Weniger Unterhalt durch neue Wohnung mit Kinderzimmer?

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Mittwoch, 06.11.2024 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Um Ihrem Kind während des Umgangs in Ihrer Wohnung ein Kinderzimmer zu bieten, Ihre derzeitige Wohnung aber zu klein ist, könnte es zweckmäßig sein, eine größere Wohnung anzumieten. Nur: Darf man dann wegen der eventuell höheren Miete für die neue Wohnung den Kindesunterhalt kürzen? Wie weit man hierbei gehen kann, lesen Sie am besten hier weiter. Entwickeln Sie während der Lektüre ein Interesse daran, der korrekten Höhe des Kindesunterhals mal so richtig auf den Grund gehen zu wollen, finden Sie hier unser Online-Berechnungsformular für Ihre rechtssichere Unterhaltsberechnung. Mehr dazu auch noch einmal am Ende des Artikels!

EXPERTENTIPP

Mietenunterschied von 150 Euro

Sie wohnen nach Ihrer Trennung in einer 50 m² großen Wohnung. Die beiden Zimmer nutzen Sie als Wohnzimmer und Schlafzimmer. Da Sie Ihrem zehnjährigen Kind nicht zumuten, in Ihrem Schlafzimmer oder auf der Couch im Wohnzimmer zu nächtigen, mieten Sie eine größere Wohnung, die die Einrichtung eines Kinderzimmers erlaubt. Die höhere Miete macht im Unterschied zur früheren Miete 150 € aus. Sie möchten auch den betreuenden Elternteil in die Verantwortung nehmen und kürzen deshalb den Kindesunterhalt um 75 € oder verlangen umgekehrt als betreuender Elternteil, dass sich der unterhaltspflichtige Elternteil mit einem höheren Kindesunterhalt an Ihrem Kostenaufwand beteiligt.

Erlaubt das Gesetz die Kürzung des Unterhalts?

Im Unterhaltsrecht findet sich keine direkte Regelung, die einem Elternteil die Kürzung des Unterhalts erlaubt, eine neue Wohnung mit einem Kinderzimmer anzumieten und deshalb höhere Wohnkosten zu haben.

Selbstbehalte

Aber: In der Düsseldorfer Tabelle werden die Selbstbehalte des nicht betreuenden Elternteils bestimmt. In diesen Selbstbehalten werden für die Unterkunft einschließlich der umlagefähigen Nebenkosten und Heizung im Hinblick auf den

 

  • notwendigen Selbstbehalt 520 € (Selbstbehalt gegenüber minderjährigen und volljährigen privilegierten Kindern, alle Stände: 1.1.2024) sowie
  • im Hinblick auf den angemessenen Selbstbehalt 650 € (Selbstbehalt gegenüber anderen Kindern) berücksichtigt.

 

Dazu ist in der Düsseldorfer Tabelle ausdrücklich bestimmt, dass der notwendige und der angemessene Selbstbehalt erhöht werden können, wenn die Wohnkosten (Warmmiete) 520 € beim notwendigen Eigenbedarf oder 650 € beim angemessenen Eigenbedarf übersteigen und nicht unangemessen sind. Daraus lässt sich der Rückschluss ziehen, dass Sie als betreuender Elternteil den Kostenaufwand für ein Kinderzimmer beim Selbstbehalt geltend machen können. In der Konsequenz wäre der jeweilige Selbstbehalt entsprechend zu erhöhen. Sie würden dann weniger Kindesunterhalt zahlen.

Was ist Luxus und was noch „angemessen“?

Eine Einschränkung ergibt sich insoweit, als der Kostenaufwand für das Kinderzimmer nicht unangemessen sein darf. Die Anmietung einer neuen Wohnung mit Kinderzimmer darf also keinen Luxus darstellen, sondern sollte im Hinblick auf die angemessene Betreuung des Kindes in Ihrer Wohnung nachvollziehbar und gerechtfertigt sein. Da der Wortlaut der Regelung auf den Begriff „nicht unangemessen“ abgestellt, ist entsprechend zu argumentieren. Wenn der betreuende Elternteil die Angemessenheit bestreitet, ist es Ihre Aufgabe, Ihren Standpunkt zu vertreten. Insoweit sollten Sie von vornherein darauf achten, dass die Anmietung einer neuen Wohnung mit Kinderzimmer diese Aspekte berücksichtigt.

Zwei Kinder, zwei Kinderzimmer?

Haben Sie zwei Kinder und möchten Ihr Umgangsrecht wahrnehmen, könnte es unterhaltsrechtlich geboten erscheinen, lediglich ein Kinderzimmer vorzuhalten und die Kinder gegebenenfalls abwechselnd zu sich zu nehmen. Ist es hingegen kindgerecht, den Umgang mit beiden Kindern gleichzeitig wahrzunehmen, könnte es ausreichend erscheinen, beide Kinder in einem Kinderzimmer unterzubringen. Die Anmeldung einer Wohnung mit gleich zwei Kinderzimmern könnte insoweit nicht mehr angemessen erscheinen, so dass Sie den größten Teil des zusätzlichen Kostenaufwandes wahrscheinlich selber tragen müssten.

EXPERTENTIPP

Unterhalt nicht eigenmächtig kürzen

Sehen Sie sich berechtigt, den Kindesunterhalt wegen der Anmietung einer neuen Wohnung mit Kinderzimmer zu kürzen, sollten Sie den betreuenden Elternteil ansprechen und eine geringere Unterhaltszahlung verhandeln. Ist der Kindesunterhalt rechtsverbindlich festgestellt und damit tituliert, sollten Sie keinesfalls eigenmächtig den Unterhalt kürzen. Sie riskieren, dass der betreuende Elternteil aus dem Unterhaltstitel die Vollstreckung einleitet und den titulierten Kindesunterhalt einfordert.

Begründet Kinderzimmer beim betreuenden Elternteil höheren Kindesunterhalt?

Die Frage des Titels lässt sich auch umgekehrt betrachten. Sind Sie der betreuende Elternteil und haben Anspruch auf Kindesunterhalt, lässt sich der Kindesunterhalt nur ausnahmsweise erhöhen, wenn Sie zur angemessenen Unterbringung des Kindes eine neue Wohnung mit einem Kinderzimmer anmieten.

 

Grund ist zunächst, dass nach § 1610 Abs. II BGB der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf des Kindes umfasst. Diesen rechtlichen Ansatz greift die Düsseldorfer Tabelle auf und bestimmt in Abhängigkeit vom unterhaltsrelevanten Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils und dem Alter des Kindes den zu zahlenden Kindesunterhalt. Als betreuender Elternteil müssen Sie mit diesem Geld auskommen.

 

Aber: Der Lebensbedarf des Kindes erhöht sich, wenn Sie als betreuender Elternteil höhere Mietkosten haben, als im Bedarfssatz vorgesehen sind. Zwingend erforderlich ist jedoch, dass es sich um unvermeidbare Mehrkosten handelt (BGH, FamRZ 2016, 887).

Wem gehören die Möbel des Kinderzimmers bei der Scheidung?

Trennen Sie sich vom Ehepartner, ist auch zu klären, wer die Möbel des Kinderzimmers bekommt. Im Regelfall dürfte es sich bei den Möbeln im Kinderzimmer um Ihr gemeinsames Eigentum handeln. Damit hätten Sie die gleichen Rechte wie der Ehepartner und umgekehrt. Sie müssten im Rahmen der Aufteilung des gesamten Haushalts darüber verhandeln, wer welche Haushaltsgegenstände bekommt.

 

Die Aufteilung des Hausrats erfordert ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Ohne die notwendige Kompromissbereitschaft wird es nicht gehen. Ungeachtet dessen sind Sie moralisch möglicherweise im Vorteil, wenn Sie die Möbel des Kinderzimmers vorrangig benötigen, weil Sie das Kind überwiegend betreuen und das Kind sich überwiegend in Ihrer Wohnung aufhält. Der Umstand, dass der andere umgangsberechtigte Elternteil bei der Einrichtung einer neuen Wohnung gleichfalls auf Kinderzimmermöbel angewiesen ist, sollte insoweit zurücktreten. So oder so: Sie werden im gegenseitigen Einvernehmen eine Lösung finden müssen.

Kinderzimmer, wenn es um das Sorgerecht geht

Streiten sich die Elternteile nach der Trennung um das Sorgerecht für das gemeinsame Kind, kann das Vorhandensein eines eigenen Kinderzimmers bei der Mutter einen wichtigen Faktor darstellen, wenn das Aufenthaltsbestimmungsrecht zur Debatte steht (OLG Hamm Az. II-2 UF 211/12).

GUT ZU WISSEN

Historisch betrachtet

Bis ins späte Mittelalter gab es für Kinder kaum eigene Wohnräume. Damals lebten große Familien mit vielen Kindern oft in einem einzigen oder in wenigen Räumlichkeiten. Erst die wirtschaftliche Entwicklung führte dazu, dass das Kind als Individuum mit eigenen Bedürfnissen und Rechten betrachtet wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Kinderzimmer Standard im Familienheim. Es wurde zunehmend von pädagogischen und kindpsychologischen Überlegungen geprägt, in der die Förderung der Persönlichkeit des Kindes im Vordergrund steht. Kinderzimmer sind heute fester Bestandteil des kulturellen Verständnisses von Kindheit. Kinderzimmer sind persönliche Rückzugsorte für Kinder, in dem sie ihre Persönlichkeit entwickeln.

Alles in allem

Möchten Sie Ihr Kind zum Umgang motivieren bzw. ihm eine schöne Umgebung bieten, ist es sicherlich hilfreich, wenn Sie in Ihrer Wohnung über ein Kinderzimmer verfügen. Ob ein damit verbundener höherer Wohnkostenaufwand bei der Bemessung des Kindesunterhalts zu berücksichtigen ist, ist eine Frage, die sich nur im Einzelfall beantworten lässt. Um sich Klarheit zu verschaffen, können Sie hier bei uns Ihre Unterhaltsberechnung beantragen. Beantragen und nicht beauftragen, ganz richtig, da Sie mit Absenden des Formulars noch keine Zahlungspflicht eingehen. Dies geschieht erst, wenn Sie das schriftliche Angebot annehmen, das Ihnen im Nachgang an den Versand der Anfrage und einem Telefonat zugesandt wird. Für weitere Fragen zur Unterhaltsberechnung wenden Sie sich gerne kostenfrei an unseren InfoPoint unter der Nummer 0800 34 86 72 3.

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