Geschichte des Unterhalts

Die Entwicklung des Unterhalts über vergangene Epochen

Gemaelde Mann Frau iurFRIEND® AG

Mittwoch, 14.04.2021 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Solange es keine Scheidungen gab, konnte es auch keine Unterhaltsforderungen geben - stimmt das? Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass es - zumindest unter Adel und Prominenz - auch ohne die klassische Scheidung bereits seit dem Mittelalter Unterstützungszahlungen an den schwächeren Ehepartner oder aus anderen Gründen gab. Lesen Sie von der ersten deutschen Königin in England, die den Grundstein der deutschen Einheirat in die Royale Familie setzte und der Geliebten Rembrandts, deren Romanze jedoch durch eine tragische Wende endete. Was diese beiden Frauen trotz unterschiedlicher Epochen verbindet, erfahren Sie hier.

Scheidungsvereinbarungen als Ausgangspunkt des Unterhalts

Die Scheidungsvereinbarung war parallel zu den Heirats-und Eheverträgen weit verbreitet. Den Ursprung hat die Scheidungsvereinbarung im späten Mittelalter. Im Falle einer Trennung/Scheidung war hier fest geregelt, wie die Aufteilung des Vermögens sein soll. Anders als bei den Eheverträgen wurde die Scheidungsvereinbarung erst vor einer Trennung bzw. bei Bekanntgabe einer Trennung bzw. Scheidung vom Ehepartner festgelegt.

Historische Beispiele für eine durchgeführte Scheidungsvereinbarung

In der Geschichte gibt es viele Beispiele für eine Scheidungsvereinbarung. Der Gebrauch der Scheidungsvereinbarung war damals von großem Nutzen und das schriftliche Format wurde besonders anerkannt, da die Vereinbarung durch die Dokumentation verbindlich wurde.

  • Rymgalja: Bekannt aus dem späten Mittelalter und lebte zwischen 1367/1369 und 1423/1430 (keine genauen Daten bekannt). Sie war die jüngste Tochter des litauischen Großfürsten Biruté und Kestutis. Rymgalja war zweimal liiert. Ihre zweite Ehe ging sie im Jahr 1419 mit Alexander dem Guten ein. Zwei Jahre später scheiterte auch ihre zweite Ehe. Durch die Scheidungsvereinbarung, die als Entschädigung der Scheidung galt, wurde ihr lebenslanger Unterhalt in Form von 600 ungarischen Golddukaten/Florinen, versprochen. Außerdem überließ Alexander der Gute, Rymgalja 40 Dörfer.
  • Ein anderes Beispiel ist Anna von Kleve. Sie wurde am 28. Juni 1515 in Düsseldorf geboren und verstarb am 16. Juli 1557 in Chelsea. Anna von Kleve war die erste Deutsche, die in das englische Königshaus einheiratete. Sie heiratete König Heinrich VIII. und war bereits seine vierte Ehefrau. Die Ehe weilte jedoch nur kurz. Vom 6. Januar 1540 bis zum 9. Juli 1540 war sie Königin von England. Ihr wurden durch die Scheidungsvereinbarung sämtliches Elementar anerkannt. Heute würde man diese Form von Unterhalt eine Elementarzahlung nennen. Anna von Kleve bekam ein großzügiges Einkommen und zwei Residenzen in Richmond und Bletchingley. Des Weiteren siedelte sich ihr Ansehen über den Staatsdamen Englands an.

Heirats- und Ehevertrag als Unterhaltsabsicherung vor der Eheschließung

Schriftliche Verträge, wie Heirats-und Eheverträge, waren im Mittelalter und dem 17. Und 18. Jahrhundert essentiell. Diese regelten das Vermögen eines Ehepaares und es konnte im Falle eines Todes oder einer Trennung drauf zurückgegriffen werden. Meist kam die verwitwete Person oder die verlassene Person nicht gut dabei weg, da oftmals das Vermögen der Familie oder den Kindern vertraglich zugesprochen wurde.

Einblicke in Eheverträge des späten Mittelalters und deren Bedeutung

Auch bei den Eheverträgen gibt es historische Vorreiter. Man kennt Eheverträge heutzutage besonders von den Reichen und Schönen oder von Hollywood Stars, die so ihr Vermögen absichern möchten.

 

Auch in der Vergangenheit waren Eheverträge eher bei den Adligen beliebt, da es dort vor allem um die Sicherung von Ansehen und Vermögen ging. Der Unterschied war jedoch nur, dass der Ehemann für die Unterhaltszahlung aufkommen musste. Der angehende Ehemann musste der Familie versprechen, dass er gut für die Tochter sorgen wird und hat dies durch das Versprechen von Vermögen gemacht.

 

Ein Beispiel ist Geertje Dircx, die versprochene Frau des berühmten Malers Rembrandt van Rijn. Sie war zunächst seine Dienstmagd und wurde nach dem Tod seiner Frau zu seiner Geliebten. Rembrandt versicherte ihr mündlich die Heirat und hatte ihr somit die Ehe versprochen. Nachdem Rembrandt eine Affäre mit der neuen Dienstmagd hatte, trennten sich die beiden auf tragische Weise. Geertje Dircx forderte daraufhin einen Unterhalt von Rembrandt, da er ihr die Heirat versprochen hatte. Diese Angelegenheit wurde gerichtlich geklärt, da sich Geertje weigerte, einen jährlichen Unterhalt von 160 Gulden anzunehmen. Aus anfänglichen 160 Gulden wurden durch den gerichtlichen Beschluss 200 Gulden pro Jahr.

 

Die Kirche fand diese Regelung jedoch nicht passend, da der Ehevertrag bereits eine Eheschließung mit anschließender Auflösung modellierte. Aus diesem Grund unterstützte die Kirche dieses Vorgehen nicht. Die Verbreitung der Eheverträge dämmte sich folglich durch den Gegenwind der Kirche ein, weil die Menschen sehr religiös und der Kirche zugewandt waren.

Praxisbeispiel

Die erste deutsche Königin von England

Hier ist erneut Anna von Kleve, die erste deutsche Königin Englands. Anlässlich der Heirat wurden ihr 100.000 Goldgulden von König Heinrich den VIII. versprochen. 40.000 Goldgulden bekam sie bereits am Hochzeitstag und weitere 60.000 sollten im Laufe der Ehejahre gezahlt werden.

Einführung von Scheidungsgesetzen zur Regelung des Unterhalts

Folgend auf den Bestimmungen der Scheidungsvereinbarung und Heirats-und Eheverträgen, wurden Konzepte in Form von rechtsverbindlichen Scheidungsgesetzen entwickelt. Diese sollen eine Chancengleichheit der verschiedenen Völkerschichten sichern und auch den geschiedenen Frauen und Männern der Unterschicht ein Unterhalt nach der Scheidung gewähren. Hier einige Beispiele, wann die Scheidungsgesetze in Europa eingeführt wurden:

  • Schweden: 1734 im ars lag (Civil Code of 1734)
  • Frankreich: 20. September 1792 im Rahmen der Französischen Revolution (wurde mit Aufnahme der Monarchie 1816 abgeschafft, jedoch nach Auflösung am 27. Juli 1884 erneut im Code Civil aufgenommen)
  • Niederlande: 1811, Einführung des französischen Code Civil
  • Großbritannien: 1857, Matrimonial Causes Act 1857 (vorher war die Ehescheidung nur für die reiche Bevölkerung möglich, da diese mit hohen Kosten verbunden war)
  • Und schließlich Deutschland: 1876 im Gesetz über die Eheschließung

Wie man erkennen kann, wurden die Scheidungsgesetze ab dem 18. Jahrhundert in Europa eingeführt. So wurde es den Leuten jeder Bevölkerungsschicht möglich gemacht, sich ohne hohe Kosten einvernehmlich scheiden zu lassen. Was für Vorteile eine einvernehmliche Scheidung bringt, zeigt dieses historische Beispiel aus dem 19. Jahrhundert:

 

Mathilda Franziska Anneke (1817-1884), eine deutsche Schriftstellerin, Journalistin und einer der führenden Personen der US-amerikanischen Frauenbewegung, ließ sich im Jahr 1837 von Ihrem Ehemann, Alfred Philipp Ferdinand von Tabouillot scheiden. Da sie in der Rheinprovinz geheiratet hatten, konnten sie sich nach dem französischen Zivilrecht (Code Civil) scheiden lassen. Der Scheidungsprozess dauerte von 1838 bis 1840 an. Sie durfte anschließend Ihren Mädchennamen erneut annehmen, hatte das Sorgerecht für Ihre Tochter bekommen und bekam ein Jahr lang eine monatliche Unterhaltszahlung von 8 Talern von ihrem Ex-Gatten.

 

Die Scheidungsvereinbarung und die Ehe-bzw. Hochzeitsverträge ähnelten den heutigen Unterhaltsregelungen im deutschen Recht zwar in ihrem Nutzen, aber nicht in Art und Umfang. Heute gelten die gesetzlichen Unterhaltspflichten für jede Bevölkerungsschicht. Außerdem wird die Höhe der Unterhaltszahlung individuell nach Vorgabe des Gesetzes und den finanziellen Verhältnissen berechnet. Es gibt viele Zusammenhänge, jedoch auch Unterschiede – somit ist die Unterhaltszahlung in einem langen Entwicklungsprozess über die Jahrhunderte hinweg zu ihrer jetzigen Form herangewachsen. Sie wurde über die Jahre, in denen die Scheidung immer mehr zum Thema wurde, perfektioniert und angepasst.

Ausblick - Entwicklung der Unterhaltszahlung heute

Das Unterhaltsrecht ist zu einem komplexen Rechtsgebiet herangereift. Zum familiären Unterhalt gehören: Familienunterhalt, Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt und Elternunterhalt. Für den Kindesunterhalt dient die so genannte Düsseldorfer Tabelle als Orientierungsmaßstab, deren Werte jährlich aktualisiert werden. Für Unterhaltsansprüche im Allgemeinen gilt: Die Berechnung der Höhe erfolgt individuell für den jeweiligen Fall, jedoch stets anhand des Gesetzes und den Vorgaben der Rechtsprechung. In den gerichtlichen Entscheidungen wird das Unterhaltsrecht also fortlaufend weiter präzisiert und je nach Einzelfall aus einer anderen Perspektive beleuchtet. Daher ist die Entwicklung auch heute noch nicht gänzlich abgeschlossen.

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