Um das obligatorische Trennungsjahr vor der Scheidung zu vollziehen, brauchen Sie nicht unbedingt aus Ihrer ehelichen Wohnung auszuziehen. Es genügt, wenn Sie sich zunächst innerhalb Ihrer Wohnung trennen. Neben praktischen Fragen, ergibt sich daraus rechtlich auch die Unterhaltsfrage: Besteht Anspruch auf Kindesunterhalt und Trennungsunterhalt, wenn Sie nach der Trennung noch in einer Wohnung leben? Das kommt ganz darauf an, ob Ihre Trennung auch im rechtlichen Sinne vollzogen wird.
Ab welchem Zeitpunkt bestehen Unterhaltsansprüche?
Leben Sie in der Ehe zusammen, trägt jeder Ehepartner zum Familienunterhalt bei. Beide Ehepartner sind dazu verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Ist einem Ehepartner die Haushaltsführung und die Betreuung des gemeinsamen Kindes überlassen, erfüllt er bzw. sie die Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, in der Regel durch die Führung des Haushalts(§ 1360 BGB). Erwerbstätigkeit und Haushaltsführung sind also gleichwertige Beiträge zum Familienunterhalt.
Kommt es zur Trennung, endet die Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen. Jetzt haben Sie Anspruch auf Kindesunterhalt, wenn Sie Ihr Kind betreuen und Anspruch auf Trennungsunterhalt, wenn Sie selbst wirtschaftlich bedürftig sind. Die Frage ist, ob Sie die Trennung in Ihrer bislang gemeinsam genutzten ehelichen Wohnung wirklich vollzogen haben.
Wie gelingt die Trennung innerhalb der ehelichen Wohnung?
Sie sind nicht gesetzlich dazu verpflichtet, nach der Trennung direkt in verschiedenen Wohnungen zu leben. Möchten Sie Ihre emotionale Trennung im Rechtssinne vollziehen, müssen Sie Ihre eheliche Lebensgemeinschaft aufheben: nicht nur emotional, sondern auch wirtschaftlich und organisatorisch.
Wichtig ist, dass Sie Ihre Ehewohnung aufteilen und genau festlegen, wer welche Räumlichkeiten ausschließlich nutzt. Lediglich Räume, die der Versorgung und Hygiene dienen (Küche, Bad), können Sie weiterhin gemeinsam nutzen, zumal diese Räume meist ohnehin nur einmal in der Wohnung vorhanden sind. Wechselseitige Versorgungsleistungen müssen unterbleiben. Dazu gehören alle Tätigkeiten wie
- Kochen,
- Putzen,
- Waschen,
- Einkaufen,
- Behördengänge
- oder sonstige Erledigungen.
Putzen Sie notgedrungen weiter Bad und Küche, weil sich der Partner nicht darum kümmert, schadet das Ihrer Trennung nicht.
Aber: Solange Sie noch irgendwie gemeinsam wirtschaften, fehlt es an den Voraussetzungen einer Trennung und damit auch an den Voraussetzungen für Unterhaltsansprüche. Solang Sie beispielsweise noch beide Ihr gemeinsames Bankkonto für Überweisungen nutzen und Bargeld für den Lebensunterhalt abheben, wirtschaften Sie nicht allein. Sie sollten also ein eigenes Konto führen.
Sie brauchen sich innerhalb Ihrer Wohnung nicht zwanghaft aus dem Wege zu gehen. Gespräche und höfliche Umgangsformen tragen sicherlich dazu bei, konstruktiv mit Ihrer Trennung umzugehen. Wenn Sie allerdings in getrennten Zimmern schlafen, aber noch gemeinsam zu Abend essen, gemeinsam vor dem Fernseher sitzen oder die Wochenenden gemeinsam verbringen, leben Sie nicht getrennt.
Schwierig wird es oftmals auch, wenn Sie gemeinsame Kinder haben. Denn: Leben Sie in einer 70 m²-Wohnung, liegt es auf der Hand, dass Sie mit zwei Kindern nicht wirklich getrennt leben können. Und meistens ist es mit Kindern eben doch so, dass man die Abende oder die Wochenenden größtenteils gemeinsam nutzt, gemeinsam am Tisch sitzt oder sonntags gemeinsam im Interesse der Kinder die Freizeit verbringt.
GUT ZU WISSEN
Trennungszeitpunkt untereinander klären
Sie brauchen die Trennung innerhalb der Wohnung gegenüber dem Familiengericht nicht nachzuweisen. Auch die Wohnungsgröße wird nicht überprüft. Im Regelfall sollte es ausreichen, wenn Sie übereinstimmend vortragen, dass Sie in Ihrer ehelichen Wohnung mindestens ein Jahr vollständig getrennt voneinander gelebt haben.
Es kann jedoch Probleme geben, wenn der unterhaltspflichtige Partner seine Unterhaltspflicht bestreitet. Dann müssen Sie nachweisen, dass Sie die Trennung innerhalb Ihrer Wohnung eingehalten haben, um Trennungs- und Kindesunterhalt geltend zu machen.
Wann haben Sie Anspruch auf Kindesunterhalt innerhalb einer Wohnung?
Die Frage, wann Kindesunterhalt zu zahlen ist, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Trennen Sie sich innerhalb Ihrer ehelichen Wohnung, wohnt auch Ihr Kind in der Wohnung. Der Anspruch auf Kindesunterhalt beruht jedoch darauf, dass ein Ehepartner das Kind betreut und dessen Lebensunterhalt gewährleisten muss, während der andere Elternteil keine Beiträge zum Familienunterhalt mehr leistet.
Sie haben also allenfalls dann Anspruch auf Kindesunterhalt für Ihr Kind, wenn Sie
- das Kind ausschließlich selbst betreuen und
- seinen Lebensbedarf finanzieren.
Der andere Elternteil, der sich nicht im Lebensalltag des Kindes finanziell und organisatorisch engagiert, müsste dann Kindesunterhalt leisten.Genau hierin dürfte aber die Schwierigkeit liegen: Leben Sie innerhalb der gemeinsamen Wohnung, dürfte es schwerfallen, festzustellen, wann ein Elternteil vorwiegend das Kind betreut und wann der andere das Kind nicht betreut. Es müsste also eine ähnliche Situation bestehen, wie sie bestünde, wenn ein Elternteil aus der gemeinsamen ehelichen Wohnung ausgezogen wäre und aus diesem Grund Kindesunterhalt für das Kind leisten müsste.
Soweit beide Elternteile dazu beitragen, dass das Kind verpflegt und eingekleidet wird, leistet er oder sie auch einen Beitrag zur Betreuung des Kindes. Auch der Umstand, dass der Elternteil die Miete zahlt oder Eigentümer der Wohnung ist, ist ein Faktor, der der Betreuung des Kindes zugutekommt. Im Regelfall dürfte der Anspruch auf Kindesunterhalt also daran scheitern, dass das Kind vom anderen Elternteil eben noch nicht getrennt und nach wie vor in dessen wirtschaftlichen Einflussbereich lebt.
Vor allem dann, wenn Sie Ihr gemeinsames Kind in der Art eines paritätischen Wechselmodells50 : 50 betreuen, gelten die Betreuungsleistungen beider Elternteile als gleichwertig. Die Konsequenz wäre, dass beide Elternteile barunterhaltspflichtig sind und nach Maßgabe ihrer Einkommensverhältnisse zum Lebensunterhalt des Kindes beitragen müssen.
EXPERTENTIPP
Hartz VI
Beziehen Sie beide Hartz IV-Leistungen und bewertet Sie das Jobcenter als “Bedarfsgemeinschaft”, könnte zweifelhaft sein, ob Sie wirklich im Rechtssinne getrennt leben. Teils sind Gerichte der Ansicht, dass eine Bedarfsgemeinschaft die Trennung ausschließt (KG FamFR 2012,443). Andererseits sage eine “Bedarfsgemeinschaft” noch nichts darüber aus, ob ein Ehepaar wirklich getrennt lebe (OLG Köln NZFam 2018,956). Es komme einzig darauf an, ob die Eheleute noch einen gemeinsamen Haushalt führen oder nicht. Eine Bedarfsgemeinschaft schließe deshalb eine Trennung nicht von vornherein aus. Auch hier kommt es also immer auf die Prüfung im Einzelfall an.
Wann haben Sie Anspruch auf Trennungsunterhalt innerhalb einer Wohnung?
Leben Sie im Rechtssinne getrennt, haben Sie Anspruch auf Trennungsunterhalt, wenn Sie wirtschaftlich bedürftig sind. Ihre Bedürftigkeit ergibt sich daraus, dass Ihr Partner oder Ihre Partnerin keine Beiträge mehr zum Familienunterhalt leistet. Ihr Partner oder Ihre Partnerin ist dann verpflichtet, Sie im Rahmen der eigenen Möglichkeiten finanziell zu unterstützen. Dabei dürfte vornehmlich auch der Wohnvorteil eine Rolle spielen.
Leben Sie nach der Trennung weiterhin mietfrei in Ihrer Ehewohnung, liegt darin ein finanzieller Vorteil, der im Unterhaltsrecht als Wohnvorteil bezeichnet wird. Sie brauchen dann nämlich keine Miete für eine eigene Wohnung zu bezahlen. Diese ersparten Mietkosten müssen Sie sich als eigenes Einkommen anrechnen lassen. Allerdings zählt lediglich der sogenannte subjektive Wohnwert. Als subjektiver Wohnwert werden die Mietkosten angerechnet, die Sie für eine Wohnung bezahlen würden, die Ihren Verhältnissen angemessen wäre.
Praxisbeispiel
Wohnwert beachten
Ihre Eigentumswohnung hat einen objektiven Wohnwert von 1.200 EUR. Dies ist der Betrag, den ein Dritter als Mieter für diese Wohnung bezahlen würde. Würden Sie aus der Wohnung ausziehen, würden Sie sich im Hinblick auf Ihre Lebenssituation allenfalls eine Mietwohnung für 800 EUR leisten. Diese 800 EUR sind der subjektive Wohnwert. Da es Ihnen nicht zugemutet werden kann, nach der Trennung sofort in eine kleinere, günstigere Mietwohnung umzuziehen, brauchen Sie sich lediglich den subjektiven Mietwert als Wohnvorteil anrechnen zu lassen.
Alles in allem
Die Frage, ob Sie für Ihr Kind Anspruch auf Kindesunterhalt oder für sich selbst Anspruch auf Trennungsunterhalt haben, hängt entscheidend davon ab, wie Sie die Trennung innerhalb Ihrer ehelichen Wohnung darstellen und gestalten. Die bessere Option ist jedenfalls, wenn Sie in getrennten Wohnungen leben. Ist dies aus finanziellen Gründen nicht möglich, sollten Sie sich frühzeitig anwaltlich beraten lassen.