Wer bei seinen Eltern wohnt, geht davon aus, dass Räumlichkeiten, Kost und Logis gratis gewährt werden. Leben Eltern volljähriger Kinder getrennt, und das Kind bei einem der Eltern in der Wohnung, kann der wohnungsgebende Elternteil von seiner Unterhaltsschuld einen Teil für die Miete abziehen. Zieht sich diese Situation in die Länge, und wohnt das Kind auch nach dem Abschluss der Berufsausbildung daheim, fragen sich manche Eltern vielleicht, ob es jetzt einmal Zeit ist, eine direkte Mietzahlung zu erheben.
Miete, wenn das Kind in der Wohnung eines Elternteils lebt
Sie sind als Elternteil gegenüber Ihrem volljährigen Kind unterhaltspflichtig, wenn es ein privilegiertes Kind ist. Ihr Kind zählt unterhaltsrechtlich als privilegiertes Kind, wenn es
- das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat,
- sich in der Schul- oder Berufsausbildung befindet
- und/oder in Ihrem Haushalt wohnt.
Allerdings ist das volljährige Kind ab seinem 18. Geburtstag nicht mehr betreuungsbedürftig. Es ist schließlich volljährig. Die Konsequenz ist, dass beide Elternteile an sich Barunterhalt schulden. Dann sind beide Elternteile nach Maßgabe ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit zum Barunterhalt verpflichtet. Dies gilt auch für denjenigen Elternteil, bei dem das Kind lebt.
Leistet dieser Elternteil jedoch Naturalunterhalt in Form von Wohnung, Kleidung oder Verpflegung, ist der Naturalunterhalt mit dem Barunterhalt zu verrechnen. Auch das volljährige Kind hat keinen Anspruch darauf, statt Naturalunterhalt den Unterhalt in Bargeld zu verlangen (OLG Brandenburg, Urteil vom 15.3.2017, Az. 9 UF 288/17). Das Recht des Kindes auf freie Selbstbestimmung tritt insoweit hinter das elterliche Bestimmungsrecht zurück. Die finanziellen Interessen der Eltern genießen insoweit Vorrang.
Praxisbeispiel
Wie hoch man einen Gegenwert fürs Wohnen ansetzen könnte
Sie leben getrennt und Ihr Sohn wohnt in Ihrem Haus. Aufgrund Ihres Einkommens müssten Sie gemeinsam mit dem anderen Elternteil rechnerisch laut Düsseldorfer Tabelle mindestens 628 EUR Kindesunterhalt zahlen. Abzüglich des Kindergeldes von 250 EUR verblieben noch 378 €. Dieser Unterhaltsbetrag verteilt sich auf die Eltern nach Maßgabe ihres Einkommens. Verdienen beide Elternteile ungefähr gleich viel, schuldet jeder Elternteil 189 € Kindesunterhalt.
Lassen sich die Naturalleistungen für die Gewährung von Wohnung und Verpflegung mit einem Gegenwert von zum Beispiel 120 EUR veranschlagen, schulden Sie nach Verrechnung von Naturalunterhalt und Barunterhalt noch 69 EUR Barunterhalt. Der andere Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt und gleichfalls barunterhaltspflichtig ist, bleibt in Höhe von 189 € zum Unterhalt verpflichtet. Zusammen mit dem Kindergeld verfügt das Kind über insgesamt 508 €.
Miete, wenn das Kind auch Einkommen hat
Wenn das Kind Einkommen hat, kann dieses je nach Art auf den Unterhalt angerechnet werden.
BAföG
Bezieht das Kind 500 € BAföG, zählt BAföG als Einkommen und wird auf seinen Unterhaltsanspruch angerechnet. Der Unterhaltsanspruch von 503 € würde sich also auf drei Euro reduzieren und wäre auf beide Elternteile zu verteilen. Unter Einbeziehung von Kost und Logis bräuchten Sie als derjenige Elternteil, bei dem das Kind wohnt, nichts mehr zu zahlen. Bezieht das Kind eine Ausbildungsvergütung, wäre die Ausbildungsvergütung abzüglich einer Ausgabenpauschal von 100 EUR als Einkommen zu berücksichtigen.
Arbeitslohn, vor einer Berufsausbildung
Beschließt das Kind nach der Schulausbildung erst einmal als ungelernte Arbeitskraft eigenes Geld zu verdienen, ist es gleichfalls als nicht mehr privilegiertes Kind nicht mehr unterhaltsberechtigt. Sein Einkommen sichert seinen Lebensunterhalt. Beschließt das Kind danach ein Studium aufzunehmen, entsteht Ihre Unterhaltspflicht aufs Neue. Bezieht das Kind BAföG, ist der Betrag auf den Unterhalt anzurechnen.
Praxisbeispiel
Wohnraumgebender Elternteil entscheidet über Form des Unterhalts
Ist Ihr Kind als privilegiertes Kind noch unterhaltsberechtigt, steht Ihnen als Elternteil das Recht zu, über die Art der Unterhaltsgewährung zu entscheiden. Lebt das Kind in Ihrer Wohnung, legen Sie fest, dass der Unterhalt in Form von Kost und Logis entgegenzunehmen ist und bestenfalls ein angemessenes Taschengeld gewährt wird. Das Recht des volljährigen Kindes auf freie Selbstbestimmung tritt hinter Ihr Bestimmungsrecht zurück, da Ihre finanziellen Interessen Vorrang genießen. Insbesondere hat das Kind keinen Anspruch, aus Ihrer Wohnung auszuziehen und in einer eigenen Wohnung zu leben. Nur dann, wenn es dem Kind aus persönlichen Gründen oder wegen besonders schwieriger Konflikte in der Eltern-Kind-Beziehung unzumutbar ist, in der elterlichen Wohnung leben zu müssen, muss Ihr wirtschaftliches Interesse zurücktreten und begründet den Anspruch des Kindes auf eine eigene Unterkunft. Gelegentliche emotionale Ausbrüche genügen dafür nicht (OLG Brandenburg Urteil vom 15.3.2007, Az. 9 WF 288/07).
Kann ich von meinem volljährigen Kind Miete verlangen?
Sie können von Ihrem volljährigen Kind Miete verlangen, wenn Sie dem Kind gegenüber nicht mehr unterhaltspflichtig sind. Ihre Unterhaltspflicht gegenüber Ihrem volljährigen Kind entfällt, wenn Ihr Kind nach dem 18. Lebensjahr nicht mehr als privilegiertes Kind zählt. Seine Privilegierung erlischt, wenn es zwar noch in Ihrer Wohnung wohnt, aber keine Schul- oder Berufsausbildung absolviert.
Zwar schulden Sie dem Kind eine angemessene Berufsausbildung, sind aber nicht verpflichtet, es zu unterhalten, wenn es darauf verzichtet, sich um eine Schul- oder Berufsausbildung zu bemühen. In diesem Fall ist das volljährige Kind für seinen Lebensunterhalt selbst verantwortlich, mit der Konsequenz, dass Sie ihm Kost und Logis durchaus in Rechnung stellen könnten. Das Problem dabei dürfte aber sein, dass das Kind mangels eigenen Einkommens kaum in der Lage sein wird, Ihnen eine Miete zu entrichten. Bestenfalls würde es sich vielleicht befleißigt fühlen, auch als ungelernte Arbeitskraft irgendwie und irgendwo Geld zu verdienen.
Soweit das Kind darauf vertraut, dass es nach wie vor im „Hotel Mama oder Papa“ auf Ihre Kosten wohnen darf, werden Sie im Interesse des Kindes darauf drängen müssen, dass das Kind sich entweder um eine Berufsausbildung bemüht oder aus der Wohnung auszieht und sich gegebenenfalls mit öffentlichen Sozialleistungen über Wasser hält. Ungeachtet dessen steht es Ihnen frei, das Kind in Ihrer Wohnung auch mietfrei wohnen zu lassen. Leben Sie in einer Mietwohnung, könnte es sein, dass der Vermieter Einwände erhebt, dass das volljährige Kind weiter in der Wohnung lebt.
Auch wenn Sie Bedenken haben, haben Sie als Elternteil Anspruch darauf, dass das nicht privilegierte volljährige Kind aus der elterlichen Wohnung auszieht. Dem volljährigen Kind steht kein gesetzliches Recht zu, in der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils zu leben. Sie dürfen erwarten und können rechtlich darauf bestehen, dass sich das volljährige nicht privilegierte Kind, das Ihre Wohnung nicht verlassen möchte, an den Kosten für seine Unterkunft und seine Verpflegung in Ihrem Haushalt angemessen beteiligt.
Was ist bei einem Mietvertrag zwischen Eltern und Kind zu beachten?
Schließen Sie als Eigentümer Ihrer Immobilie mit Ihrem Kind einen Mietvertrag oder Untermietvertrag, sollten Sie auf gewisse Details achten, sofern Sie in Ihrer Einkommensteuererklärung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung deklarieren wollen. In Betracht kommt die Abschreibung der gekauften Eigentumswohnung, die Zinsen für den Kapitaldienst bei der Bank oder sonstige Werbungskosten, die im Zusammenhang mit der Unterhaltung der Wohnung anfallen.
Damit alle diese Kosten berücksichtigungsfähig sind, dürfen Sie keine unangemessen niedrige Miete vereinbaren. Übersteigen die Kosten die Mieteinnahmen, ergeben sich in der Steuererklärung Verluste. Sie riskieren, dass das Finanzamt den Einwand erhebt, dass der Mietvertrag nur zum Zweck der Steuerersparnis gestaltet wurde und die Anerkennung der Werbungskosten versagt bleibt.
Möchten Sie dieses Risiko vermeiden, kommt es darauf an, dass der Mietvertrag einem Fremdvergleich standhält und keine Indizien bestehen, dass Sie den Mietvertrag nur zum Schein abgeschlossen haben. Fremdvergleich bedeutet, dass der Mietvertrag mit Ihrem Kind tatsächlich genauso gestaltet und durchgeführt wird, wie es auch bei der Vermietung an einen fremden Dritten der Fall gewesen wäre. Wegen der vielgestaltigen Details sollten Sie sich möglichst rechtlich beraten lassen.
Alles in allem
Die Unterhaltspflicht gegenüber volljährigen Kindern erweist sich in der Praxis oft als Problem. Eltern und Kinder stehen in einer gegenseitigen Verantwortung. Einerseits sind die Eltern gegenüber Ihrem volljährigen privilegierten Kind unterhaltspflichtig, andererseits ist das Kind rechtlich und moralisch verpflichtet, für seinen eigenen Lebensunterhalt zu sorgen und sich nachhaltig um eine Schul- und Berufsausbildung zu bemühen. Vernachlässigt oder ignoriert das Kind seine Pflicht, verliert es seinen Unterhaltsanspruch und muss damit rechnen, dass es sich an Unterkunft und Verpflegung beteiligen muss.