Trennen Sie sich und lösen Ihre Lebensgemeinschaft auf, hat Ihr Kind Anspruch auf Kindesunterhalt, Sie selbst bei Bedürftigkeit Anspruch auf Trennungs- und Ehegattenunterhalt. Allein das Gesetz sollte bereits Ihr Gewissen entlasten. Da der Unterhalt dazu dient, Ihren Lebensbedarf sowie den Ihres Kindes zu gewährleisten, brauchen Sie auch kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn Sie Unterhalt fordern. Vielleicht hilft es, wenn Sie sich hier die dafür maßgeblichen Aspekte vor Augen führen und Ihre Forderung so geltend machen, dass auch die Belange des Unterhaltspflichtigen berücksichtigt werden.
Worauf begründen sich Unterhaltsansprüche?
Fordern Sie für Ihr Kind Unterhalt, berufen Sie sich auf die gesetzliche Vorschrift des § 1601 BGB. Fordern Sie für den Zeitraum der Trennung Trennungsunterhalt, beruht Ihre Forderung auf § 1361 BGB. Geht es um den Ehegattenunterhalt nach der Scheidung, haben Sie nach dem Gesetz Anspruch auf Unterhalt, wenn Sie
- ein Kind betreuen,
- wegen Alter, Krankheit oder Gebrechlichkeit nicht arbeiten können oder unverschuldet arbeitslos sind
- oder Ihr Einkommen nicht ausreicht, um Ihren Lebensbedarf abzudecken.
Gleiches gilt, wenn Sie eine Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung betreiben und das Ziel vor Augen haben, danach eigenes Geld zu verdienen. Ihre Ansprüche sind in §§ 1570 ff BGB definiert. Allein im Hinblick auf diese gesetzlichen Vorgaben tun Sie nichts anderes, als Ihre Rechte wahrzunehmen und brauchen absolut kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn Sie den insoweit unterhaltspflichtigen Elternteil oder Ex-Partner wegen Unterhaltsforderungen in Anspruch nehmen.
Woraus rechtfertigen sich Unterhaltsansprüche?
Unterhaltsansprüche rechtfertigen sich daraus, dass Sie die Eheschließung vollzogen und Ihre Existenz und Lebensführung auf Ihre gemeinsame Lebensplanung ausgerichtet haben. Insoweit bestimmt § 1356, dass Sie die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen regeln und bei der Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf die Belange der Familie die gebotene Rücksicht nehmen sollen.
War es so, dass Sie ausschließlich oder überwiegend die Haushaltsführung und die Betreuung Ihres gemeinsamen Kindes übernommen haben, haben Sie Ihre Verpflichtung zum Familienunterhalt allein dadurch erfüllt, dass Sie den Haushalt geführt und die Kinder betreut haben. Haushaltsführung und Kinderbetreuung ist der Erwerbstätigkeit des Ex-Partners gleichwertig und von Gesetzes wegen gleichgestellt. Auch insoweit berufen Sie sich auf eine gesetzliche Regelung in § 1360 BGB.
EXPERTENTIPP
Versorgungsausgleich beruht ebenso auf gemeinsamer Lebensleistung
Dieser Gedanke der gemeinsamen Lebensleistung findet sich auch beim Versorgungsausgleich. Kommt es zur Scheidung, werden die während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften beider Ehegatten ausgeglichen. Konnten Sie wegen Ihrer Haushaltsführung und Kinderbetreuung nicht arbeiten und haben dadurch weniger oder keine Rentenanwartschaften erworben, ist der Partner oder die Partnerin verpflichtet, Sie an den eigenen Rentenanwartschaften zu beteiligen. Gleiches gilt, wenn der Partner bereits das Renteneintrittsalter erreicht hat und Rente bezieht. Auch daran sind Sie beteiligt. Genauso ist es beim Zugewinnausgleich. Auch der Vermögenszuwachs eines Partners während der Ehe beruht im Regelfall auf der gemeinsamen Lebensplanung beider Ehegatten. Es erscheint insoweit gerechtfertigt, den weniger vermögenden Ehepartner am Zugewinn des anderen zu beteiligen. Da Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich auf dem Gesetz beruhen, brauchen Sie kein schlechtes Gewissen zu haben, Ihre Forderung vorzutragen.
Warum erweisen sich Unterhaltsforderungen bisweilen als problematisch?
Fordern Sie Unterhalt, muss der andere Elternteil oder Ex-Partner zahlen. Die Zahlungen reduzieren dessen für den eigenen Lebensunterhalt verfügbare Einkommen. Geht es um Trennung und Scheidung, steht oft die Erkenntnis im Vordergrund, dass das verfügbare Geld „zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel“ ist. Der Unterhaltspflichtige muss aus seinem Einkommen meist eine eigene Wohnung zusätzlich bezahlen, jeder Partner muss sich eigenständig versichern und Kosten alleine bezahlen, die während der Ehe gemeinsam getragen wurden.
Insoweit ist nachzuvollziehen, wenn sich unterhaltspflichtige Elternteile oder Ex-Partner vehement dagegen wehren, Unterhalt zahlen zu müssen - oder gar zu fordern. Diese kritische Einschätzung ändert aber nichts daran, dass ein Elternteil für das gemeinsame Kind in der Verantwortung steht und unterhaltspflichtig bzw. unterhaltsforderungspflichtig ist.
GUT ZU WISSEN
Selbstbehalte setzen Grenzen
Das Gesetz trägt dem Dilemma, dass das verfügbare Einkommen zumindest für den Unterhaltszahlenden kaum zum Lebensunterhalt ausreicht, durch das Prinzip der Selbstbehalte Rechnung. Selbstbehalte dienen dazu, den Eigenbedarf für den eigenen Lebensunterhalt des Unterhaltspflichtigen sicherzustellen, so dass er oder sie nur so viel an Unterhalt zahlen muss, dass das verfügbare Einkommen nicht unter den Selbstbehalt absinkt. Ziel dabei ist, dass der Unterhaltspflichtige sich selbst nach wie vor unterhalten kann und nicht darauf angewiesen ist, öffentliche Leistungen in Anspruch nehmen zu müssen. Kann der Unterhaltspflichtige den Unterhalt aus einem über dem Selbstbehalt liegenden Einkommen bedienen, brauchen Sie kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn Sie Unterhalt fordern.
Fordern Sie Unterhalt mit Maß und Ziel
Fordern Sie Unterhalt, begründet sich Ihre Forderung nach dem Gesetz. Geht es um den Kindesunterhalt, ergibt sich die Höhe aus der Düsseldorfer Tabelle. Ausgangspunkt ist, wie das bereinigte Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils berechnet wird. Es versteht sich, dass der Elternteil möglichst viele Ausgabeposten geltend macht und sein Nettoeinkommen so weit als möglich nach unten reduziert. Ihr Interesse wird dahin gehen, die Rechtfertigung dieser Ausgabeposten in Frage zu stellen. Letztlich geht es immer darum, eine Grundlage zu finden, mit der beide Parteien irgendwie leben können.
Geht es um den Ehegattenunterhalt, bemisst sich der Unterhaltsbedarf nach Ihren ehelichen Lebensverhältnissen in der Ehe. Hier können Sie theoretisch Ausgabeposten geltend machen, die Ihre Lebensverhältnisse in der Ehe geprägt haben und Grundlage sind, auch bei der Bemessung des Unterhalts ihren Niederschlag zu finden. Hier sollten Sie berücksichtigen, dass Sie den Bogen nicht überspannen sollten. Sie provozieren ansonsten den unterhaltspflichtigen Ex-Partner, Ihre Forderung zu bestreiten. Vor allem riskieren Sie, dass wenig sachlich argumentiert wird und emotionale Aspekte den Streit prägen und allzu oft auch völlig unnötigerweise eskalieren lassen.
Die Erkenntnis aus diesen Erwägungen sollte darin bestehen, dass Sie Ihre Forderung mit Maß und Ziel vortragen und berücksichtigen, dass auch der unterhaltspflichtige Elternteil oder Ex-Partner Geld zum Leben braucht. Um den Unterhalt bedienen zu können, muss der Partner bereit und motiviert genug sein, eigenes Geld zu verdienen. Überspannen Sie den Bogen, riskieren Sie, dass der Partner sich so sehr provoziert fühlt, dass er oder sie weniger als möglich arbeitet oder allenfalls noch so viel Geld erwirtschaftet, dass das Einkommen den Selbstbehalt nicht übersteigt. Mit diesem Ergebnis wäre keinem gedient. Eine gewisse Bescheidenheit und der Verzicht auf Maximalforderungen können helfen, eine gemeinsame Basis für den Unterhalt zu finden.
EXPERTENTIPP
Unterhaltsforderungen erst nach Unterhaltsberechnung
Bevor Sie Unterhalt fordern und Ihre Forderung beziffern, sollten Sie eine individuelle Unterhaltsberechnung durchführen lassen. Es ist nicht zielführend, wenn Sie das Gehalt des unterhaltspflichtigen Elternteils oder Ex-Partners vor Augen haben und glauben, mit einer bestimmten Summe beteiligt zu werden. Eine solche Schätzung ins Blaue hinein ist keine Grundlage für eine Unterhaltsforderung. Wird Ihre Forderung zurückgewiesen, sind Sie strategisch im Nachteil. Besser ist, wenn Sie Ihre Forderung nach Maßgabe einer individuellen Unterhaltsberechnung vortragen und der Gegenseite möglichst wenig Spielräume lassen, Ihre Forderung anzugreifen.
Alles in allem
Sicherlich wollen viele von Ihnen den anderen nicht ausnehmen oder gar vor den Kindern als derjenige dastehen, der den anderen Elternteil "arm macht" (auch wenn hier sicherlich auch Instrumentalisierungen eine Rolle spielen). Unterhaltsforderungen sind immer eine Gratwanderung zwischen den Interessen von Unterhaltsberechtigten und Unterhaltspflichtigen. Solange Sie Ihre Forderung nicht überziehen und nur fordern, was realistisch und auch im Hinblick auf den unterhaltspflichtigen Elternteil oder Ex-Partner angemessen erscheint, dürfen Sie jedenfalls nachts beruhigt einschlafen.