Fordern Sie Unterhalt, bestimmt sich die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen sowohl durch seine Erwerbs- als auch durch seine Vermögenseinkünfte. Um den Unterhalt zu leisten, kann der Unterhaltspflichtige sogar verpflichtet sein, seine Immobilie zu verwerten. Sind die Eigentumsverhältnisse an der Immobilie oder deren eventuelle Belastungen unbekannt, könnte das Grundbuch wertvolle Informationen liefern. Daraus ergibt sich die Frage, ob Sie berechtigt sind, Einsicht ins Grundbuch zu nehmen.
Was ist das Grundbuch?
Jedes Grundstück in Deutschland ist nach Länge und Breite vermessen und in einem sogenannten Liegenschaftskataster registriert. Die Eigentumsrechte an einem katastermäßig erfassten Grundstück sind wiederum im Grundbuch dokumentiert. Die Grundbücher werden von den Amtsgerichten geführt. Das Grundbuchblatt des jeweiligen Grundstücks setzt sich aus folgenden Elementen zusammen.
Aufschrift
Die Aufschrift ergibt Auskunft über das Amtsgericht, welches das Grundbuch führt, den Grundbuchbezirk und die Nummer des Bandes und des Blattes, wo das Grundstück verzeichnet ist. Beispiel:
- Amtsgericht Saarbrücken,
- Grundbuch von Neunkirchen,
- Band 3,
- Blatt 1234.
Bestandsverzeichnis
Im Bestandsverzeichnis wird das Grundstück nach Maßgabe des Liegenschaftskatasters nach Gemarkung, Flur und Flurstücknummer bezeichnet. Beispiel:
- Flur 47,
- Flurstück 2233,
- Wohnhaus mit Hof und Garten in Göttelborn,
- Hauptstraße 22,
- Größe 700 m².
Abteilungen - die wichtigste Informationsquelle
In Abteilung I steht der Name des Eigentümers. Sind mehrere Personen Eigentümer, wird deren Anteils- oder Gemeinschaftsverhältnis eingetragen.
In Abteilung II finden Sie bestimmte Belastungen des Grundstücks, zum Beispiel Eintragung einer Auflassungsvormerkung, wenn der Eigentümer das Grundstück verkauft hat und die Eigentumsumschreibung im Grundbuch noch nicht vollzogen wurde. Eingetragen wird hier auch das Wohnungsrecht, wenn der Eigentümer einer bestimmten Person zugesichert hat, in der Immobilie wohnen zu dürfen. Wird die Immobilie zwangsversteigert, steht in Abteilung II ein Zwangsversteigerungsvermerk.
In Abteilung III erscheinen die Belastungen des Grundstücks. Hier werden Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden eingetragen. Wurde das Grundstück über eine Bank finanziert, findet sich in Abteilung III meist eine Grundschuld zugunsten der finanzierenden Bank. Soweit eine Belastung erledigt ist, wird sie im Grundbuch durchgestrichen und gerötet.
Wer ist zur Einsicht ins Grundbuch berechtigt, wer nicht?
Möchten Sie das Grundbuch einsehen, müssen Sie ein sogenanntes „berechtigtes Interesse“ darlegen (§ 12 Grundbuchordnung). Ein solches berechtigtes Interesse haben Sie stets dann, wenn Ihre Rechte am Grundstück in irgendeiner Form betroffen sind. Als Eigentümer oder als Gläubiger eingetragener Rechte besteht ein solches Interesse automatisch.
§ 12 Grundbuchordnung will nun vermeiden, dass jemand aus purer Neugierde Einblick ins Grundbuch nimmt. Erforderlich ist ein wenigstens nachvollziehbares und durch die Situation gerechtfertigtes Interesse. Insoweit kommt es im Einzelfall auf die Begründung dieses Interesses an. Wollte man ein solches Interesse allgemein erlauben, könnte jeder behaupten, er sei aus irgendwelchen Gründen interessiert, wer Eigentümer ist oder wie das Grundstück belastet sei. Demzufolge hat auch der Kaufinteressent, der das Grundstück vielleicht kaufen möchte, kein Einsichtsrecht in das Grundbuch. Auch der Makler, der wegen des Verkaufs der Immobilie seinen Provisionsanspruch realisieren möchte, hat kein solches Einsichtsrecht.
Besteht ein Einsichtsrecht ins Grundbuch bei Unterhaltsschulden?
Um das Interesse des Eigentümers an seiner Privatsphäre zu schützen, genügt die Behauptung nicht, jemand möchte Einsehrechte ins Grundbuch, weil möglicherweise oder wahrscheinlich ein Unterhaltsanspruch bestehe. Als derartig ausgewiesener Unterhaltsberechtigter haben Sie gerade kein Recht am Grundstück. Diese Einschränkung gilt zumindest dann, solange das Einsichtsrecht nur der Informationsbeschaffung dient, ohne dass ein konkret formulierter Unterhaltsanspruch besteht.
Anders dürfte die Situation sein, wenn Ihr Unterhaltsanspruch rechtsverbindlich festgestellt (tituliert) ist und somit feststeht, dass Sie Anspruch auf Unterhalt haben. In diesem Fall dient die Einsichtnahme zwar auch der Informationsbeschaffung, beruht aber auf einem rechtsverbindlich festgestellten Anspruch. Da der Rechtspfleger über das Einsichtsgesuch ins Grundbuch nach eigenem Ermessen entscheidet, sollten Sie Ihren Wunsch so konkret formulieren und möglichst nachweisen, dass sich daraus ein berechtigtes Interesse ableiten lässt.
Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
Bezieht der Unterhaltsschuldner als Eigentümer einer Immobilie Einkünfte aus der Vermietung von Wohnungen, ist er verpflichtet, diese Einkünfte auch für den Unterhalt zu verwenden. Einkünfte aus der Vermietung sind als Vermögenserträge nach Abzug der notwendigen Ausgaben in vollem Umfang anrechenbares Einkommen. Soweit die Mieterträge nicht zur Bedienung von Darlehen verwendet werden, die der Finanzierung der Immobilie dienen, sind sie wegen Ihrer Unterhaltsschulden pfändbar. Um zu prüfen, ob der Betreffende als Eigentümer tatsächlich Mieterträge bezieht, kann sich die Einsicht in das Grundbuch empfehlen.
Sicherungshypothek bei Unterhaltsschulden - sinnvoll oder nicht?
Haben Sie einen rechtsverbindlich festgestellten Unterhaltsanspruch, könnten Sie wegen der Unterhaltsschulden des unterhaltspflichtigen Elternteils oder Ex-Partners eine Sicherungshypothek ins Grundbuch eintragen lassen. Die Sicherungshypothek dient der Sicherung Ihrer Forderung. Mit der Sicherungshypothek haben Sie ein Druckmittel in der Hand. Sie könnten die Zwangsversteigerung des Grundstücks betreiben und aus dem Erlös Ihren Unterhalt beziehen.
Tragen Sie dem Grundbuchamt Ihre Absicht vor, wegen der Unterhaltsschulden des Eigentümers eine Sicherungshypothek ins Grundbuch eintragen zu lassen, lässt sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ein berechtigtes Interesse zur Grundbucheinsicht begründen (OLG München, Beschluss vom 2.9.2015, Az. 34 Wx 43/15: bei Eintragung einer Sicherungshypothek auf Antrag eines Bauunternehmers).
Aber: Eine Zwangsversteigerung aufgrund einer eingetragenen Sicherungshypothek macht nur Sinn, wenn Sie genau wissen, dass der Unterhaltspflichtige zugleich Eigentümer der Immobilie ist und der Erlös aus einer eventuellen Zwangsversteigerung ausreicht, Ihre Forderung wegen der Unterhaltsschulden zu begleichen. Wurde das Grundstück zwischenzeitlich verkauft oder ist bereits eine Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers eingetragen, geht Ihre Sicherungshypothek ins Leere.
Anhand der Eintragungen in Abteilung III können Sie ungefähr beurteilen, in welcher Form das Grundstück belastet ist. Jede Grundschuld oder Hypothek, die bereits eingetragen ist, geht im Rang einer später eingetragenen Sicherungshypothek vor. In der Zwangsversteigerung würde der Erlös also zunächst darauf verwendet, die Kosten des Versteigerungsverfahrens zu decken und die vor Ihrer Zwangssicherungshypothek eingetragene Grundschuld oder Hypothek zu bedienen. Nur dann, wenn vom Erlös noch Geld übrigbleibt, kommen Sie zum Zuge.
Gegen eine Sicherungshypothek spräche, dass Sie als Gläubiger wegen der eventuellen Zwangsversteigerung die Kosten für ein vom Amtsgericht in Auftrag zu gebendes Verkehrswertgutachten aus eigener Tasche vorschießen müssten. Das Geld bekämen Sie zwar aus dem Versteigerungserlös zurück, müssten aber dafür in Vorlage treten.
Alles in allem betrachtet ist eine Sicherungshypothek eine prüfenswerte Option, dürfte aber in der Praxis bei bestehenden Unterhaltsschulden keine wirkliche Lösung darstellen.
Wie erfolgt die Einsichtnahme in das Grundbuch?
Wünschen Sie Einsicht in das Grundbuch, ist der Rechtspfleger beim Grundbuchamt zuständig. Sie müssen Ihr Interesse nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Idealerweise legen Sie Ihren Unterhaltstitel vor. Sie erhalten den Grundbuchauszug in unbeglaubigter Form oder auf ausdrücklichen Wunsch auch in beglaubigter Form. Die Einsichtnahme ist gebührenpflichtig.
EXPERTENTIPP
Rechtsanwälte helfen bei der Formulierung
Rechtsanwälte haben von Berufs wegen kein Einsichtsrecht das Grundbuch. Ein Einsichtsrecht von Amts wegen haben lediglich Notare. Rechtsanwälte sind aber in der Lage, Ihren eventuell bestehenden Anspruch auf Einsicht in das Grundbuch vorab zu prüfen und so zu formulieren, dass Ihr Gesuch Erfolg hat.
Angaben aus dem Grundbuch zur Überprüfung des Unterhaltsempfängers
Werden Sie als Unterhaltsschuldner wegen Unterhalt in Anspruch genommen, mutet das Gesetz dem geschiedenen Ehegatten (Unterhaltsgläubiger) grundsätzlich zu, den Stamm des Vermögens zu verwerten, ehe er/sie den Partner wegen des Unterhalts in Anspruch nimmt (§ 1577 Abs. III BGB). Insoweit sind Sie darauf angewiesen, sicher zu wissen, ob der Ex-Partner Eigentümer und inwieweit die Immobilie möglicherweise belastet ist und eine Verwertung eventuell unwirtschaftlich wäre.
Der Ehegatte ist zur Verwertung dann nicht verpflichtet, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig, sprich unfair oder ungerechtfertigt, wäre. So wäre beispielsweise der Verkauf eines kleinen Eigenheimes dann unwirtschaftlich, wenn eine entsprechende Mietwohnung auf Dauer teurer wäre oder die Immobilie über Maßen belastet ist. Gleiches gilt, wenn der Ex-Partner mit der Immobilie Erträge erzielt und dadurch seine Bedürftigkeit mindert oder sich bereits eine erhebliche Wertsteigerung abzeichnet.
GUT ZU WISSEN
Was bedeutet der öffentliche Glaube des Grundbuchs?
Grundbücher genießen „öffentlichen Glauben“. Nehmen Sie Einblick in das Grundbuch, dürfen Sie sich darauf verlassen, dass alles, was im Grundbuch eingetragen ist, als richtig vermutet wird (§ 892 BGB). Der öffentliche Glaube begründet sich auf dem Grundsatz des Grundbuchrechts, wonach Grundbücher vollständig, übersichtlich und zuverlässig geführt werden.
Alles in allem
Die Einsichtnahme in das Grundbuch kann bei Unterhaltsschulden eine wertvolle Informationsquelle sein, um die Realisierbarkeit und Durchsetzbarkeit von Unterhaltsansprüchen und die Abwehr solcher Ansprüche zu beurteilen. Da es dabei meist um eine Reihe komplexer Fragen steht, sollten Sie Ihren Rechtsanwalt oder Ihre Rechtsanwältin zu Rate ziehen, mit welcher Strategie Sie Ihr Ziel am besten verfolgen.