Zahlt der Arbeitgeber dem unterhaltspflichtigen Elternteil eine Corona-Prämie, scheint es naheliegend, dass die Prämie den Unterhalt erhöht. Da eine konkrete gesetzliche Regelung fehlt, kann dies derzeit noch nicht abschließend beantwortet werden. Die Meinungen sind unterschiedlich. Welche sachlichen und rechtlichen Gründe sprechen dafür? Welche sprechen dagegen? Im Ergebnis spricht vieles dafür, dass sich die Corona-Prämie wohl nicht auf den Unterhalt auswirken dürfte.
Wer erhält eine Corona-Prämie?
Corona-Prämien oder coronabedingte Sonderzahlungen sind freiwillige Leistungen von Arbeitgebern an ihre Arbeitnehmer. Die Bundesregierung fördert die Bereitschaft, solche Corona-Prämien zu zahlen, indem sie gesetzlich bestimmt hat, dass Corona-Prämien bis zu 1.500 EUR steuerfrei und sozialversicherungsfrei bleiben (Zweites Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite). Mit der Steuer- und Beitragsfreiheit der Sonderzahlungen will das Bundesfinanzministerium „die besondere und unverzichtbare Leistung der Beschäftigten in der Corona-Krise“ anerkennen.
Was spricht dafür, eine Corona-Prämie beim Unterhalt zu berücksichtigen?
Unterhaltsrechtlich sind Prämien und sonstige Einmalzahlungen des Arbeitgebers im Regelfall als Einkommen zu betrachten. Meist geht es um Urlaubs- oder Weihnachtsgeld. Insoweit wäre es naheliegend, auch eine Corona-Prämie als Einkommen zu behandeln. Die Konsequenz wäre, dass sich das durchschnittliche Arbeitseinkommen der letzten 12 Monate des unterhaltspflichtigen Elternteils entsprechend um die Höhe der Prämie erhöht.
Was spricht gegen eine Berücksichtigung der Corona-Prämie beim Unterhalt?
Es dürfte erheblich mehr Argumente geben, die dagegen sprechen, eine vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer bezahlte Corona-Prämie beim Unterhalt zu berücksichtigen.
Kindergeldbonus gilt nicht als Einkommen
Der Gesetzgeber hat ausdrücklich bestimmt, dass der Kindergeldbonus nicht zum Einkommen zählt (Art. 11 Zweites Corona-Steuerhilfegesetz). Der Kindergeldbonus soll den besonderen Belastungen eines kindergeldberechtigten Elternteils in der Corona- Krise gerecht werden. Insoweit erscheint es naheliegend, auch eine Corona-Prämie aufgrund ihres besonderen Zwecks nicht als Einkommen zu betrachten, sodass sich diese auch nicht unterhaltserhöhend auswirkt.
Corona-Prämie ist eine Art Gefahrenzulage
Die Corona-Prämie soll einen bestimmten Zweck erfüllen. Die Leistungen des Arbeitnehmers sind, insbesondere unter Berücksichtigung der Sicherheits- und Hygienevorschriften mit besonderen Belastungen und besonderem Aufwand verbunden.
Dementsprechend bestimmt § 850a Nr. 3 ZPO, dass „Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen“ nicht pfändbar sind. Ein Gläubiger hat also keinen Zugriff auf die Prämie. Die Corona-Prämie dürfte sicherlich als eine Zulage in diesem Sinne verstanden werden.
Wenn eine Corona-Prämie demgemäß nicht pfändbar ist, verbleibt der Betrag in voller Höhe dem unterhaltspflichtigen Elternteil als Arbeitnehmer und zählt nicht als Einkommen. Wollte man die Prämie als Einkommen bewerten, würde der Elternteil für seine Leistung nicht im Sinne der gesetzlichen Regelung angemessen entschädigt und der mit der Prämie verbundene Zweck infrage gestellt.
Demgemäß hat das Amtsgericht Zeitz (BeckRS 2020, 18848) klargestellt, dass eine Pfändung der Corona-Sonderzahlung eine „sittenwidrige Härte für den Schuldner darstellen würde und dem gesetzgeberischen Ziel entgegenlaufe, welches dem Beschäftigten mit der Sonderzahlung eine ungekürzte Anerkennung seiner Leistungen während der Corona-Krise zukommen lassen soll“.
Lohnt sich der Aufwand, mehr Unterhalt geltend zu machen?
Sie sollten möglichst praktikabel denken. Denn: Selbst wenn Sie die Corona-Prämie als Einkommen bewerten und deshalb mehr Unterhalt verlangen, stehen Sie vor dem Problem, dass Sie Ihre Forderung gegebenenfalls gerichtlich realisieren müssten, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil Sie nicht freiwillig daran beteiligt und die Unterhaltszahlungen nicht von sich aus erhöht.
Da die Prämie wegen der Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit maximal bis 1.500 EUR bezahlt wird, steht der Ertrag mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht im Verhältnis zum Aufwand. Das Ergebnis kann sich wegen der Einmalzahlung der Prämie allenfalls für einen Zeitraum von 12 Monate auswirken, der für die Berechnung des Unterhalts herangezogen wird.
Hinzu kommt, dass sich die Prämie unterhaltsrechtlich nur auswirken würde, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil in eine höhere Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle eingestuft werden würde. Da die Düsseldorfer Tabelle aber mit Einkommensunterschieden von 400 EUR arbeitet, würde sich ein höheres Nettoeinkommen in den allermeisten Fällen nicht auswirken. Der Elternteil würde wahrscheinlich in der Einkommensgruppe bleiben, in der er ohnehin gerade eingeordnet ist.
Praxisbeispiel: Der unterhaltspflichtige Elternteil verdient netto 2.800 EUR und ist damit in die Einkommensgruppe 4 der Düsseldorfer Tabelle eingeordnet (2.701 EUR - 3.100 EUR). Er erhält vom Arbeitgeber 1.500 EUR Corona- Prämie. Dadurch erhöht sich sein monatliches Nettoeinkommen um 125 EUR auf nunmehr 2.925 EUR. An der Eingruppierung in die Einkommensgruppe 4 ändert sich deshalb nichts. Die Höhe des Kindesunterhalts bleibt unverändert. Die Corona-Prämie würde sich nur dann auswirken, wenn der Elternteil in der Einkommensgruppe 5 eingestuft werden würde. Dazu müsste er aber mindestens 2.976 EUR verdienen. Der Unterhalt für ein 0 - 5 Jahre altes Kind würde sich dann um 20 EUR Monat erhöhen.
Alles in Allem
Natürlich können Sie den anderen Elternteil darauf ansprechen, ob er Sie und Ihr gemeinsames Kind freiwillig an seiner Corona-Prämie beteiligt. Ist die Ex-Partnerin bzw. der Ex-Partner dazu aber nicht bereit, dürfte es nicht zuletzt angesichts der ohnehin unsicheren Rechtslage wenig erfolgversprechend erscheinen, wegen der Prämie mehr Unterhalt geltend zu machen.