Sie glauben es nicht: Das Einkommen Ihres Partners liegt unter dem sogenannten Selbstbehalt, er oder sie muss daher per Gesetz keinen Kindesunterhalt zahlen, und tut es auch nicht… – und trotzdem spart er derart an sich, dass er in den Urlaub fährt, ganz okay wohnt und anderen Geld zusteckt – nur nicht dem eigen Fleisch und Blut. Ein Lebenskünstler, der für vieles Geld hat, nur nicht für den Kindesunterhalt. Es stellt sich die Frage, ob es Wege gibt, den unterhaltspflichtigen Partner trotzdem zu Unterhaltszahlungen zu verpflichten. Welche Ansätze kommen in Betracht, um auf das unter dem derzeitigen Selbstbehalt liegende Einkommen zuzugreifen?
Ihr Partner zahlt nicht, lebt aber großzügig?
Meist geht es um den Kindesunterhalt. Betreuen Sie Ihr Kind in Ihrer Wohnung, ist der Ex-Partner oder die Ex-Partnerin als Elternteil gegenüber dem Kind unterhaltspflichtig und muss Kindesunterhalt zahlen. Eigentlich. Egal, was der Partner verdient oder nicht verdient, so oder so wäre zumindest der Mindestunterhalt für das Kind fällig. Mit dem Mindestunterhalt soll der Partner seiner Verantwortung als Elternteil gegenüber dem Kind gerecht werden.
In der Düsseldorfer Tabelle ist der Mindestunterhalt für ein Kind im Alter von 0 - 5 Jahre mit 437 € ausgewiesen (Stand 1.1.2023). Erhalten Sie das Kindergeld, wird die Hälfte des Kindergeldes (125 €) auf den Unterhalt angerechnet. Es verbleiben dann noch 312 €. Ältere Kinder bekommen etwas mehr Geld.
In der Praxis ist es aber oft so, dass sich der unterhaltspflichtige Partner auf seinen Selbstbehalt (Eigenbedarf) beruft. Der Selbstbehalt soll den eigenen Lebensunterhalt des Partners gewährleisten und nach Möglichkeit vermeiden, dass er oder sie auf öffentliche Sozialleistungen angewiesen ist. Beruft sich der Partner auf diesen Selbstbehalt, braucht er oder sie tatsächlich keinen Unterhalt zu zahlen.
Darf der Unterhaltspflichtige mit seinem Geld machen, was er will?
Soweit, so gut (oder ungut). Wer sich auf den Selbstbehalt beruft, ist im Recht. Leistet sich der Partner aber
- Urlaube,
- fährt ein unangemessen teures Auto,
- wohnt in einer eigentlich zu großen Wohnung
- und zahlt trotzdem keinen Unterhalt,
stellt sich zwangsläufig die Frage, ob das denn tatsächlich gerecht und angemessen ist. Auch wenn der Partner ein Lebenskünstler sein mag, der an sich selbst spart, abgetragene Kleidung besitzt, wenig und schlecht isst, das dadurch übrige Geld aber nicht in den Unterhalt steckt.
Ein Ansatz könnte darin bestehen, dass der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen herabgesetzt wird. So einfach ist es aber nicht. Liegt der Unterhaltspflichtige mit seinem Einkommen unterhalb seines Selbstbehalts, unterliegt es allein seiner Entscheidung, was er/sie mit dem verfügbaren Geld anstellt. Dies haben die Gerichte mehrfach festgestellt. Beispiele aus der Praxis:
- Es bleibt dem Unterhaltspflichtigen überlassen, ob er lieber gut wohnt und dafür vielleicht am Essen und Trinken spart (OLG München, FamRZ 1999, 510).
- Gleichfalls ist es belanglos, ob der Unterhaltspflichtige in Thailand lebt und dort von den niedrigen Lebenshaltungskosten profitiert. Auch dieser Umstand führt nicht dazu, dass der Selbstbehalt herabgesetzt werden kann (OLG Frankfurt, FamRZ 1995, 735).
- Gleiches gilt auch für eine besonders sparsame Lebensweise, durch die der Unterhaltspflichtige Geld für andere Bedürfnisse zur Verfügung hat (OLG Naumburg, FamRZ 2007, 1476).
Um den Selbstbehalt eventuell abzusenken, braucht es also einen anderen Ansatz.
GUT ZU WISSEN
Wie hoch sind Selbstbehalte?
Der Selbstbehalt gegenüber minderjährigen und volljährigen privilegierten Kindern („notwendiger Selbstbehalt“) beträgt für den nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 1.120 €, für den erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 1.370 €. Hierin sind bis 520 € für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten. Der angemessene Selbstbehalt gegenüber anderen Kindern beträgt 1.650 €. Hierin ist eine Warmmiete bis 650 € enthalten.
Kann der Selbstbehalt herabgesetzt werden?
Auch wenn der Unterhaltspflichtige allein darüber entscheidet, was er mit seinem unter dem Selbstbehalt liegenden Einkommen anstellt, steht er oder sie gegenüber dem Kind in einer besonderen Verantwortung. Daraus ergeben sich im Einzelfall Ansätze, um eventuell den Selbstbehalt herabzusetzen.
Der Bundesgerichtshof hält es für gerechtfertigt, die Selbstbehalte unter den Vorbehalt zu stellen, sodass die Gerichte besondere Umstände im Einzelfall berücksichtigen dürfen (BGH FamRZ 1990, 265). Die in der Düsseldorfer Tabelle benannten Selbstbehalte sind daher nur Ausgangspunkte für eine unterhaltsrechtliche Bewertung im Einzelfall. Dabei obliegt es dem Unterhaltspflichtigen, seine eigene Leistungsunfähigkeit darzulegen und zu beweisen. Dies betrifft auch die Frage, welcher Selbstbehalt zugrunde zu legen ist.
Die Selbstbehalte sind insoweit Richtwerte. Es bestehen folgende Ansatzpunkte.
Für Ausbildungsunterhalt größere Opfer zumutbar
Es ist weitgehend anerkannt, dass einem unterhaltspflichtigen Elternteil zur Sicherung des Ausbildungsunterhalts des Kindes größere Opfer zuzumuten sind und der Selbstbehalt nicht unbedingt Maßstab sein muss (BGH FamRZ 1992, 795).
Wohnkosten niedriger als üblich
Liegen die Wohnkosten des Unterhaltspflichtigen niedriger als der Wohnkostenbetrag, der in dem Selbstbehalt berücksichtigt ist, kommt eine abweichende Bemessung des Selbstbehalts in Betracht (BGH FamRZ 1984, 1000). Dies gilt insbesondere, wenn der Unterhaltspflichtige mit einem neuen Partner zusammenwohnt und dadurch Mietkosten spart. Insoweit können auch die allgemeinen Lebenshaltungskosten niedriger sein als bei einem alleinstehenden Unterhaltspflichtigen. Die damit einhergehende Haushaltsersparnis ist angemessen zu berücksichtigen. Die Herabsetzung des Selbstbehalts kommt auch dann in Betracht, wenn der neue Partner arbeitslos ist (OLG Celle FamRZ 1998, 1615).
Mietfreies Wohnen bei Eltern
Gleiches kommt in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige mietfrei wohnt, weil er oder sie beispielsweise nach der Trennung wieder zu den Eltern gezogen ist (BGH FamRZ 1984, 684). Hierbei ist aber wieder zu berücksichtigen, dass es dem Unterhaltspflichtigen freisteht, welche Lebenshaltungskosten er für wichtig hält, insbesondere ob er zugunsten anderer Kosten seinen Wohnbedarf einschränkt. Dabei sind freiwillige Leistungen Dritter (kostenlose Überlassung von Wohnraum durch die Eltern) grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Da es hier keine klare Regelung gibt, kommt es auf die Umstände und die darauf aufbauende Argumentation im Einzelfall an.
Selbstbehalt im Gefängnis
Ist der Unterhaltspflichtige Strafgefangener, wird der notwendige Selbstbehalt durch ein ausgezahltes Hausgeld sowie sonstige Leistungen wie Unterkunft, Verpflegung, Bekleidung und Gesundheitsfürsorge abgedeckt. Erhält der Strafgefangene darüber hinaus ein weiteres Eigengeld, kann dieses in voller Höhe für den Unterhalt eines minderjährigen Kindes herangezogen werden (OLG München FamRZ 2010, 127).
Vermögensverwertung
Hat der Unterhaltspflichtige kein Einkommen, verfügt aber über Vermögen, ist nicht ohne weiteres zuzumuten, den Stamm des Vermögens anzugreifen, um es für den Lebensunterhalt eines minderjährigen Kindes zu verwenden. Leistungsfähig ist insoweit nur, wer auf Dauer finanziell selbst abgesichert ist. Erzielt der Unterhaltspflichtige aus dem Vermögensstamm Zinseinkünfte oder sonstige Kapitalerträge, gelten diese als Einkommen und sind oberhalb des Selbstbehalts grundsätzlich für den Unterhalt zu verwenden.
Alles in allem
Erhalten Sie für Ihr Kind keinen Unterhalt und argumentiert der Unterhaltspflichtige mit dem Selbstbehalt, können Sie trotzdem unser Online-Unterhaltsformular ausfüllen. Fügen Sie im Mitteilungsfeld eine Nachricht an, dass eines oder mehrere der beschriebenen Szenarien zutreffen könnte. Gibt es einen passenden Ansatz, bestehen gute Aussichten, den Unterhaltspflichtigen trotzdem in die Pflicht zu nehmen. Unsere Unterhaltsberechnungen sind rechtssicher, seit 15 Jahren erprobt und bequem von zu Hause aus beantragbar. Mit dem Absenden Ihrer Informationen verpflichten Sie sich noch zu nichts, wir teilen Ihnen in einem Telefonat zunächst die Kostennote mit. Bei Fragen wenden Sie sich gern kostenlos an unseren InfoPoint unter 0800 34 86 72 3.