahren
In der Altersstufe zwischen 0 und 5 Jahren macht das Kind große Entwicklungsschritte durch, diese Stufe deckt immerhin den Zeitraum von Geburt bis nahezu zur Einschulung ab. Die Unterhaltshöhe beträgt zwischen 480 EUR EUR und 960 EUR EUR (Stand: 2024). Von diesem Geld ist der monatliche Lebensbedarf des Kindes mit zu finanzieren.
Hinweis: Im Folgenden sind einige mögliche Kosten aufgelistet, die Zuordnung zu den Altersstufen ist beispielhaft und nicht ausschlaggebend für die Geltendmachung des Sonderbedarfs bzw. Mehrbedarfs. Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation, sollten Sie sich individuell anwaltlich beraten lassen, da es stets auf die Umstände im Einzelfall ankommt.
1. Lebensjahr | Baby-Erstausstattung: Die erste Ausstattung für das Baby zählt als Sonderbedarf, da es sich um einmalige, außergewöhnlich hohe Ausgaben handelt, die zusätzlich zum regulären Unterhalt getragen werden müssen. Der betreuende Elternteil erhält also finanzielle Unterstützung, um den Kauf von Kinderwagen, Babybett, Wickelkommode etc. zu erleichtern. Allerdings kann die Höhe begrenzt werden. |
2 Jahre | Kinderbetreuung: Wenn der betreuende Elternteil wieder in den Beruf einsteigt und das Kind anderweitig betreut werden muss, können Hort-Kosten als Mehrbedarf zählen, da diese Kosten regelmäßig anfallen und den regelmäßigen Unterhalt überschreiten. |
3 Jahre | Kindergarten: Auch wenn das Kind den Kindergarten besucht, können die Kosten ebenfalls als Mehrbedarf zählen. Denn Beiträge für Kindergarten oder andere Einrichtungen für Kinderbetreuung sind in den Beträgen der Düsseldorfer Tabelle nicht enthalten. |
4 Jahre | Logopädische Behandlung: Eine notwendige logopädische Behandlung möglicher Sprachfehler des Kindes kann als Sonderbedarf zählen. So kann es Hilfe erhalten, wenn es z.B. stottert oder lispelt. Hierbei ist es wichtig, Auffälligkeiten bei der Sprache zunächst kinderärztlich untersuchen zu lassen. Schließlich entwickelt sich jedes Kind in seinem eigenen Tempo weiter. |
5 Jahre | Allergien: Hat das Kind eine Allergie und fallen dadurch unerwartet Kosten an, z.B. für neue Möbel bei einer schweren Staubmilbenallergie, die durch den regulären Unterhalt nicht gedeckt werden können, wurde gerichtlich bereits Sonderbedarf anerkannt (OLG Karlsruhe v. 8.8.1991 – 16 UF 114/89). Bei Behandlungs- und Medikamentenkosten, die die Krankenkasse nicht übernimmt, kommt es für die Einordnung darauf an, ob die Ausgaben vorhersehbar waren oder nicht. |
Unterhalt für Kinder zwischen 6-11 Jahren
Nach der Düsseldorfer Tabelle steht dem Kind im Alter zwischen 6 und 11 Jahren nun schon Unterhalt zwischen 551 EUR EUR und 1.102 EUR EUR (Stand 2024) zu. Doch auch die Ausgaben steigen, insbesondere wenn das Kind eingeschult wird.
6 Jahre | Schultüte für Einschulung: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteil vom 21.1.1993, 5 C 34 92) hat entschieden, dass Schultüten kein Sonderbedarf sind, sondern aus den monatlichen Unterhaltszahlungen finanziert werden müssen. Eltern sollten sich also möglichst frühzeitig auf die Einschulung des Kindes vorbereiten. |
7 Jahre | Schulmaterialien: Auch die weiteren Schulsachen wie Lehrbücher, Stifte oder Schulranzen müssen mit Hilfe des Barunterhalts gekauft werden. Informieren Sie sich vorab, mit welchen Kosten zu rechnen ist und bilden entsprechende Rücklagen. |
8 Jahre | Privatschule: Wenn das Kind eine Privatschule besucht, kann dafür Anspruch auf Mehrbedarf bestehen. Allerdings setzt dies voraus, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil mit der Wahl der Schule einverstanden ist. Ansonsten muss ein sachlicher Grund vorliegen, wieso das Kind die Privatschule und keine kostenfreie staatliche Schule besuchen soll. Auch das Einkommen der Eltern spielt dabei eine Rolle. |
9 Jahre | Nachhilfe: Braucht das Kind Nachhilfe, um seine Noten in der Schule zu verbessern, besteht Anspruch auf Mehrbedarf. Denn bei Nachhilfe handelt es sich um regelmäßig anfallende Kosten, die nicht zum Lebensbedarf gehören. |
10 Jahre | Brille/ Zahnspange: Der barunterhaltspflichtige Elternteil hilft auch bei der medizinischen Versorgung finanziell mit: Eine Brille kann als Mehrbedarf zählen, wenn absehbar war, dass das Kind diese benötigen wird. Außerdem müssen viele Kinder müssen in diesem Alter eine Zahnspange tragen, um eine Fehlstellung der Zähne zu korrigieren. Die Kosten, die von der Krankenkasse nicht übernommen werden, tragen die Eltern. Das Kammergericht Berlin entschied in einem entsprechenden Fall (Beschluss vom 31.01.2017 – 13 UF 125/16), dass der Privatkostenanteil als Sonderbedarf zählt. |
11 Jahre | Haustiere: Tierhaltungskosten für Hund, Katze oder andere Haustiere des Kindes sind nicht in den Beträgen nach der Düsseldorfer Tabelle enthalten. Sie können also als Mehrbedarf geltend gemacht werden, wenn dies begründet ist. Allerdings kann bei Unterhalt ab Einkommensstufe 2 ein Betrag von 10 EUR pro Einkommensstufe für die anfallenden Kosten abgezweigt werden (so OLG Bremen, Beschluss vom 29.04.2010 - 4 WF 41/10). |
Unterhalt für Kinder zwischen 12-17 Jahren
In der Altersstufe zwischen 12 und 17 Jahren fallen für den (werdenden) Teenager noch mehr Kosten an. Nach der Düsseldorfer Tabelle ist nun Unterhalt zwischen 645 EUR EUR und 1.290 EUR EUR (Stand: 2024) vorgesehen. Von diesem Geld muss der reguläre Lebensbedarf gedeckt werden, auch wenn das Kind nun z.B. besondere Kleidungswünsche hat, besteht deswegen kein Anspruch auf zusätzlichen Unterhalt. Wie sieht es mit weiteren größeren Kostenfaktoren aus?
12 Jahre | Lerncomputer: Hat das Kind Lernschwierigkeiten und ist auf einen bestimmten Lerncomputer angewiesen, um die schulische Leistung zu verbessern, kann dies als Sonderbedarf zählen (OLG Hamm, Urteil vom 01.08.2003 – Az. 11 UF 243/02). |
13 Jahre | Teure Hobbys: Betreibt das Kind ein kostspieliges Hobby wie Reiten (OLG Frankfurt/Main - Beschluss vom 11.06.2014 6 UF 323/13), Ballett oder Golf und haben die Eltern dies so abgesprochen, kann dafür zusätzlich Unterhalt in Form von Mehrbedarf verlangt werden. Auch wird es jedoch immer auf den Einzelfall und das Einkommen der Eltern ankommen. |
14 Jahre | Religiöse Zeremonie: Entscheidet sich das Kind für eine religiöse Zeremonie wie Konfirmation oder Bar Mizwa bzw. Bat Mizwa, so kann zwar kein Sonderbedarf (so der Bundesgerichtshof über Konfirmationskosten, Urteil vom 15.2.2006 - XII ZR 4/04), aber für einen bestimmten Zeitraum Mehrbedarf zusammen mit dem laufenden Unterhalt geltend gemacht werden. Als Begründung führte das Gericht an, dass das Ereignis nicht plötzlich auftrete, sondern das Kind sich bereits geraume Zeit vorher speziell darauf vorbereite. Mit Hilfe der höheren Unterhaltszahlungen können so Rücklagen für die anstehende Feier gebildet werden. |
15 Jahre | Umzugskosten: Auch hier kommt es stark auf die Umstände im Einzelfall an. Der Unterhaltspflichtige kann zur Zahlung von Sonderbedarf für den Umzug verpflichtet sein, wenn dieser notwendig ist, um das soziale Umfeld oder die schulische Ausbildung des Kindes zu verbessern. |
16 Jahre | Mehrmonatiger Schüleraustausch: Mögliche Mehrkosten für einen Schüleraustausch im Ausland können als Sonderbedarf geltend gemacht werden. Hier kommt es jedoch stets auf den Einzelfall und mögliche Vereinbarungen zwischen den Eltern an. Ein entscheidender Faktor kann dabei auch sein, ob der Austausch sinnvoll für die Ausbildung des Kindes ist und ob sich die schulische Ausbildung dadurch verlängert. |
17 Jahre | Führerschein: Ob der Führerschein bereits vorzeitig mit 17 für das begleitete Fahren oder regulär gemacht werden soll –Theorie-Kurs, Fahrunterricht und Prüfungen können teuer sein. Doch wer muss rechtlich für diese Kosten aufkommen? Diese Frage ist rechtlich umstritten. Zumindest das Amtsgericht Würzburg (Beschluss vom 02.02.2018 – 7 F 2228/17) stellte in einem Beschluss klar, dass die Finanzierung des Führerscheins als Mehrbedarf durchaus in Betracht kommen kann. Ist jedoch frühzeitig bereits absehbar, dass der Führerschein erworben werden soll, so ist zumutbar, aus dem regulären Unterhalt Rücklagen zu bilden und für den Führerschein zu sparen. In so einem Fall besteht dann kein Anspruch auf weiteren Unterhalt. |
Stehen Unterhaltshöhe und Unterhaltstitel, stellt sich noch die Frage der tatsächlichen Zahlung. Was kann der alleinerziehende Elternteil tun, wenn die Zahlungen ausbleiben oder nicht der festgelegten Höhe entsprechen? In diesen Fällen können Sie als Alleinerziehender eines minderjährigen Kindes auf staatliche Hilfe zurückgreifen. Sie können Unterhaltsvorschuss beim Jugendamt beantragen. Wird der Antrag bewilligt, erhalten Sie monatlich
- für Kinder bis zu 5 Jahren: bis zu 230 EUR,
- für Kinder von 6 Jahren bis 11 Jahren: bis zu 301 EUR,
- für Kinder von 12 Jahren bis 17 Jahren: bis zu 395 EUR.