Geld ist immer irgendwie knapp. Gerade dann, wenn Sie infolge Ihrer Trennung oder Scheidung auf jeden Euro angewiesen sind. Schnell liegt sowohl auf Seiten des Unterhaltsempfängers wie auf der des Unterhaltszahlenden die Frage auf dem Tisch, ob der Unterhalt den Lebensbedarf des anderen abdeckt bzw. ob Unterhalt für bestimmte Ausgaben angespart werden muss. Ganz konkret stellt sich die Frage beim Kindesunterhalt, wenn beispielsweise der Führerschein ansteht. Sollten Sie noch mehr als diese Frage beim Unterhalt klären wollen, können Sie auch sofort bei uns den Unterhalt berechnen lassen.
Unterhalt deckt im Regelfall den vollen Lebensbedarf
Erhalten Sie für Ihr minderjähriges Kind Kindesunterhalt, deckt der Unterhalt im Regelfall den Lebensbedarf des Kindes ab. Der Lebensbedarf für ein Kind ergibt sich aus dem sächlichen Existenzminimumbericht der Bundesregierung. Dort sind für die Kinder in den Altersstufen der Düsseldorfer Tabelle in den Abteilungen 1 bis 12 die sogenannten Mindestbeträge genannt. Sie sind aufgesplittet nach einzelnen Gruppen.
Danach erfasst das sächliche Existenzminimum eines Kindes beispielsweise 137,66 € für Nahrungsmittel oder 34,60 € für Bekleidung und Schuhe. Diese Kostenansätze finden dann in der Düsseldorfer Tabelle ihren Niederschlag. Dabei ist klar, dass diese Kostenansätze im Lebensalltag meist nicht ausreichen, um den tatsächlichen Lebensbedarf eines Kindes abzudecken. Der Kindesunterhalt deckt die grundlegenden Bedürfnisse eines Kindes ab, viele andere Bedarfe finden im regulären Kindesunterhalt der Düsseldorfer Tabelle keinen Niederschlag.
In der Düsseldorfer Tabelle ist in Abhängigkeit vom Alter des Kindes und dem bereinigten Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils die Höhe des Unterhalts für das Kind bemessen. Grundsätzlich ist also davon auszugehen, dass der Unterhaltsbetrag laut Düsseldorfer Tabelle den Lebensbedarf des Kindes in voller Höhe abdeckt. Egal, welche Kosten anstehen: Sie müssen mit diesem Geld irgendwie auskommen. Inwieweit davon Ausnahmen denkbar sind, erörtern wir später.
Deckt der Kindesunterhalt die Kosten zum Führerscheinerwerb ab?
Im Alltag der Familien geht es zum Beispiel darum, ob der Unterhaltsbetrag den Kostenaufwand für den Führerschein abdeckt. Der betreuende Elternteil und das Kind erwarten oft, dass der unterhaltspflichtige Elternteil dafür über den Betrag der Düsseldorfer Tabelle hinausgehendes Geld bereitstellt.
Die Kosten für den Führerschein sind im besagten Existenzminimumbericht nicht ausdrücklich aufgeführt. So müsste man also davon ausgehen, dass die Kosten für den Führerschein im Lebensbedarf des Kindes erfasst sind und nicht zusätzlich eingefordert werden können. So lautet jedenfalls die Regel.
Die Konsequenz daraus ist, dass der betreuende Elternteil und das Kind die Kosten für den Führerschein ansparen müssen. Schließlich sind die Kosten nicht unvorhersehbar. Auch besteht keine Verpflichtung, den Führerschein zu erwerben, auch wenn es geboten erscheint, dass das Kind aus beruflichen Gründen im Besitz eines Führerscheins sein sollte. Dies bedeutet, dass das Geld für den Kindesunterhalt zwar frei verwendet werden kann, dann aber das Risiko besteht, dass für den Führerschein nichts mehr übrigbleibt.
Können Kosten für Führerschein als Mehrbedarf oder Sonderbedarf geltend gemacht werden?
Eine Ausnahme von der Regel, dass bestimmte Lebensbedarfe im Unterhalt der Düsseldorfer Tabelle enthalten sind, kommt in Betracht, wenn die Kosten für den Führerschein Mehrbedarf oder Sonderbedarf darstellen. Hierzu gibt es gerichtliche Entscheidungen, aus denen sich aber keine wirklich verlässliche Linie oder gar Handlungsempfehlung ablesen lässt.
Amtsgericht Würzburg: Kosten für Fahrerlaubnis allenfalls Mehrbedarf
Das Amtsgericht Würzburg (Beschluss v. 2.2.2018, Az. 7 F 2228/17) hat jedenfalls festgestellt, dass es sich bei den Kosten für den Führerschein allenfalls um Mehrbedarf handelt, nicht aber um Sonderbedarf.
GUT ZU WISSEN
Was sind Mehr- und Sonderbedarf?
DerMehrbedarf stellt Kosten für ein Kind dar, die während eines längeren Zeitraums regelmäßig anfallen und von den Regelsätzen der Düsseldorfer Tabelle nicht abgedeckt sind. Sonderbedarf ist hingegen ein unregelmäßig außergewöhnlich hoher Bedarf, der überraschend auftritt und nicht vorhersehbar ist. Da der Anfall der Führerscheinkosten vorhersehbar ist und nicht überraschend auftritt, kann der Kostenanfall jedenfalls nicht als Sonderbedarf geltend gemacht werden. Die Kosten sind planbar und zählen zum laufenden Unterhalt. Es kommt dann auch nicht darauf an, ob der Führerschein Teil der angemessenen Ausbildung des Kindes ist und eventuell zu berücksichtigen wäre.
Soweit das Amtsgericht Mehrbedarf anerkannt hat, könne dieser aber nur realisiert werden, wenn sich der unterhaltspflichtige Elternteil in Verzug befindet oder der Mehrbedarf zu einem Zeitpunkt anfällt, zu dem er zur Auskunft über sein Vermögen aufgefordert wurde. Mehrbedarfskosten müssen daher voraussehbar sein, sodass der unterhaltspflichtige Elternteil ab dem Zeitpunkt der Vorhersehbarkeit aufgefordert werden muss, sich an den Kosten zu beteiligen. Beim Sonderbedarf dagegen wären rückwirkende Forderungen problemlos ohne weitere Voraussetzungen möglich.
Kammergericht Berlin: Führerscheinkosten kein Sonderbedarf
Auch das Kammergericht Berlin (Beschluss v. 22.11.2003, Az: 18 WF 431(03) hat klargestellt, dass es sich bei den Führerscheinkosten nicht um Sonderbedarf handeln kann, da der Kostenaufwand für den Führerschein nicht überraschend ist.
OLG Karlsruhe: Mehrbedarf bei Verbesserung der Berufschancen
Mehrbedarf kann in Betracht kommen, wenn damit verbesserte Berufschancen des Kindes verbunden sind (OLG Karlsruhe, FamRZ 2012, 1573).
Allgemein ist festzustellen, dass die Kosten eines Führerscheins unterschiedlich beurteilt werden. In keinem Fall sind diese jedoch Sonderbedarf. Mehrbedarf bedarf der eingehenden Begründung im Einzelfall. Ansonsten und grundsätzlich sind die Kosten für den Führerschein „Privatvergnügen“. Für den Führerschein muss dann gespart werden.
Was ist, wenn das Kind volljährig ist?
Ist das Kind volljährig und möchte den Führerschein erwerben, kommen Sonderbedarf und Mehrbedarf im Regelfall nicht mehr in Betracht. Sonder- und Mehrbedarf setzt das Zusammenleben mit mindestens einem minderjährigen Kind voraus. Minderjährig ist ein Kind, solange es das 18. Lebensjahr nicht vollendet hat.
Führerscheinerwerb während des Studiums
Ein volljähriges Kind, das ein Studium absolviert und nicht mehr bei einem Elternteil wohnt, hat Anspruch auf in der Regel monatlich 930 € Unterhalt. Von diesem Betrag kann nach der Düsseldorfer Tabelle zwar bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern nach oben abgewichen werden. Ob der Führerscheinerwerb einen erhöhten Bedarf darstellt, scheint zweifelhaft, da mit dem Unterhalt der Lebensbedarf des volljährigen Kindes vollständig abgedeckt sein sollte und das Kind im Übrigen für sich selbst verantwortlich ist.
Führerscheinerwerb während der Ausbildung
Absolviert das Kind eine Berufsausbildung und erhält eine Auszubildendenvergütung, gilt diese als Einkommen, das den Lebensbedarf des Kindes vollständig abdeckt. Ein Anspruch auf Mehrbedarf oder Sonderbedarf scheidet damit auch aus.
Sich glücklich schätzen können jedoch all jene, die sich zur Ausbildung bei der Bundeswehr melden – diese unterhält eigene Fahrschulen, mit denen neben der Führerscheinklasse B für PKW auch weitere Lizenzen erworben werden können. Die Kosten hierfür fallen logischerweise kaum noch ins Gewicht. Da man bei der Bundeswehr Sold bekommt, wird man im Normalfall jedoch ohnehin nicht mehr durch elterlichen Unterhalt unterstützt.
Alles in allem
Geht es um die Kosten für den Führerschein, dürfen alle Beteiligten ruhig an einem Strang ziehen. Es lässt sich der Standpunkt vertreten, dass sich ein verantwortungsvoller und finanziell leistungsfähiger Elternteil an den Kosten beteiligt und nicht unbedingt darauf verweist, dass der Unterhalt mit den normalen Unterhaltszahlungen abgedeckt sei. Genauso gut kann auch der betreuende Elternteil einen Beitrag leisten und sollte nicht darauf verweisen, dass mit der Betreuung des Kindes der Verantwortung Genüge getan sei. Nicht zuletzt ist auch beim Kind eine gewisse Eigeninitiative gerechtfertigt, um sich für den Führerschein etwas dazuzuverdienen. Wer weiß – vielleicht ist man nach bestandener Fahrprüfung dadurch noch ein wenig stolzer auf seinen „Lappen“!