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Eigentümergrundschuld für zukünftigen Unterhalt pfänden
Freitag, 10.06.2022 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion
Bleibt der Unterhalt aus, können Sie in das Einkommen und das Vermögen des Ex-Partners zwangsvollstrecken und Vermögenswerte pfänden. Auch die Eigentümergrundschuld stellt einen solchen Vermögenswert dar. Wenn Sie prüfen möchten, ob die Vorauspfändung einer Eigentümergrundschuld auch in Ihrer Situation in Betracht kommt, ist es hilfreich wissen, was die Begriffe Vorauspfändung und Eigentümergrundschuld bedeuten. Die richtige Einordnung kann bares Geld bedeuten. Außerdem gilt es zu prüfen, ob die Pfändung einer Eigentümergrundschuld wirtschaftlich und strategisch überhaupt sinnvoll ist.
Bundesgerichtshof bejaht Pfändbarkeit
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem der Unterhaltsberechtigte die sogenannte Vorauspfändung einer Eigentümergrundschuld für zukünftige Unterhaltsansprüche beantragt hatte (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. September 2021, Az. VII ZB 9/21). Da im Gesetz nur von der Pfändung des künftigen Einkommens des Unterhaltsschuldners die Rede ist, ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Vorauspfändung einer Eigentümergrundschuld eine grundlegende Entscheidung. Sie könnte bei der Zwangsvollstreckung von Unterhaltsansprüchen eine interessante Option bieten, die bislang noch nicht unbedingt berücksichtigt wurde.
Was ist eine Eigentümergrundschuld?
Grundschulden sichern in der Form der Buchgrundschuld oder Briefgrundschuld Forderungen eines Gläubigers. Sie sind übliche Sicherungsmittel, wenn der Eigentümer den Kaufpreis für eine Immobilie finanziert oder zur Darlehenssicherung seine Immobilie mit einer Grundschuld belastet:
Da der Eigentümer ein Grundstück besitzt, bildet die Eigentümergrundschuld einen verwertbaren Vermögenswert, es sei denn, der Eigentümergrundschuld gehen im Rang noch andere Grundschulden fremder Gläubiger vor. Dadurch relativiert sich der Wert der Eigentümergrundschuld.
Die Eigentümergrundschuld macht wirtschaftliche für den Eigentümer normalerweise erst Sinn, wenn sie an einen Dritten abgetreten und damit von der Eigentümergrundschuld zur Fremdgrundschuld wird.
Umgekehrt wird die Fremdgrundschuld zur Eigentümergrundschuld, wenn die damit ursprünglich gesicherte Forderung des Gläubigers vollständig zurückgezahlt ist und der Gläubiger die Grundschuld an den Eigentümer abtritt.
Der eigentliche Zweck einer Eigentümergrundschuld ist letztlich, dass die im Grundbuch eingetragene Eigentümergrundschuld den Rang im Grundbuch wartet. Soweit weitere Rechte oder Lasten im Grundbuch eingetragen werden, werden sie im Rang nach der eingetragenen Grundschuld im Grundbuch vermerkt. Allerdings ist die Rechtslage bei einer Vorauspfändung eine andere.
Was ist eine Vorauspfändung?
Eine normale Pfändung bezieht sich auf existierende und aktuell verwertbare Vermögenswerte des Unterhaltsschuldners. Soweit es um künftig fällig werdende Unterhaltsansprüche geht, kommt die sogenannte Vorauspfändung in Betracht. Der Bundesgerichtshof hat eine solche Vorauspfändung im Hinblick auf die ausdrückliche Regelung in § 850 d Abs. IV Zivilprozessordnung (ZPO) bislang nur bezüglich bestehender und künftiger Kontoguthaben wegen künftig fällig werdender Unterhaltsleistungen für zulässig erachtet (BGH in NJW 2004, 367).
Die dadurch entstehende Dauerpfändung wegen einer in Raten fällig werdenden Unterhaltsforderung wird für zulässig erachtet, weil die Zwangsvollstreckung nicht vor Fälligkeit der Vollstreckungsforderung, sondern frühestens an dem auf den Fälligkeitstag folgenden Werktag beginnt. Erst dann trete die aufschiebende Bedingung ein, dass die Forderung fällig und die Entscheidung des Vollstreckungsgerichts über den Pfändungsantrag wirksam werde. Der Pfändungsantrag hat nur die Wirkung, als wenn der Unterhaltsgläubiger jeweils am Monatsanfang eine neue Pfändung ausbrächte.
In einer neuen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof jetzt festgestellt, dass kein stichhaltiger Grund ersichtlich sei, eine Eigentümergrundschuld als sonstiges Vermögensrecht des Unterhaltsschuldners aus dem Bereich der Vorauspfändung generell auszuschließen (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. September 2021, Az. VII ZB 9/21).
Möchten Sie als Unterhaltsgläubiger Ihren Anspruch durchsetzen und in eine Eigentümergrundschuld des Unterhaltsschuldners vollstrecken, können Sie beim Amtsgericht einen sogenannten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragen. Dann beschließt das Amtsgericht, dass die Eigentümergrundschuld gepfändet und bei Fälligkeit Ihres Unterhaltsanspruchs zur Zwangsvollstreckung überwiesen wird. Die Pfändung wird mit der Zustellung des amtsgerichtlichen Beschlusses an den Unterhaltsschuldner wirksam.
Wann lohnt sich die Pfändung in der Praxis?
Bewirken Sie die Pfändung einer Eigentümergrundschuld, haben Sie noch längst kein bares Geld in der Hand. Die Eigentümergrundschuld ist nur eine Last, die auf dem betreffenden Grundstück des Unterhaltsschuldners im Grundbuch eingetragen ist. Sie pfänden dann nur ein Recht:
Möchten Sie die Eigentümergrundschuld zu Geld machen, müssten Sie die Zwangsversteigerung des Grundstückes in die Wege leiten.
Soweit es um Unterhaltsansprüche geht, die in der Höhe überschaubar sind, dürfte die Zwangsversteigerung eines Grundstücks nicht der Weisheit letzter Schluss sein.
Beantragen Sie die Zwangsvollstreckung, müssen Sie wegen der damit verbundenen Verfahrensgebühren in Vorlage treten und die Gebühren aus eigener Tasche zahlen.
Auch nehmen Zwangsversteigerungsverfahren von Immobilien erfahrungsgemäß eine lange Zeit in Anspruch.
Nach Eingang des Antrags auf Zwangsversteigerung beim örtlich zuständigen Amtsgericht beauftragt das Amtsgericht einen Sachverständigen, der ein Verkehrsgutachten über die Immobilie erstellt. Der Umstand, dass Ihre Forderung möglicherweise in der Höhe nicht im Verhältnis zum Wert des Grundstückes steht, ändert nichts an der Tatsache, dass das übliche Verfahren einer Zwangsversteigerung durchlaufen werden muss. Auch wenn Ihnen der Kostenaufwand aus dem Erlös in der Versteigerung erstattet wird, dürfte es wenigstens ein Jahr und länger dauern, bis die Versteigerung zum Erfolg führt.
EXPERTENTIPP
Pfändung als Druckmittel einsetzen
Also: Die Pfändung einer Eigentümergrundschuld ist wirtschaftlich betrachtet kein Allheilmittel. Sie kann aber Druck auf den Eigentümer ausüben, Ihre Forderung auszugleichen. Insoweit kann die Pfändung einer Eigentümergrundschuld durchaus ein strategisches Instrument darstellen, um den Unterhaltsschuldner zur Zahlung zu motivieren.
Interessant ist insoweit der Hinweis des Bundesgerichtshofes in besagter Entscheidung, dass die Pfändung der Eigentümergrundschuld die wirtschaftliche Beweglichkeit des Unterhaltsschuldners nicht in unzumutbarer Weise blockiere. Die Wirkung der Pfändung trete nämlich erst bei Fälligkeit und nur in Höhe des dann fälligen Unterhaltsbetrages ein. Auf diese Weise werde die Pfändung jeweils auf einen der jeweiligen Unterhaltsforderung entsprechenden Teil begrenzt. Der weit überwiegende Teil der Eigentümergrundschuld dürfte dem Schuldner im Hinblick auf den Verkehrswert des Grundstücks dann auch weiterhin zur Verfügung stehen und zur Liquiditätsbeschaffung eingesetzt werden. Auch könne der Unterhaltsschuldner Teile seiner Eigentümergrundschuld abspalten und dadurch selbstständige, verkehrsfähige Teileigentümergrundschulden bilden.
Grundstück verkauft? Hypothek übertragen?
Die Vorauspfändung einer Eigentümergrundschuld hat noch einen weiteren Nachteil. Die Wirkung der Pfändung tritt erst bei Fälligkeit Ihrer Unterhaltsforderung ein. Die Forderungspfändung hat aber keine rangwahrende Wirkung im Grundbuch. Zwischenzeitliche Verfügungen des Unterhaltsschuldners über die Eigentümergrundschuld und das Grundstück und Pfändungen dritter Gläubiger bleiben davon berührt (so BGH in NJW 2004, 369). Verkauft der Unterhaltsschuldner das Grundstück, bevor Ihre Vorauspfändung wirksam wird, gehen Sie leer aus. Gleiches gilt, wenn ein fremder Gläubiger beispielsweise eine Sicherungshypothek auf dem Grundstück eintragen lässt und daraus die Zwangsvollstreckung betreibt.
Alles in allem
Wahrscheinlich sind Sie hellhörig geworden, als Sie vernommen haben, dass zum Zweck der Zwangsvollstreckung von Unterhaltsforderungen auch eine Eigentümergrundschuld gepfändet werden kann. Im Ergebnis ist ein klares „ja, aber …“ festzustellen. Sie sollten sich anwaltlich beraten lassen, ob es in Ihrer Situation eine echte Option darstellt, diesen Weg zu gehen.