Arbeitgeber zahlen bisweilen eine Anwesenheitsprämie oder Gesundheitsprämie, um die Arbeitnehmer zu motivieren, bei geringfügigen Erkrankungen möglichst nicht dem Arbeitsplatz fernzubleiben. Wird die Prämie zusätzlich zum regulären Gehalt gezahlt, zählt sie als Einkommen und ist unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen. Möchten Sie als Unterhaltsberechtigter oder als Unterhaltszahlender wissen, wie diese Prämie bei Ihnen zu berücksichtigen ist, können Sie mit Hilfe unseres Online-Formulars sofort bei uns eine Unterhaltsberechnung beantragen.
Was genau ist eine Anwesenheits- oder Gesundheitsprämie?
Tatkräftige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind ein wichtiges Kapital im Betrieb. Fällt ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt aus, muss der Arbeitgeber trotzdem bis zu sechs Wochen den Lohn fortzahlen. Manch ein Arbeitnehmer sieht sich dadurch verleitet, auch bei einer geringfügigen Erkrankung einfach zu Hause zu bleiben, zumal er dem Arbeitgeber erst nach drei Tagen ein ärztliches Attest vorlegen muss. Um einen zu hohen Krankenstand zu vermeiden, soll die Prämie den Arbeitnehmer motivieren, nicht bei jedem Unwohlsein zu Hause zu bleiben und sich nicht leichtfertig krankzumelden.
Welche Rolle spielen Anwesenheitsprämien beim Unterhalt?
Regelmäßig gezahlte Sondervergütungen des Arbeitgebers, also auch die Anwesenheitsprämie oder Gesundheitsprämie, gehören zum regulären Gehalt des Arbeitnehmers. Da zur Berechnung des Unterhaltsanspruchs (Kindesunterhalt, Trennungsunterhalt, Ehegattenunterhalt) die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen festzustellen ist, sind alle Einkünfte heranzuziehen, die ihm oder ihr zufließen. Zum Arbeitslohn gehören daher alle Leistungen, die im Hinblick auf das Arbeits- oder Dienstverhältnisse zur Auszahlung kommen, gleichgültig aus welchem Anlass diese im Einzelnen gezahlt werden. Das Gesamteinkommen ist Grundlage zur Berechnung des unterhaltsrelevanten bereinigten Nettoeinkommens des unterhaltspflichtigen Elternteils oder Ex-Partners.
Sollte die Anwesenheitsprämie nicht monatlich, sondern beispielsweise nur im Quartal ausgezahlt werden, ändert dies nichts daran, dass sie in das Gesamteinkommen einfließt. Unterhaltsrechtlich relevant ist dasjenige Einkommen des Unterhaltspflichtigen, das im Durchschnitt der letzten zwölf Monate erzielt wurde.
Teils werden Anwesenheitsprämien auch als Sachbezug zur Verfügung gestellt. Sachbezüge stellen grundsätzlich in Höhe der Eigenersparnis Einkommen dar. Um den Sachbezug gegebenenfalls betragsmäßig zu erfassen, bieten die Bewertungsrichtlinien des Steuer- und Sozialversicherungsrechts Ansatzpunkte. Danach können die üblichen Mittelpreise des Verbrauchsortes maßgebend sein.
EXPERTENTIPP
Neuberechnung nur wegen Anwesenheitsprämie?
Wird die Anwesenheitsprämie nur in geringer Höhe bezahlt, muss sie sich nicht unbedingt unterhaltsrechtlich auswirken. Sie wirkt sich beispielsweise beim Kindesunterhalt nur aus, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil in eine höhere Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle eingestuft werden würde. Da die Düsseldorfer Tabelle mit Einkommensunterschieden von 400 EUR arbeitet, muss der Nettobetrag der Anwesenheitsprämie schon beträchtlich sein. Andernfalls verbleibt der Elternteil in der Einkommensgruppe, in der er ohnehin gerade eingeordnet ist. Eine eventuelle Abänderungsklage lohnt sich also nur, wenn allein aufgrund der Prämien tatsächlich ein höherer Unterhalt zu erwarten ist. Andernfalls sollte es genügen, den Unterhalt auch im Hinblick auf eventuell sonstige Lohnsteigerungen nach Ablauf eines Jahres eventuell neu berechnen zu lassen.
Praxisbeispiel
300 EUR Anwesenheitsprämie im Jahr
Der unterhaltspflichtige Elternteil verdient netto 2.950 EUR und ist damit in die Einkommensgruppe 4 der Düsseldorfer Tabelle eingeordnet (2.901 EUR - 3.300 EUR). Er erhält vom Arbeitgeber 12 x 25 € = 300 EUR/Jahr Anwesenheitsprämie. Dadurch erhöht sich sein monatliches Nettoeinkommen um 300 EUR auf nunmehr 2.250 EUR. An der Eingruppierung in die Einkommensgruppe 4 ändert sich deshalb nichts. Die Höhe des Kindesunterhalts bleibt unverändert. Die Prämie würde sich nur dann auswirken, wenn der Elternteil in der Einkommensgruppe 5 eingestuft werden würde. Dazu müsste er aber mindestens 3.301 EUR verdienen. Der Unterhalt für ein bis 5 Jahre altes Kind würde sich dann um immerhin 24 EUR Monat erhöhen.
Ist eine Anwesenheitsprämie rechtlich erlaubt?
Ist ein Arbeitnehmer ernsthaft krank und arbeitsunfähig, ist es sein gutes Recht,
- zuhause zu bleiben,
- sich ärztlich behandeln zu lassen
- und die Krankheit auszukurieren.
Letztlich kann nur ein gesunder Arbeitnehmer die Leistung erbringen, zu der er oder sie sich vertraglich verpflichtet hat. Insoweit darf eine Anwesenheitsprämie nicht als Strafe dafür betrachtet werden, dass der Arbeitnehmer sich zu Hause ins Bett legt, sondern vielmehr als Gesundheitsprämie dafür, dass der Arbeitnehmer sich dafür einsetzt, dass er so gut es geht und so weit als möglich gesund bleibt und arbeiten kann.
Im Gesetz ist nicht geregelt, ob und inwieweit Prämien dieser Art erlaubt sind. Rechtsgrundlagen sind ausschließlich Arbeits- und Tarifverträge sowie eventuelle Betriebsvereinbarungen. Ein gesetzlicher Ansatzpunkt findet sich aber in § 4 Entgeltfortzahlungsgesetz. Daraus ergibt sich, dass der Arbeitgeber eine Sondervergütung, zu der auch die Anwesenheits- oder Gesundheitsprobleme gehört, für jeden Tag der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit um maximal ein Viertel des im Jahresdurchschnitt üblichen Tagesgehalts kürzen darf. Weil dem so ist, lässt sich folgern, dass auch eine Anwesenheitsprämie als Sondervergütung erlaubt sein muss.
Sind Anwesenheitsprämien diskriminierend?
Wer ernsthaft krank ist, kann der Krankheit nicht ausweichen. Arbeitnehmer, die oft oder chronisch krank sind, könnten sich daher doppelt im Nachteil sehen. Sie sind einer vielleicht schwierigen Krankheit ausgesetzt und haben, nur weil sie krank sind, keinen Anspruch auf die Anwesenheitsprämie, während von Natur aus gesunde Kollegen, die mit keiner Krankheit zu kämpfen haben, in den Genuss solcher Prämien kommen.
Dennoch sind solche Prämien nicht als diskriminierend zu bezeichnen. Eine Anwesenheitsprämie ist genau genommen ein Bonus des Arbeitgebers zur Würdigung des Engagements eines Mitarbeiters bei der Arbeit. Diskriminierend ist nur, wenn Gleiches ungleich behandelt wird.
Da es einen sachlichen Unterschied gibt zwischen einem kranken arbeitsunfähigen Arbeitnehmer und einem gesunden arbeitsfähigen Arbeitnehmer, muss es möglich sein, diesen Unterschied aufzugreifen, ohne dass dadurch eine Diskriminierung entsteht. Bleibt ein häufig oder chronisch erkrankter Arbeitnehmer, zu Hause, könnte er dennoch zur Arbeit gehen, wenn er den Heilungserfolg nicht gefährdet und die Tätigkeit im Betrieb zumutbar ist. Auch weil die Prämie zudem im Krankheitsfall laut § 4 Entgeltfortzahlungsgesetz um maximal ein Viertel des im Jahresdurchschnitt üblichen Tagesgehalts gekürzt werden darf, erscheint sie nicht als diskriminierend.
Wie hoch dürfen Anwesenheitsprämien sein?
Die Höhe der Anwesenheitsprämie legt der Arbeitgeber nach eigenem Ermessen fest. Es gibt insoweit keine Vorgaben. Die Höhe hängt wesentlich von der Finanz- und Ertragslage des Unternehmens ab und teils auch davon, inwieweit ein Betrieb auf regelmäßige Arbeitszeiten der Arbeitnehmer und die Arbeitsmarktsituation angewiesen ist.
Müssen Anwesenheitsprämien versteuert werden?
Steuerrechtlich sind Anwesenheitsprämien Teil des regulierten Gehalts, genau wie andere Sondervergütungen auch (z.B. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld). Dadurch sind die Prämien steuerpflichtig. Arbeitnehmer müssen bis zur Beitragsmessungsgrenze der gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung auch Sozialversicherungsabgaben darauf zahlen.
Die Prämien können aber auch steuerfrei ausgezahlt werden, soweit sie als Zeitzuschläge für Nachtarbeit, für Arbeiten an Sonntagen oder Feiertagen gezahlt werden und bestimmte Grenzen nicht überschreiten.
Wegen des geringeren Aufwands zahlen Unternehmen die Anwesenheitsprämie oft auch in einem Einmalbetrag aus, nutzen dann aber nicht das Potenzial, das eine monatliche Auszahlung ermöglicht. Eine monatliche Auszahlung führt dem Arbeitnehmer immer wieder neu vor Augen, dass er für seine Leistung belohnt wird, während die Jahreszahlung eher in Vergessenheit gerät.
Gibt es Alternativen zur Anwesenheitsprämie in Geld?
Statt die Prämien als Gehalt auszuzahlen, können Arbeitgeber die Prämien auch als monatlichen Sachbezug zur Verfügung stellen. Hierbei bleiben bis zu 50 € steuerfrei (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EstG). Sind die Sachbezüge attraktiv, könnten Sie für den Arbeitnehmer einen zusätzlichen Anreiz darstellen. Wegen des geldwerten Vorteils erhalten Arbeitnehmer aufgrund der Ersparnis bei Abgaben und Steuern mehr Netto vom Brutto.
Beispiele:
- Gutscheine zum Tanken,
- Einkaufsgutschein im betriebsinternen Laden oder Online-Shop
- Mitgliedschaft für Fitnessstudio
- Betriebliches Gesundheitsbudget
- Jobticket
Darf die Anwesenheitsprämie im Krankheitsfall gekürzt werden?
Nach § 4 Entgeltfortzahlungsgesetz darf eine Anwesenheitsprämie für jeden Tag der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit um maximal ein Viertel des im Jahresdurchschnitt üblichen Tagesgehalts gekürzt werden. Um die Kürzung selbst zu berechnen, ist das durchschnittliche Gehalt eines Jahres pro Tag auszurechnen. Dafür ist das Bruttojahresgehalt durch die Zahl der Arbeitstage pro Jahr zu teilen. 25 % dieses Betrages ergeben den Betrag, um den die Prämie höchstens gekürzt werden darf.
Wird die Anwesenheitsprämie auch im Urlaub gezahlt?
Geht der Arbeitnehmer in Urlaub, bleibt der Anspruch auf die Anwesenheitsprämie bestehen. Nach § 11 Bundesurlaubsgesetz bemisst sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Und an Feiertagen hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte, also auch die Anwesenheitsprämie (§ 2 Entgeltfortzahlungsgesetz).
Alles in allem
Im Unterhaltsrecht zählt auf Seiten des Unterhaltsberechtigten als auch des Unterhaltspflichtigen oft jeder Euro. Sind Sie an einer Unterhaltsberechnung oder –überprüfung interessiert, sich aber noch unsicher, welche Konditionen dies hat, finden Sie hier im FAQ Unterhalt (hoffentlich) alles, was Ihnen die Sorge davor nimmt. Gern telefonieren Sie auch kostenlos mit unserem InfoPoint unter 0800 34 86 72 3, um hier ein ganzheitliches Bild davon zu bekommen, wer wir sind und wie wir Ihnen helfen können!