Kurzarbeit bedeutet ein verringertes Nettogehalt. Ein verringertes Nettogehalt bedeutet geringere Unterhaltszahlungen. Stimmt das? Wir erklären, was Sie dazu wissen sollten.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Kurzarbeit und Unterhaltszahlungen bei Corona?
Schickt Sie Ihr Arbeitgeber in Kurzarbeit, erhalten Sie nur noch Kurzarbeitergeld. Das Kurzarbeitergeld erreicht nicht die Höhe Ihres bisherigen Nettogehalts. Dadurch steht Ihnen weniger Geld zur Verfügung als zuvor. Die Frage ist, ob Sie infolgedessen das Recht haben, die Unterhaltszahlungen zu kürzen. Die Frage ist sowohl mit Ja als auch mit Nein zu beantworten. Es kommt darauf an, wie Sie das Ziel erreichen.
Was bedeutet für mich Kurzarbeit?
Brechen Ihrem Arbeitgeber infolge der Corona-Krise die Aufträge weg, kann er Sie nicht mehr ausreichend beschäftigen. Ihre Arbeitszeit wird reduziert. Dafür erhalten Sie auch weniger Gehalt. Diese Option ist immer noch besser, als wenn der Arbeitgeber gezwungen wäre, Sie aus betriebsbedingten Gründen zu entlassen und die Bundesagentur für Arbeit Ihnen Arbeitslosengeld bezahlen müsste.
Ihr Kurzarbeitergeld beträgt 60 % des Verdienstausfalls. Haben Sie Kinder, erhalten Sie 67 % Kurzarbeitergeld. Soweit es tarifliche Vereinbarungen gibt, kann das Kurzarbeitergeld auch aufgestockt werden.
Kommen Sie mit dem Kurzarbeitergeld nicht zurecht, könnten Sie auch eine Nebentätigkeit ausüben. Beispielsweise könnten Sie wegen der Personalnot im Supermarkt Regale einräumen oder als LKW-Fahrer arbeiten. Haben Sie die Nebentätigkeit bereits vor Beginn der Kurzarbeit ausgeübt, wird die Nebentätigkeit nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet. Nehmen Sie die Nebentätigkeit jedoch während des Bezugs von Kurzarbeitergeld auf, wird das daraus erzielte Entgelt zumindest teilweise auf Ihr Kurzarbeitergeld angerechnet. Sie müssten dann genau kalkulieren, ob es sich tatsächlich lohnt, neben der Kurzarbeit noch eine zusätzliche Nebentätigkeit anzunehmen.
Begründet Kurzarbeit ein Recht, Unterhaltszahlungen zu verringern?
Allein die Tatsache, dass Sie Kurzarbeit leisten, begründet noch kein Recht, laufende Unterhaltszahlungen zu verringern. Ihre bisherigen Unterhaltszahlungen erbringen Sie, weil Sie sich gegenüber Ihrem Ehepartner verpflichtet haben, Trennungs- oder nachehelichen Unterhalt zu zahlen oder Sie zahlen für Ihr Kind Kindesunterhalt.
Soweit die Unterhaltszahlungen rechtsverbindlich festgestellt oder vereinbart wurden (also tituliert wurden) bleibt Ihre Verpflichtung bestehen. Allein die Kurzarbeit ändert daran nichts. Eine Ausnahme könnte sich dann öffnen, wenn Ihre Zahlungspflicht mit der Option begründet wurde, die es ermöglicht, in begründeten Fällen bestehende Unterhaltszahlungen abzuändern. Um dies festzustellen, sollten Sie nachlesen, was vereinbart oder was tituliert wurde.
Hinzu kommt, dass sich Ihre Unterhaltspflicht, soweit diese tituliert wurde, sich nach Ihrem Jahresbruttoeinkommen der letzten 12 Monaten bemisst. Damit zählt also nicht unmittelbar das Einkommen, dass Sie infolge der Kurzarbeit beziehen.
Zahlen Sie freiwillig trotz Kurzarbeit den bislang gezahlten Unterhalt fort, werden alle Beteiligten zufrieden sein. Möchten Sie aber infolge Ihrer Kurzarbeit weniger Unterhalt zahlen, müssen Sie die Initiative ergreifen, mit dem Ziel, den bestehenden Unterhaltstitel in Ihrem Sinne abzuändern.
Abänderungsklage bei Unterhalt: Zielführend oder Irrweg?
Möchten Sie die bestehenden Unterhaltstitel abändern, müssen Sie beim Familiengericht eine Abänderungsklage einreichen. Die Abänderungsklage hat, so wie der Name bereits suggeriert, das Ziel, einen bestehenden Zahlungstitel abzuändern. So einfach, wie es sich anhört, ist es jedoch nicht.
Voraussetzung wäre zunächst, dass Ihr Kurzarbeitergeld so erhebliche Auswirkungen auf Ihre Liquidität hat, dass es Ihnen nicht mehr zuzumuten wäre, den bislang festgesetzten Unterhalt in voller Höhe weiterhin zahlen zu müssen. Die Gerichte fordern, dass die Auswirkungen mindestens 10 % ausmachen müssen.
Zahlen Sie Kindesunterhalt, bemisst sich der Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle. In der Tabelle werden Sie nach Maßgabe Ihres Nettoeinkommens in eine Einkommensgruppe eingeordnet. Die Einkommensgruppen erfassen Einkommen in Abstufungen von etwa 400 EUR. Soweit sich Ihr Kurzarbeitergeld innerhalb dieser Einkommensstufe bewegt, ändert sich nichts an Ihrer Unterhaltspflicht.
Praxisbeispiel
Unterhalt bei Kurzarbeit berechnen
Sie verdienten bislang 3.449 EUR netto. Damit wurden Sie in die Einkommensstufe 5 eingestuft. Für ein 7-jähriges Kind zahlten Sie 509 EUR Kindesunterhalt. Beträgt das Kurzarbeitergeld dann 3.101 EUR, bleiben Sie in der Einkommensstufe 5 und zahlen nach wie vor den gleichen Betrag Kindesunterhalt. Erst ab einem Einkommen (Kurzarbeitergeld) von 3.100 EUR, käme die Einordnung in die Einkommensstufe 4 zum Zuge. Dann würde sich der Unterhalt für Ihr Kind auf 488 EUR reduzieren. Wir reden dann also über 21 EUR.
Ferner muss es sich um nachhaltige Änderungen handeln. Eine Arbeitslosigkeit, die nur wenige Monate dauert, reicht nach der Rechtsprechung nicht aus, um eine Abänderungsklage zu begründen. Da die Kurzarbeit zunächst bis zum 31.12.2020 befristet sein soll, würde sich Ihr Kurzarbeitergeld nur für einen Zeitraum von höchstens neun Monaten auswirken. Ob dies ausreicht, eine Abänderungsklage nachhaltig zu begründen, lässt sich pauschal nicht beantworten.
Das eigentliche Problem könnte aber darin bestehen, dass Ihre Abänderungsklage bei Gericht auch kurzzeitig bearbeitet und entschieden werden müsste. Die Justizbehörden haben ihre Arbeit nämlich weitgehend eingestellt. Die Gerichte arbeiten meist nur noch im Home-Office und entscheiden vorrangig nur noch unaufschiebbare Angelegenheiten (z.B. Haftprüfungstermin, einstweilige Anordnungen).
Also: Eine Abänderungsklage wäre zwar der richtige Weg, ist aber nicht der Weisheit letzter Schluss.
Sprechen Sie mit dem Unterhaltsgläubiger
Möchten Sie Ihre Unterhaltszahlungen reduzieren, sollten Sie das Gespräch mit der unterhaltsberechtigten Person suchen. Sprechen Sie Ihre berufliche Situation an. Stellen Sie möglichst klar, dass Sie auch weiterhin Unterhalt zahlen wollen, im Hinblick auf die Gegebenheiten aber nur noch einen reduzierten Betrag zahlen können. Aus Sicht des Unterhaltsgläubigers sollte das Ziel sein, lieber etwas weniger Unterhalt zu bekommen, als auf Unterhalt zumindest so lange teilweise oder vollständig verzichten zu müssen, bis die Situation in einem eventuellen Unterhaltsprozess endgültig geklärt wäre.
Alles in allem
Es geht ums Geld. Da Sie als Unterhaltsschuldner Ihre Sichtweise haben und die unterhaltsberechtigte Person als Unterhaltsgläubiger gleichfalls ein finanzielles Interesse hat, sollte es möglich sein, sich vernünftig zu unterhalten und eine angemessene Regelung zu finden. Wie immer im Leben, funktionieren die Dinge am besten, wenn sich beide Seiten kompromissbereit zeigen und gemeinsam an Lösungen arbeiten.