Nicht jedes Kind empfindet ein „Hotel Mama/Papa“ als Ideal. Manche können kaum erwarten, das elterliche Nest zu verlassen und in eine eigene Wohnung zu ziehen. Kommt es zu Streit mit den Eltern über den Auszug und den damit verbundenen (Lebens)kosten, reicht es nicht aus, wenn die Pläne nur auf dem Wunsch des Kindes nach Unabhängigkeit beruhen. Ist ein Umzug hingegen nötig, um ein Studium oder eine Ausbildung in einer anderen Stadt anzutreten, kann dies ein guter Grund sein. Die Einkommensverhältnisse spielen bei der Abwägung ebenfalls eine wichtige Rolle. Es kommt also wie immer auf die Umstände im Einzelfall an.
Wer bestimmt, wo das Kind wohnt?
Das elterliche Sorgerecht beinhaltet zugleich das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Der Elternteil mit diesem Recht allein
- bestimmt, wo sich das Kind aufhält
- und entscheidet, ob das Kind in der elterlichen Wohnung verbleibt oder eine eigene Wohnung beziehen darf.
Üben die Eltern nach der Trennung oder Scheidung das gemeinsame Sorgerecht aus, entscheidet derjenige Partner, der das Kind in seiner Obhut hat und seinem Hausstand betreut, wo sich das Kind aufhält. Der betreuende Elternteil hat also auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht und kann bestimmen, dass das Kind in der elterlichen Wohnung verbleibt. Der andere Elternteil, der das Kind nicht seiner Obhut betreut, hat nur eingeschränkt das Recht, über den Aufenthalt des Kindes mitzuentscheiden.
Das elterliche Aufenthaltsbestimmungsrecht dürfte auch damit zusammenhängen, dass mit der Betreuung die Unterhaltspflicht erfüllt wird. Zieht das Kind in eine eigene Wohnung, ist die Betreuung kaum mehr möglich, mit der Konsequenz, dass nun auch der zuvor betreuende Elternteil dem Kind gegenüber barunterhaltspflichtig wird. Insoweit hätte die Entscheidung des Kindes, in eine eigene Wohnung umzuziehen, im Hinblick auf die Unterhaltspflicht auch erhebliche finanzielle Bedeutung.
Mietvertrag nur mit Zustimmung der Eltern
Hat das Kind noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet, ist es minderjährig und damit nur beschränkt geschäftsfähig (§ 106 BGB). Zieht das Kind aus, wird es kaum möglich sein, dass es einen eigenen Mietvertrag abschließt. Bei Abschluss eines Mietvertrages ist die Zustimmung der Eltern notwendig. Solange sie ihre Zustimmung verweigern, braucht sich der Vermieter nicht auf das gewünschte Mietverhältnis einzulassen. Solange das minderjährige Kind kein eigenes Geld verdient, ist es auf die finanzielle Unterstützung der Eltern angewiesen, um die Miete zu bezahlen und sich selber zu versorgen.
GUT ZU WISSEN
Eigene Wohnung muss nachvollziehbar und bezahlbar sein
Selbst einem volljährigen Kind und damit erst recht einem minderjährigen Kind ist es grundsätzlich zumutbar, in der elterlichen Wohnung oder in der Wohnung des unterhaltspflichtigen Elternteils zu leben, sofern dort ausreichend Platz ist. Will ein Kind ohne nachvollziehbare Gründe eine eigene Wohnung beziehen, brauchen die Eltern keinen Kindesunterhalt zu zahlen. Die Interessen des Kindes haben nicht mehr Gewicht als ihre wirtschaftlichen Belange. Vor allem, wenn die Eltern jeden Euro umdrehen müssen, muss das Kind auf Ihre wirtschaftliche Situation die gebotene Rücksicht nehmen (OLG Brandenburg, Urteil vom 15.3.2017, Az. 9 WF 228/17). Umgekehrt müssen auch die Eltern gebotene Rücksicht auf die Belange des Kindes nehmen. Es ist also immer eine Frage des Einzelfalls, ob das Kind in eine eigene Wohnung ziehen dürfen sollte und die Eltern dazu in der Lage sind, dies zu finanzieren.
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Kann das Kind Barunterhalt statt Kost und Logis fordern?
Sind die Eltern der Ansicht, dass sie dem Kind nur „Kost und Logis“ schulden, könnte das Kind im Unterhaltsverfahren bei Gericht geltend machen, dass seine Interessen nicht angemessen berücksichtigt worden und sie Barunterhalt schulden. Kommt das Gericht zu der Einschätzung, dass die elterliche Unterhaltsbestimmung „Kost und Logis“ nicht wirksam ist, könnten sie zur Zahlung von Barunterhalt verpflichtet werden. Eine Unterhaltsbestimmung muss daher den gesamten Lebensbedarf des Kindes umfassen, so dass Ihr allgemeines Angebot von „Kost und Logis“ nicht genügt (OLG Saarbrücken FamRZ 2009, 74; 2010, 219).
Praxisbeispiel
Problemfall Eltern-Kind-Beziehung
Tragen Eltern(teil) und Kind fortlaufend schwerwiegende Konflikte aus, muss das wirtschaftliche Interesse als Elternteil zurücktreten, wenn es dem Kind nicht zuzumuten ist, in der elterlichen Wohnung zu bleiben. Gelegentliche emotionale Ausbrüche, die in jeder Eltern-Kind-Beziehung normal sind oder der oft zitierte Generationenkonflikt, sind normalerweise noch kein Grund, dass ein Kind eine eigene Wohnung beziehen darf. Eine Grenze ergibt sich dann, wenn sie sich nachweislich tiefgreifend entfremdet haben und die Entwicklung nicht allein auf einem rücksichtslosen oder provozierenden Verhalten des Kindes beruht (OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 235).
Eigene Wohnung wegen Ausbildung in anderer Stadt
Eltern schulden ihrem Kind eine angemessene Ausbildung. Liegt der Ausbildungsort oder der dem Kind zugewiesene Studienplatz weit entfernt, ist es dem Kind regelmäßig nicht zuzumuten, hin- und herzupendeln. Insoweit geht das Recht des Kindes dem elterlichen Aufenthaltsbestimmungsrecht vor. Eltern haben nicht das Recht, dem Kind einen weiter entfernten Studienplatz oder Ausbildungsplatz einfach zu verweigern.
Eine Einschränkung ergibt sich allenfalls daraus, dass sie vielleicht nicht die notwendigen Barmittel haben, um dem Kind eine eigene Wohnung zu finanzieren. Aber auch hier ergibt sich eine Lösung, wenn und soweit das Kind BAföG beantragen kann oder bei einer Lehre eine Ausbildungsvergütung bezieht.
EXPERTENTIPP
BAföG beantragen
Hat das Kind Anspruch auf BAföG, muss es BAföG beantragen und in Anspruch nehmen. Die Pflicht besteht auch dann, wenn die Ausbildungsförderung teilweise nur als Darlehen gewährt wird. BAföG-Leistungen reduzieren den Unterhaltsanspruch des Kindes und sind als eigenes Einkommen des Kindes auf den Unterhalt anzurechnen. Als Elternteil dürfen Sie darauf bestehen, dass das Kind vorrangig BAföG in Anspruch nimmt und Ihre wirtschaftlichen Ressourcen schont. Verweigern Sie als Elternteil die für den BAföG-Antrag notwendigen Auskünfte, kann das Kind beim BAföG-Amt vorab Antrag auf Vorausleistung stellen. Das BAföG-Amt wird die Eltern dann in Regress nehmen.
Wie hoch ist der Unterhalt für ein 17 Jahre altes Kind mit eigener Wohnung?
Lebt das Kind in einer eigenen Wohnung, gibt es einen festen Bedarfssatz, der unabhängig vom Einkommen der Eltern als Unterhalt zu entrichten ist. Das Kind hat in der Regel Anspruch auf 930 EUR Monat. Der Betrag ergibt sich aus der Düsseldorfer Tabelle. Der Betrag enthält 410 EUR als Miete für die Unterkunft einschließlich der umlagefähigen Nebenkosten und Heizung.
Abzüge vom Unterhalt wegen Ausbildungsvergütung?
Absolviert das Kind eine Lehre, wird eine vom Arbeitgeber gezahlte Ausbildungsvergütung auf den Unterhalt angerechnet. Vorab darf das Kind pauschal 100 EUR für berufsbedingte Aufwendungen abziehen. Auch Fahrtkosten können in Abzug gebracht werden. Übersteigt die Ausbildungsvergütung den Unterhaltsanspruch, ist das Kind nicht mehr bedürftig und kann die Elternteile nicht mehr auf Unterhalt in Anspruch nehmen.
Mit 17 Jahren alleinlebend - mietfreies Wohnen
Wohnt das Kind in einer Wohnung, die einem der Elternteile gehört, deckt dieser Elternteil einen Teil seiner Unterhaltspflicht, indem er die Wohnung dem Kind mietfrei überlässt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.9.2020, Az. 4 UF 176/19). Der Unterhaltssatz von 930 EUR wäre also um den Wohnanteil in Höhe von 410 EUR herabzusetzen. Soweit das Kind den Unterhalt für die Wohnung übernimmt, wäre der Kostenaufwand zu berücksichtigen. Sind beide Elternteile barunterhaltspflichtig, wäre der Wohnanteil bei beiden Elternteilen in Anrechnung zu bringen.
Kindergeld auf Unterhalt anrechnen
Bis zum 25. Lebensjahr des Kindes besteht Anspruch auf Kindergeld. Ist das Kind minderjährig, wird das Kindergeld nur zur Hälfte auf den Unterhaltsanspruch angerechnet. Wird das Kind volljährig, kommt das Kindergeld vollständig zur Anrechnung.
Studieren und mit 17 nebenbei arbeiten?
Befindet sich das Kind in der Ausbildung, braucht es kein eigenes Geld zu verdienen. Es soll sich voll auf die Ausbildung konzentrieren zu können. Und wie sieht es bei minderjährigen Studenten aus? Auch soweit das Kind während der Semesterferien oder in Urlaubszeiten gelegentlich arbeitet, kommen die Einkünfte nicht auf den Unterhalt in Anrechnung.
Anders ist es, wenn das Kind geringfügig beschäftigt ist. Dann handelt es sich nicht mehr um eine nur gelegentliche Erwerbstätigkeit. Die Konsequenz ist, dass nach Abzug einer Aufwendungspauschale von 100 EUR das Einkommen aus der geringfügigen Beschäftigung auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen ist.
Eigenes Vermögen des minderjährigen Kindes
Wohnt das Kind auswärts, sind beide Elternteile barunterhaltspflichtig. Das Kind kann nicht verlangen, dass ein Elternteil den ihm nach der Düsseldorfer Tabelle zustehenden Unterhalt allein und in voller Höhe zahlt. Beide Elternteile schulden in Abhängigkeit von ihrem Einkommen anteilig Unterhalt. Derjenige Elternteil, der mehr verdient, muss einen höheren Anteil übernehmen als derjenige, der weniger verdient.
Praxisbeispiel
Abzüge vom Unterhalt wegen (Studenten)job?
Ein auswärts wohnendes 17 Jahre altes Kind hat nach Düsseldorfer Tabelle Anspruch auf 930 EUR Kindesunterhalt. Es verdient als Servicekraft nebenbei 600 EUR Monat. Da die Elternteile gleich viel verdienen, schuldet jeder die Hälfte, also 465 EUR. Dafür muss sich das Kind nach Abzug einer Aufwendungspauschale von 100 EUR im Hinblick auf jeden Elternteil jeweils 250 EUR anrechnen lassen.
Alles in allem
Zieht ein minderjähriges Kind in eine eigene Wohnung, ergeben sich unterhaltsrechtlich eine Reihe teils schwieriger rechtlicher Fragen, vor allem dann, wenn Elternteile und Kind die Unterhaltsfrage unterschiedlich bewerten. Lassen Sie sich also am besten anwaltlich beraten und die Unterhaltshöhe rechtssicher berechnen, um alle Unterhaltsfragen rund um die erste eigene Wohnung zu klären.