Öffentliche Zustellung eines Unterhaltstitels

Frau Mann Streit iurFRIEND® AG

Freitag, 28.07.2023 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Schulden Sie Unterhalt und sind für den Empfänger bzw. dessen Rechtsbeistand nicht auffindbar gewesen, lösen sich Ansprüche der unterhaltsberechtigten Person nicht in Luft auf. Um nach längerer Zeit des Kontaktabbruchs herauszufinden, ob eine Forderung bestand oder besteht, gibt es eine Reihe von Möglichkeiten. Im Zweifel sollten Sie es jedoch nicht darauf ankommen lassen, sich bei einer Unterhaltsforderung abzusetzen, sondern die Möglichkeiten einer Gegenrechnung und ähnlichem prüfen.

Ist die Unterhaltsforderung rechtsverbindlich festgestellt und tituliert?

Die unterhaltsberechtigte Person kann einen Unterhaltsanspruch nur geltend machen, wenn der Anspruch rechtsverbindlich festgestellt wurde. Die Forderung muss „tituliert“ sein. Der Titel kann darin bestehen, dass Sie beispielsweise

  • den Kindesunterhalt Ihres Kindes in einer Jugendamtsurkunde beim Jugendamt anerkannt haben,
  • gerichtlich per Beschluss zur Zahlung von Unterhalt verurteilt wurden oder
  • in einer Scheidungsfolgenvereinbarung notariell beurkundet haben, dass Sie dem Kind Kindesunterhalt oder Ihrem Ex-Partner Ehegattenunterhalt schulden.

Ist die Forderung gegen nicht tituliert, dürfen Sie davon ausgehen, dass Forderungen aus der Vergangenheit nicht mehr geltend gemacht werden können. Dies hat weniger mit der Frage der Verjährung zu tun. Vielmehr ist es so, dass die Forderung nicht rechtsverbindlich festgestellt ist und allein aus diesem Grund aktuell nicht geltend gemacht werden kann.

 

Anders ist es dann wiederum, wenn die unterhaltsberechtigte Person aktuell Unterhalt fordert. Diese Forderung kann auch in der Vergangenheit begründete Unterhaltsansprüche betreffen. Erkennen Sie diese Forderung nicht freiwillig an, müsste der Unterhaltsberechtigte die Forderung gerichtlich und rechtsverbindlich feststellen, sprich titulieren lassen.

Wurde der Unterhaltstitel zugestellt?

Hat das Familiengericht per Beschluss festgestellt, dass eine Unterhaltsforderung besteht, muss der Beschluss den Beteiligten bekannt gegeben werden (§ 41 FamFG). Das Gericht kann nach freiem Ermessen wählen, wie es die Bekanntgabe bewerkstelligt. Die Zivilprozessordnung enthält hierzu eine Reihe von Vorschriften. In der Regel erfolgt die Bekanntgabe durch Zustellung. Zustellung ist die Bekanntgabe eines Dokuments an eine Person (§ 166 ZPO).

 

Die übliche Form der Zustellung ist die Aufgabe zur Post. Voraussetzung ist, dass die Postadresse des Empfängers bekannt ist. Hatten Sie sich an dem Unterhaltsverfahren aktiv beteiligt, sollten Sie sich erinnern, ob der Unterhaltstitel mit der Post zugestellt wurde. Waren Sie anwaltlich vertreten, wurde der Titel Ihrem Anwalt zugestellt. In diesem Fall sollten Sie Ihren Anwalt kontaktieren, ob er den Unterhaltstitel in seinen Unterlagen recherchieren kann.

 

Waren Sie anwaltlich nicht vertreten, ist Ihnen der Beschluss wahrscheinlich förmlich zugestellt wurden. Die Zustellung war insoweit zwingend, als Sie zur Unterhaltszahlung verurteilt wurden. Für diesen Fall bestimmt das Gesetz ausdrücklich, dass der Beschluss förmlich zugestellt werden musste. War Ihre Adresse damals nicht bekannt, kann es sein, dass der Beschluss durch öffentliche Zustellung bekannt gemacht wurde.

Wissenswertes zur öffentlichen Zustellung eines Unterhaltstitels

Ist der Aufenthaltsort einer Partei unbekannt, kann die Zustellung auch durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen (§ 185 ZPO). In diesem Fall wird die Zustellung unterstellt. Die öffentliche Zustellung rechtfertigt sich daraus, dass sich ein Verfahrensbeteiligter durch häufigen Wohnsitzwechsel ohne Ummeldung unauffindbar machen und dadurch ein gerichtliches Verfahren torpedieren könnte.

Zusätzliche Veröffentlichung in Bundesanzeiger und Amtsblatt

Ob der Beschluss oder ein sonstiges für das Verfahren wichtiges Schriftstück öffentlich zugestellt wird, entscheidet das Prozessgericht nach eigenem Ermessen oder auf Antrag dessen, der das Verfahren initiiert hat. Die öffentliche Zustellung erfolgt durch Aushang einer Benachrichtigung an der Gerichtstafel des Gerichts oder durch Einstellung in ein elektronisches Informationssystem, das im Gericht öffentlich zugänglich ist. Außerdem kann das Prozessgericht zusätzlich anordnen, dass die Benachrichtigung einmal oder mehrfach im Bundesanzeiger oder in regionalen Zeitungen zu veröffentlichen ist. Dadurch kann, muss sie aber nicht online auffindbar werden.

Inhalt des öffentlichen Aushangs

Der Aushang enthält lediglich Daten zur Person, der das Schriftstück zugestellt werden soll, die letzte bekannte Anschrift sowie das Aktenzeichen des Verfahrens und die Stelle, wo das Schriftstück eingesehen werden kann. Der Inhalt des gerichtlichen Beschlusses, zum Beispiel die Höhe zu zahlenden Unterhalts, wird hingegen nicht veröffentlicht.

Ob Sie das Schriftstück tatsächlich sahen, ist unbedeutend

Das Schriftstück gilt als zugestellt, wenn seit dem Aushang der Benachrichtigung ein Monat vergangen ist. Ob Sie als Verfahrensbeteiligter die Möglichkeit und eine Interesse daran hatten, das Schriftstück an der Gerichtstafel einzusehen oder von der Veröffentlichung in einer Tageszeitung Kenntnis zu nehmen, ist nicht entscheidend.

Anspruch auf Datenschutz tritt zurück

Haben Sie die Vermutung, dass Ihnen der gerichtliche Beschluss öffentlich zugestellt wurde, sollten Sie bei jenem Amtsgericht nachfragen, das qua letztem Wohnort des Unterhaltsfordernden am ehesten in Frage käme. Es gibt zwar kein Archiv von nicht zustellbar gewesenen Titeln, wohl aber ist das Verfahren mit dem Aktenzeichen und dem Hinweis auf die eventuell erfolgte Zustellung in den gerichtlichen Unterlagen vermerkt und lässt sich dort recherchieren.

 

Im Hinblick auf die öffentliche Zustellung gibt es in den einzelnen Bundesländern keine unterschiedlichen Regelungen, da die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung einheitlich in der Zivilprozessordnung geregelt sind. Unterschiede gibt es allenfalls daraus, dass jedes Gericht ein gewisses Ermessen hat, wie es die Zustellung seiner Beschlüsse handhabt. Ihr Anspruch auf Datenschutz tritt insoweit hinter das Recht der unterhaltsberechtigten Person zurück, ihren rechtsverbindlich festgestellten Unterhaltsanspruch zu realisieren. Ein eventuelles Löschbegehren nach erfolgter öffentlicher Zustellung ergibt sich insoweit aus dem Gesetz, als der Aushang an der Gerichtstafel befristet ist.

 

Sollten Sie den Aushang an der Gerichtstafel zur Kenntnis genommen oder die öffentliche Zustellung in der Tageszeitung gelesen haben, sollten Sie zur Vermeidung weiterer Nachteile bei Gericht vorstellig werden und das dort für Sie bereitgehaltene Schriftstück einsehen. Sie ermöglichen damit die endgültige Zustellung, so dass sich der Zweck der öffentlichen Zustellung erledigt.

Nehmen Sie Einsicht in das Schuldnerverzeichnis

War die Unterhaltsforderung rechtsverbindlich festgestellt und tituliert, kann es sein, dass der Unterhaltsberechtigte die Zwangsvollstreckung betrieben hat. Wurden Sie zur Abgabe der Vermögensauskunft (früher: eidesstattliche Versicherung) aufgefordert, ist dies ein Grund, dass der zuständige Gerichtsvollzieher von Amts wegen die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis angeordnet hat. Da Sie unmittelbar betroffen sind, haben Sie ein Einsichtsrecht in das Schuldnerregister (§ 882f ZPO).

 

Allerdings werden die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis nach Ablauf von drei Jahren seit dem Tag der Eintragungsanordnung gelöscht. Sie müssen also damit rechnen, dass die Forderung zwar nicht mehr im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist, wohl aber noch besteht.

 

Die Einsichtnahme in Ihre Schufa bringt keine Ergebnisse, da die unterhaltsberechtigte Person nicht Vertragspartner der Schufa ist und deshalb auch keine Eintragung veranlassen konnte. Unterhaltsrechtliche Forderungen werden dort ohnehin nicht vermerkt.

Kann ich rausbekommen, ob ein Haftbefehl wegen Unterhaltsrückständen besteht?

Hatten Sie sich geweigert, die Vermögensauskunft abzugeben oder konnte der Gerichtsvollzieher Sie nicht ausfindig machen, müssen Sie damit rechnen, dass das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Unterhaltsberechtigten einen Haftbefehl erlassen hat (§ 802g ZPO). Sie können der Verhaftung entgehen, indem Sie die Forderung bezahlen. Ist dies nicht möglich, sollten Sie Teilzahlungen verhandeln und vermeiden, dass der eventuell bestehende Haftbefehl doch noch vollstreckt wird.

 

Eine Einschränkung besteht insoweit, als die Vollziehung des Haftbefehls unstatthaft ist, wenn seit dem Tag, an dem der Haftbefehl erlassen wurde, zwei Jahre vergangen sind (§ 802h ZPO). Sollte ein Haftbefehl bestehen, sollten Sie gleichfalls Einsicht in das Schuldnerverzeichnis nehmen. Auch Haftbefehle sind dort vermerkt.

GUT ZU WISSEN

Rechtsanwalt nach existierendem Haftbefehl forschen lassen

Vermuten Sie, dass ein Haftbefehl besteht, riskieren Sie die sofortige Verhaftung, wenn Sie bei einer Behörde vorsprechen und sich erkundigen, ob ein Haftbefehl besteht. Auch müssen Sie damit rechnen, bei einer Polizeikontrolle festgenommen zu werden. Insoweit kann es besser sein, wenn Sie einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin beauftragen, die Situation abzuklären. Der Rechtsanwalt könnte Sie auch darin unterstützen, die dem Haftbefehl zugrunde liegende Forderung mit der unterhaltsberechtigten Person zu verhandeln und eine Regelung im gegenseitigen Einvernehmen herbeizuführen.

Alles in allem

Titulierte Forderungen, von denen Sie nicht wissen, ob sie aktuell noch vollstreckt werden, sind immer ein Risiko. Möchten Sie weitere Nachteile vermeiden, empfiehlt sich, die aktuelle Sachlage zu recherchieren. Da Sie sich mit den Gegebenheiten sehr wahrscheinlich nicht im Detail auskennen, sollten Sie einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin beauftragen und das Problem möglichst bereinigen.