Bares nur gegen Wahres. So könnten Sie als Elternteil Ihren Sohn oder Ihre Tochter auffordern, Sie über den Stand der Ausbildung zu informieren. Ernten Sie nur Schweigen im Walde, erscheint es naheliegend, die Unterhaltszahlungen einzustellen und den Nachwuchs mit dem nötigen Druck zu veranlassen, Sie über den Ausbildungsstand zu informieren. Egal, wie Ihr persönliches Verhältnis zum Kind ist, es ist jedenfalls immer vorteilhaft, den rechtlichen Rahmen zu kennen, in dem Sie und das Kind sich bewegen.
Ihr Kind ist minderjährig
Ist Ihr Kind minderjährig, sind Sie als Elternteil sorgeberechtigt und gesetzlicher Vertreter des Kindes. Sie haben bedingungslos Anspruch darauf, über sämtliche Belange des Kindes und insbesondere auch seinen Ausbildungsstand in der Schule oder in einem Ausbildungsbetrieb informiert zu werden. Es nutzt dem Kind also letztlich nichts, wenn es gegenüber den Eltern Noten verheimlichen möchte.
Bei Schülern sind Schule und Lehrer verpflichtet, die Eltern über
- Noten,
- schulisches Verhalten,
- den Unterricht,
- Auswahl des Stoffes
- und die Bewertungsmaßstäbe zu informieren.
Zugleich ist die Schule verpflichtet, die Eltern zu informieren, wenn der Nachwuchs unzureichende schulische Leistungen erbringt. Nur so wird die Chance gewahrt, das Kind zu motivieren, sich in der Schule zu engagieren.
Ist das Kind Auszubildender und haben Sie als Elternteil auch den Ausbildungsvertrag unterschrieben, stehen Sie mehr oder weniger auch gegenüber dem Ausbildungsbetrieb in der Verantwortung. Der Ausbildungsbetrieb darf erwarten, dass Sie sich in angemessener und zumutbarer Art und Weise dafür einsetzen, dass der Auszubildende den Anforderungen und Erwartungen der Ausbildung gerecht wird. Ob und inwieweit dies gelingt, steht auf einem anderen Blatt.
Ihr Kind ist volljährig
Wird Ihr Kind volljährig, ist es für sich selbst verantwortlich. Es gilt als eigenständige Person und hat das Recht, in seinen persönlichen Angelegenheiten selbst zu entscheiden. Aber ganz so einfach ist es trotzdem nicht.
Informationsrechte bei Schülern
Wird ein Schüler volljährig, erlöschen zwar grundsätzlich die Informationsrechte der Eltern. Dennoch kann die Schule im Einzelfall davon ausgehen, dass der Schüler einverstanden ist, wenn die Eltern auch über den 18. Geburtstag hinaus informiert werden, es sei denn, dass der Schüler ausdrücklich widerspricht. Nach den Schulgesetzen der Länder sind Schulen gegenüber Eltern volljähriger Schüler zumindest bis zum 21. Lebensjahr durchaus noch verpflichtet, bei wichtigen schulischen Sachverhalten, wie
- Nichtversetzung,
- Nichtzulassung zu einer Abschlussprüfung oder deren Nichtbestehen
- oder bei einem Schulausschluss zu informieren.
Grund für diese Regelung war der Amoklauf eines 19-jährigen Schülers eines Erfurter Gymnasiums im April 2002.
Informationsrechte bei Auszubildenden und Studenten
Ein Ausbildungsbetrieb ist im Regelfall nicht berechtigt und auch nicht verpflichtet, Eltern über den Ausbildungsstand des Auszubildenden zu informieren. Hier dürfte das Persönlichkeitsrecht des Auszubildenden vorrangig sein. Dies gilt umso mehr, als ein Elternteil wegen der Anrechnung der Auszubildendenvergütung als Einkommen meist keinen Unterhalt zu zahlen braucht. Rufen Sie als Elternteil beim Ausbildungsbetrieb an, werden Sie wahrscheinlich keine Auskunft erhalten. Dies bedeutet aber nicht, dass ein um die Entwicklung des Auszubildenden besorgter Ausbilder nicht doch kundtut, dass der Azubi Schwierigkeiten hat, die Ausbildung erfolgreich abzuschließen. Damit ist sicherlich die Hoffnung verbunden, dass Sie als Elternteil möglicherweise einen gewissen Einfluss ausüben könnten und den Auszubildenden motivieren, die Ausbildung voranzutreiben. Insoweit ist ein pauschales Informationsverbot eher fehl am Platz.
Ihr Informationsrecht erhält aber eine bessere Grundlage, wenn Sie den Auszubildenden und dem Studenten Unterhalt leisten. Dies trifft meist zu, wenn die Auszubildendenvergütung oder das BAföG nicht den Betrag erreichen, den Sie als Unterhalt laut Düsseldorfer Tabelle leisten müssten.
In diesen Fällen gilt das Gegenseitigkeitsprinzip. Ihrer Unterhaltspflicht und Ihre Pflicht, dem Kind eine angemessene Berufsausbildung zu finanzieren, steht auf Seiten des Kindes die Verpflichtung gegenüber, die Ausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Sie müssen zwar gewisse Verzögerungen in der Ausbildungszeit hinnehmen, wenn diese auf einem vorübergehenden leichten Versagen des Kindes beruhen. Verletzt aber das Kind nachhaltig diese Pflicht, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig durchzuführen, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein.
Dürfen Sie die Unterhaltszahlungen verweigern?
Die Gretchenfrage ist natürlich, ob Sie Ihre Unterhaltszahlungen verweigern oder zumindest zeitweilig einstellen dürfen, wenn das Kind Sie nicht in zufriedenstellender Form über seinen Ausbildungsstand informiert. Hierzu gibt es hilfreiche Rechtsprechung, mit der sich im Einzelfall konstruktiv argumentieren lässt.
- Nach der Rechtsprechung haben Eltern grundsätzlich ein Informationsrecht, insbesondere auch Anspruch auf Vorlage von Studiennachweisen (BGH FamRZ 1987, 470, BGH FamRZ 1998, 671, OLG Hamm, FamRZ 2005, 60). Sie können verlangen, in regelmäßigen Abständen über den Fortgang der Ausbildung unterrichtet zu werden und sich Belege und Prüfungsnachweise vorlegen zu lassen (OLG Köln, FamRZ 2002, 555).
- Im Studium müssen Belege über die erfolgreiche Teilnahme an Übungen, Seminaren oder Zwischenprüfung vorgelegt werden (OLG Brandenburg DRsp 2010, 11123), während in der Berufsausbildung keine Zwischenzeugnisse geschuldet sein sollen (OLG Brandenburg DRsp 2010, 11123).
- Nach der Rechtsprechung haben Eltern jedenfalls ein Zurückbehaltungsrecht und brauchen nur bei Nachweis des Ausbildungsstandes Unterhalt zu leisten (BGH NJW 1987, 3254, OLG Saarbrücken DRsp 2015, 15471).
- Soweit das Kind unaufgefordert nicht informiert, besteht kein Zurückbehaltungsrecht (OLG Stuttgart NJWE-FER 2000, 80).
- Informiert das Kind nur lückenhaft über seinen Ausbildungsstand, soll der Unterhaltsanspruch auch innerhalb des laufenden Semesters auf den Prüfstand gestellt werden können (OLG Zweibrücken FamRZ 1995, 1006). Ein derart nachlässiges Verhalten kann im Zweifel auf mangelnde Zielstrebigkeit schließen lassen, mit der Konsequenz, dass Sie die Unterhaltzahlungen einstellen dürfen (OLG Hamm FamRZ 2005, 60).
Durch mündliche oder praktische Ausbildungsprüfung gefallen - was nun?
Hat das Kind keinen Erfolg in der Ausbildung, wird es sich überlegen müssen, wie es seine berufliche Zukunft gestaltet. Im Regelfall ist es so, dass Eltern ihren Kindern lediglich eine Erstausbildung finanzieren müssen.
Nach Abschluss der Schule besteht erst einmal eine angemessene Orientierungsphase, die sich nach Alter, Entwicklungsstand und den Lebensumständen des Kindes richtet. Mit dem Verlust der Studienberechtigung an einer Universität wegen zweimaligem Nichtbestehen einer Zwischenprüfung büßt der Student den Anspruch auf Ausbildungsunterhalt regelmäßig ein. Zur Finanzierung eines später aufgenommenen Weiterstudiums sind die Eltern normalerweise nicht verpflichtet (OLG Karlsruhe, FamRZ 1994, 1342). Allerdings kann der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt wieder erwachsen, wenn das Kind nach Verlust des Unterhaltsanspruchs seine Anstrengungen erhöht, sodass ein erfolgreicher Abschluss vielleicht doch noch zu erwarten ist.
Kind verheimlicht Eltern Noten – wie reagieren?
Erhalten Sie keine Information, sollten Sie nicht gleich überzogen reagieren. Je nachdem, welches Verhältnis Sie zum Kind haben, sollten Sie das Kind ansprechen und Verständnis einfordern, dass Sie im Hinblick auf Ihre Unterhaltszahlungen eine angemessene Information über den Ausbildungsstand erwarten. Werden Sie ignoriert, könnte eine erste Maßnahme darin bestehen, dass Sie die Unterhaltszahlungen halbieren. Sie vermeiden damit, dass das Kind über Nacht finanziell an der Wand steht, bekunden aber zugleich, dass Sie das Desinteresse an der Information nicht akzeptieren werden. In letzter Konsequenz wäre dann die Unterhaltszahlung vollständig einzustellen.
Hilfreich ist in jedem Fall, dass Sie das Kind vor jeder Maßnahme mündlich oder notfalls schriftlich informieren. Diese Information ist ähnlich einer Abmahnung im Arbeitsrecht, bei der im Wiederholungsfall die fristlose Kündigung angedroht wird.
Möchten Sie den Schriftverkehr nicht persönlich führen, könnten Sie auch einen Anwalt einbeziehen, der das Kind in höflicher Form mit der richtigen Argumentation drauf hinweist, dass es seiner Informationspflicht Genüge tun möchte und andernfalls die Unterhaltszahlungen eingestellt werden.
Umgekehrt müssen Sie damit rechnen, dass das Kind für den Fall der Einstellung der Unterhaltszahlungen seinerseits anwaltliche Unterstützung in Anspruch nimmt. Sollten Sie dann anwaltlich zur Fortsetzung der Unterhaltszahlung aufgefordert werden, haben Sie wahrscheinlich gute Gründe, dieser Forderung sachgerecht zu begegnen. Im Streitfall empfiehlt sich, dass Sie sich Ihrerseits anwaltlich vertreten lassen.
Alles in allem
Es erscheint ohne Weiteres sach- und interessengerecht, wenn Sie Ihre Unterhaltszahlungen von der Information des Kindes über seinen Ausbildungsstand abhängig machen. Sie sollten aber nicht unbedingt gleich maximalen Druck ausüben. Besser ist, Schritt für Schritt vorzugehen.