Nicht jeder kann arbeiten, bis die Regelaltersgrenze erreicht ist. Das Rentenversicherungsrecht trägt diesem Umstand insoweit Rechnung, als Arbeitnehmer vorzeitig eine Frührente beantragen können. Sind Sie als Frührentner oder Altersrentner einem leiblichen Kind gegenüber unterhaltspflichtig, stellt sich die Frage, ob sich an Ihrer Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt oder in der Höhe des Kindesunterhalts irgendetwas ändert.
Was ist eine Frührente?
Frührente kann beantragen, wer mindestens fünf Jahre in die Rentenkasse eingezahlt hat und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge geleistet hat. Für die Rente wegen Erwerbsminderung ist keine Altersgrenze bestimmend. Es wird auch nicht zwischen Alter, Beruf oder Branche unterschieden. Ausschlaggebend ist allein der Gesundheitszustand. Wer keine drei Stunden am Tag mehr arbeiten kann, kann eine volle Erwerbsminderungsrente beziehen.
Auch wenn keine Erwerbsminderung vorliegt, kommt eine Frührente in Betracht. Möglich sind:
- Vorgezogene Altersrente für Frauen ab 60.
- Rente für langjährig und besonders langjährig Versicherte.
- Frührente nach Arbeitslosigkeit.
- Frührente nach Erwerbsminderung und Schwerbehinderung.
- Frührente für bestimmte Berufsgruppen wie Mitarbeiter der Feuerwehr, Piloten der Lufthansa, Schwerbehinderte mit einem GdB von 50 und 35 Rentenbeitragsjahren sowie Beschäftigte im Bergbau, wenn mindestens 25 Jahre lang unter Tage gearbeitet wurde (gilt für Geburtsjahre vor 1964).
GUT ZU WISSEN
Frührente ist eine gekürzte Rente
Wer Frührente bezieht, muss eine gekürzte Rente in Kauf nehmen. Die Bruttorente mindert sich vorab um den Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeitrag. Besonders nachteilig ist, dass der Frührentner einen Abschlag von 0,3 % für jeden Monat in Kauf nehmen muss, wenn er bzw. sie vor Erreichen des Regelrenteneintrittsalters in Rente geht.
Kindesunterhalt bei Rentenbezug
Auch die Rente ist Einkommen. Sind Sie einem Kind gegenüber unterhaltspflichtig, stehen Sie als Rentner genauso in der Verantwortung, alle verfügbaren Mittel für den Kindesunterhalt einsetzen, als wenn Sie noch berufstätig wären. Insoweit macht es keinen Unterschied, ob Sie die Rente als
- Altersrente,
- Frührente oder
- Erwerbsminderungsrente beziehen.
Ihre Rente zählt auch dann als Einkommen, wenn Sie die Rente wegen der Scheidung im Wege des Versorgungsausgleichs von Ihrem Ex-Partner erworben haben (BGH FamRZ 2003, 851). Darüber hinaus zählen auch eventuelle Einnahmen aus der Vermietung einer Mietimmobilie, Kapitaleinkünfte und oder Steuerrückerstattungen zum Einkommen.
Aus diesem Einkommen insgesamt ist dann Ihr unterhaltsrelevantes, sogenanntes bereinigtes Nettoeinkommen zu berechnen. Dieses bereinigte Nettoeinkommen ist Grundlage für die Bezifferung des Kindesunterhalts.
Darf oder muss ich während der Rente arbeiten?
Sie dürfen auch während der (Alters)rente neuerdings arbeiten, ohne dass das Einkommen auf die Rente angerechnet wird. Darüber hinaus müssen Sie sogar arbeiten, wenn Ihre Rente nicht ausreicht, um wenigstens den Mindestunterhalt des Kindes abzudecken. Soweit Sie physisch und psychisch in der Lage sind, erwerbstätig zu sein, stehen Sie trotz der Rente in der Verantwortung, um die Unterhaltspflicht zu erfüllen. Tun Sie dies nicht, besteht das Risiko, dass ein theoretisch erzielbares (fiktives) Einkommen angesetzt wird (OLG Brandenburg Urteil v. 10.12.2014, Az.: 13 UF 25/12). Dies führt in der Konsequenz dazu, dass Sie mit der Rente und dem fiktiven Einkommen möglicherweise über Ihrem Selbstbehalt liegen und den Kindesunterhalt aus dem an sich pfändungsfreien Einkommen bedienen müssen.
Soweit Sie mit der Rente den Mindestunterhalt bedienen und trotz der Rente noch weiter arbeiten, kommt es darauf an, in welchem Umfang das aus einer überobligatorischen Erwerbstätigkeit erzielte Einkommen nach Billigkeitserwägungen für den Unterhalt einzusetzen ist (BGH FamRZ 2011, 454). Derartige Einkünfte werden als überobligatorische Einkünfte bewertet, weil ein Rentner aufgrund des Alters an sich nicht mehr verpflichtet wäre, überhaupt noch erwerbstätig zu sein. Das unterhaltsberechtigte Kind soll nicht davon profitieren, dass ein Rentner sich trotz des Alters noch abmüht und zusätzliches Geld verdienen. Diese Einschränkung trifft aber nicht zu, wenn es um den Mindestunterhalt für das Kind geht.
Bis zu welchem Alter hat das Kind Anspruch auf Unterhalt?
Die Unterhaltspflicht besteht bis zum 18. Lebensjahr des Kindes. Sie besteht darüber hinaus fort, wenn das Kind eine Ausbildung absolviert oder studiert. Als Elternteil sind Sie nämlich verpflichtet, dem Kind eine angemessene Ausbildung zu finanzieren, auch dann, wenn Sie Rentner sind.
Aus Gehalt wird Rente - was ändert sich beim relevanten Nettoeinkommen?
Gehalt und Rente zählen gleichermaßen als Einkommen. Die Rente erreicht im Regelfall aber nicht die Höhe des Einkommens, sodass sie sich auf die Höhe des Kindesunterhalts auswirkt. Da der Kindesunterhalt sich nach dem durchschnittlichen Einkommen der letzten zwölf Monate bemisst, macht sich die geringere Rente erst bemerkbar, wenn der Unterhalt neu berechnet wird.
Mit der Rente ändert sich aller Wahrscheinlichkeit nach das unterhaltsrelevante bereinigte Nettoeinkommen. Rentner zahlen weniger Steuern und weniger Sozialabgaben. Auch die berufsbedingten Aufwendungen fallen wahrscheinlich weg. Um das bereinigte Nettoeinkommen im Detail zu beziffern, sollten Sie sich idealerweise kompetent beraten lassen. Jeder Euro, den Sie bei der Unterhaltszahlung sparen, ist gut investiertes Geld, das selbstverständlich im Hinblick auf die moralische Verpflichtung eines Elternteils gegenüber einem Kind der Abwägung bedarf.
Wie ist der Kindesunterhalt bei Rentenbezug neu zu bestimmen?
Mit dem Bezug von Rente ändert sich wahrscheinlich die Höhe des Kindesunterhalts.
- Im Idealfall verständigen Sie sich mit dem unterhaltsberechtigten Kind und setzen die Höhe der Unterhaltszahlungen im Hinblick auf Ihre Rente im gegenseitigen Einvernehmen neu fest.
- Ist eine Verständigung nicht möglich und ist der Unterhaltsanspruch rechtsverbindlich festgestellt (tituliert), sollten Sie eine gerichtliche Abänderungsklage in Betracht ziehen und den Kindesunterhalt neu festsetzen lassen. Ansonsten besteht das Risiko, dass das Kind ungeachtet Ihrer durch die Rente veränderten Einkommensverhältnisse aus dem Unterhaltstitel vollstreckt.
- Ist der Unterhaltsanspruch des Kindes nicht rechtsverbindlich festgestellt und fordert das Kind nach wie vor Kindesunterhalt in unveränderter Höhe, könnten Sie den Unterhalt nur noch nach Maßgabe Ihrer Rente bezahlen und den zuvor gezahlten Kindesunterhalt entsprechend herabsetzen. Es läge dann am Kind, seinen vermeintlich höheren Kindesunterhalt gerichtlich geltend zu machen. Im Unterhaltsverfahren vor Gericht wäre der Kindesunterhalt im Hinblick auf die Rente zu bestimmen.
Wie hoch ist der Selbstbehalt für Rentner beim Kindesunterhalt?
Auch als Rentner haben Sie Anspruch darauf, dass Ihr Lebensunterhalt gesichert bleibt. Diesen Zweck erfüllt der Selbstbehalt. Mit dem Eintritt in die Rente sinkt der Selbstbehalt gegenüber minderjährigen und volljährigen privilegierten Kindern auf den Wert eines nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen auf 1.200 EUR monatlich. Gegenüber anderen Kindern beträgt der Selbstbehalt 1.750 EUR. Liegt die Rente unterhalb dieser Selbstbehalte, brauchen Sie im Regelfall keinen Kindesunterhalt zu zahlen.
Was ist bei Rentennachzahlungen?
Wird Ihnen die Rente rückwirkend bewilligt und Sie erhalten eine Nachzahlung, wird die Nachzahlung erst dann berücksichtigt, wenn diese auf Ihr Konto überwiesen wird (Zuflussprinzip, BGH FamRZ 1985, 155). Wie bei einer Steuerrückerstattung ist der Betrag bei der Berechnung zukünftiger Unterhaltsbeträge umzulegen und regelmäßig auf zwölf Monate aufzuteilen.
Was passiert, wenn Sie als Rentner im Ausland leben?
Viele Rentner verbringen ihren Lebensabend im Ausland. Auch im Ausland bleiben Sie unterhaltspflichtig. Hierzu gibt es eine Reihe zwischenstaatlicher Übereinkommen, nach denen sich eine Reihe von Staaten verpflichtet hat, sich in unterhaltsrechtlichen Angelegenheiten gegenseitig zu unterstützen. In Deutschland ist hierfür die Zentrale Behörde beim Bundesamt für Justiz zuständig. Diese Zentrale Behörde unterstützt unterhaltsberechtigte Kinder, wenn diese ihren Unterhaltsanspruch gegenüber einem im Ausland lebenden Elternteil geltend machen und durchsetzen wollen.
Alles in allem
Mit dem Eintritt ins Rentenalter verändert sich vieles. Um Streitigkeiten vorzubeugen und den Kindesunterhalt an Ihre Verhältnisse anzupassen, sollten Sie sich unterhaltsrechtlich kompetent beraten lassen. Jeder dabei ersparte Euro ist eine gute Investition, der auf der anderen Seite die moralische Verpflichtung für das Kind gegenübersteht und abzuwägen ist.