Kinder und Karriere unter einen Hut bringen ist eine große Herausforderung, insbesondere für Alleinerziehende. Dabei steht Ihnen vom anderen Elternteil auch nach der Trennung bzw. Scheidung noch eine gewisse Unterstützung zu. Auch von staatlicher Seite können sie sich Hilfe für den Wiedereinstieg oder erstmaligen Einstieg ins Berufsleben sichern.
Unterhalt für Betreuung von Kindern bis 3 Jahre
Bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Ihres Kindes haben Sie Anspruch auf Betreuungsunterhalt und brauchen in dieser Zeit keiner Erwerbstätigkeit nachzugehen (§ 1570 BGB). Der Betreuungsunterhalt hat seinen Grund nicht darin, dass Sie verheiratet waren, sondern ist Ausdruck der gemeinsamen elterlichen Verantwortung für Ihr Kind. Ihr Kind soll, auch wenn Sie jetzt geschieden oder getrennt sind, die gleichen Entwicklungschancen haben wie Kinder, die in einer bestehenden Ehe leben.
Vollendet das Kind das dritte Lebensjahr, sind Sie dem Grundsatz nach erwerbpflichtig. Ihre Erwerbspflicht hängt von der Lebenssituation Ihres Kindes sowie davon ab, inwieweit Sie angemessene Betreuungsmöglichkeiten für das Kind finden. Je älter das Kind wird, desto mehr erwächst Ihre Verantwortung, Ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Ist das Kind jedoch wegen einer körperlichen oder geistigen Behinderung betreuungsbedürftig, verlängert sich Ihr Unterhaltsanspruch, wenn Ihr Kind Ihrer Betreuung bedarf.
Wie viel und wie lange müssen Sie arbeiten?
Ist Ihr Kind drei Jahre alt, müssen Sie eigenes Geld verdienen, soweit das Kind nicht mehr ständig persönlich betreut werden muss und die Betreuung des Kindes während Ihrer häuslichen Abwesenheit durch die Betreuung in einer Betreuungseinrichtung (Kindergarten, Schule) gewährleistet ist. Sie sind aber nicht ohne Berücksichtigung der Umstände Ihrer Lebenssituation pauschal verpflichtet, ab dem dritten Lebensjahr einer Beschäftigung nachzugehen. In Interesse des Kindeswohls ist vielmehr ein gestufter Übergang in die Vollerwerbstätigkeit vorgesehen.
GUT ZU WISSEN
Wiedereinstieg mit wenigen Stunden plus Unterhalt möglich
Soweit es um eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts, insbesondere aus kindbezogenen Gründen geht, stellt der Bundesgerichtshof keine überzogenen Anforderungen (BGH FamRZ 2009, 770). Unter Einbeziehung
- Ihrer Arbeitszeit,
- Ihres Arbeitsweges
- sowie der Öffnungszeiten der Betreuungseinrichtung
wird auch bei einem Kind über drei Jahre zunächst nur eine Tätigkeit im Umfang eines Geringverdieners oder einer Teilzeitarbeit in Betracht kommen. Dies gilt umso mehr, als Sie mehrere Kinder zu betreuen haben. Müssten Sie nämlich alle im Haushalt anfallenden Tätigkeiten im Anschluss an die Drittbetreuung während der Anwesenheit des Kindes oder abends erledigen, kann sich daraus eine unzumutbare Doppelbelastung ergeben, wenn Sie zugleich noch arbeiten müssten.
Sie sind also nicht verpflichtet, im gesamten Zeitraum der Drittbetreuung zu arbeiten. Vielmehr sind auch die Wege zur Arbeit und zurück zur Wohnung sowie Ihre Haushaltstätigkeiten angemessen zu berücksichtigen. Wird also das Kind beispielsweise für 25 Stunden betreut, kann nicht verlangt werden, dass Sie als Alleinerziehende auch 25 Stunden arbeiten.
Was war das Altersphasenmodell?
Früher gab es das sogenannte Altersphasenmodell. Danach konnte einem Elternteil eine Erwerbstätigkeit bei der Betreuung eines Kindes unter acht Jahren und bis zur Beendigung der zweiten Grundschulklasse im Regelfall nicht zugemutet werden. Bei Kindern zwischen acht und elf Jahren kam es auf die konkreten Umstände im Einzelfall an. Bei Kindern zwischen dem elften und 15. Lebensjahr war dem betreuenden Elternteil eine Teilzeitbeschäftigung zuzumuten und erst ab Vollendung des 15. Lebensjahres wurde eine Erwerbstätigkeit in Vollzeit erwartet. Der Bundesgerichtshof hat von diesem Altersphasenmodell Abstand genommen. Eine Anknüpfung der Verlängerung des Betreuungsunterhalts allein an das Alter des Kindes kommt nicht mehr in Betracht (BGH FamRZ 2009, 770).
Der Gesetzgeber hatte mit der Unterhaltsrechtsreform 2008 zudem bereits klargestellt, dass Sie als alleinerziehender Elternteil zwar für sich selbst sorgen müssen, soweit das Kind drei Jahre alt wird. Ihr Unterhaltsanspruch verlängert sich aber über das dritte Lebensjahr des Kindes hinaus, wenn die Lebenssituation des Kindes oder Ihre Lebenssituation eine Verlängerung rechtfertigen.
Zum Wohl des Kindes entscheiden
Ist Ihr Kind so alt, dass es nach Schulschluss und bis zur Beendigung Ihrer Erwerbstätigkeit sich selbst überlassen werden kann, braucht es zwar keine durchgehende Betreuung mehr. Trotzdem ist darauf zu achten, dass dadurch nicht schulische oder pubertätsbedingte Probleme entstehen, die in der Konsequenz doch wieder Ihre Betreuung erfordern. Insoweit ist das Alter des Kindes lediglich eines von mehreren zu berücksichtigenden Kriterien.
Welche Rolle spielt die Betreuungsmöglichkeit für Kinder ab drei Jahren?
Wird Ihr Kind drei Jahre alt, brauchen Sie trotzdem nicht oder nur teilweise zu arbeiten, soweit das Kind ein besonderes Betreuungsbedürfnis hat. Ein solches Bedürfnis kann vorliegen bei
- Schwierigkeiten in der Schule
- körperliche oder geistige Beeinträchtigungen
- Belastung durch Trennung und Scheidung
- schwere Verhaltensauffälligkeiten
Letztlich kommt es immer auf die Umstände im Einzelfall an. Als alleinerziehender Elternteil sind Sie jedoch verpflichtet, sich nach dem dritten Lebensjahr des Kindes um eine angemessene Betreuungsmöglichkeit zu bemühen und Ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Ihre Pflicht, Fremdbetreuung in Anspruch zu nehmen, findet dort ihre Grenze, wo die Betreuung durch Dritte nicht mit dem Kindeswohl vereinbar ist. Finden Sie tatsächlich keine ausreichenden Betreuungsmöglichkeiten, sind Sie verpflichtet, diesen Umstand nachzuweisen. Mit Ihrer bloßen Behauptung können Sie Ihren eventuellen Anspruch auf Betreuungsunterhalt jedenfalls nicht rechtfertigen. Je mehr Sie schriftlich dokumentieren, umso besser ist Ihre Position.
Ausbildungsunterhalt für Alleinerziehende
Mit dem Betreuungsunterhalt für die Betreuung eines Kindes haben Sie zumindest für die ersten Lebensjahre des Kindes eine finanzielle Unterstützung. Irgendwann wird Ihr Anspruch auf Betreuungsunterhalt jedoch ein Ende finden. Um dann den Berufseinstieg zu realisieren, kommt zusätzlich ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt in Betracht.
Sie haben nach Ihrer Trennung oder Scheidung Anspruch auf Ausbildungsunterhalt, wenn Sie wegen Ihrer Ehe eine Ausbildung abgebrochen oder gar nicht erst aufgenommen haben und mithin aus diesem Grund nach der Scheidung unterhaltsbedürftig sind (§ 1575 BGB). Ausbildungsunterhalt hat seine Ursache regelmäßig in ehebedingten Umständen. Meist geht es um die Erziehung der Kinder, die Pflege von Angehörigen des Partners, den berufsbedingten Umzug des Partners oder die Fürsorge für den Partner selbst.
Sie können sich also nach Ihrer Scheidung in einem neu zu erlernenden Beruf ausbilden lassen, in Ihrem erlernten Beruf fortbilden oder umschulen lassen. Das Ziel muss darin bestehen, später im Beruf erwerbstätig zu sein. Ihr Anspruch auf Ausbildungsunterhalt ist auf den Zeitraum begrenzt, in dem Sie eine Ausbildung allgemein abschließen können. Ehebedingte Verzögerungen sind dabei zu berücksichtigen, wenn Sie beispielsweise ein Vorsemester absolvieren müssen, um sich auf den aktuellen Stand des Lehrplans zu bringen.
Finden Sie nach Abschluss Ihrer Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung trotzdem keinen angemessenen Arbeitsplatz, kommt zudem auch noch Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt in Betracht (§ 1573 BGB).
Melden Sie sich arbeitslos
Der Berufseinstieg fällt vielleicht einfacher, wenn Sie sich arbeitslos melden. Die Agentur für Arbeit soll mit Ihrer Arbeitslosmeldung in einer Potenzialanalyse die für die Vermittlung wichtigen beruflichen und persönlichen Fähigkeiten sowie Ihre Eignung für einen Arbeitsplatz feststellen. Die Ergebnisse dieser Analyse sind dann Grundlage einer Eingliederungsvereinbarung. Die Agentur für Arbeit soll dabei
- Ihre individuellen Interessen,
- Kenntnisse,
- Fähigkeiten
- sowie eventuell geschlechtsspezifische Beschäftigungschancen
berücksichtigen und entsprechende Stellenangebote unterbreiten. Dabei berücksichtigt das Sozialgesetzbuch III die besonderen Belastungen für Frauen und konzipiert Maßnahmen, um diese zu berücksichtigen. Die Beauftragten für Chancengleichheit bei den örtlichen Agenturen für Arbeit haben die Aufgabe, geschlechtsspezifische Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt abzubauen. Zu den Fördermöglichkeiten für Frauen gehören die Förderung von Berufsrückkehrerinnen, Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung, Übernahme von Kinderbetreuungskosten während der Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen und Eingliederungszuschüsse.
EXPERTENTIPP
Bildungsgutschein nutzen
Wird festgestellt, dass eine Weiterbildung Ihre Berufschancen erhöht, erhalten Sie einen Bildungsgutschein. Darin wird festgelegt, mit welchem Ziel und wie lange die Weiterbildung durchgeführt werden soll. Diesen Gutschein können Sie bei einem anerkannten Bildungsträger einlösen. Übernommen werden nicht nur die Lehrgangskosten, sondern auch Fahrtkosten und die Kosten einer auswärtigen Unterbringung und Verpflegung. Für die Betreuung Ihres Kindes können Kinderbetreuungskosten übernommen werden. Als betreuungsbedürftig gelten Kinder bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres.
Alles in allem
Der Berufseinstieg ist gerade nach einer Trennung und Scheidung nicht unbedingt einfach. In erster Linie sind Sie persönlich gefordert. Da es eine Reihe von Unterstützungsmöglichkeiten gibt, sollten Sie jede Option prüfen und nutzen. Suchen Sie etwa eine Beratungsstelle für Berufsrückkehrer(innen) in Ihrer Nähe auf. Um Ihre Eingliederung in den Arbeitsmarkt und Ihre Suche nach einer geeigneten Arbeit zu unterstützen, kann die Arbeitsagentur Bewerbungskosten, Reisekosten zu Vorstellungsgesprächen oder Umzugskosten übernehmen. Diese Leistungen sind teilweise mit der Arbeitsagentur verhandelbar. Achten Sie darauf, dass die Kostenübernahme im Voraus beantragt und durch entsprechende Nachweise belegt werden muss.