Als Elternteil schulden Sie Ihrem Kind eine angemessene Ausbildung. Nichts spricht dagegen, wenn es diese dann im eigenen Familienbetrieb absolviert. Nur, wie macht ein Kind am besten welche Unterhaltsansprüche geltend, wo es doch den Unterhalt und das Azubigehalt von der scheinbar selben Person bekommt? Wichtig ist, dass Sie Ihre Position als Elternteil von der des Arbeitgebers trennen.
Was bei der Ausbildung im Familienbetrieb erlaubt ist (Ausbildungsvertrag etc.)
Die Ausbildung des eigenen Kindes im elterlichen Betrieb sollte möglichst genau so gehandhabt werden, als wenn der Auszubildende kein Familienangehöriger ist. Um das Ausbildungsziel zu erreichen, sollte das Kind sich weniger als Mitglied der Familie denn als Arbeitnehmer betrachten. Es sollte sich gegenüber Mitarbeitern und anderen Auszubildenden nicht als irgendwie privilegiert betrachten, nur weil es die Ausbildung bei Mutter oder Vater absolviert. Auch als Elternteil und Arbeitgeber sollten Sie Ihr Kind nicht bevorzugt behandeln.
Der Elternteil, der das Kind zur Berufsausbildung einstellt, hat einen Berufsausbildungsvertrag zu schließen (§ 10 BBiG). Ist das Kind noch minderjährig, ist der Berufsausbildungsvertrag durch den Elternteil als gesetzlichen Vertreter zu genehmigen, auch wenn der Elternteil zugleich Arbeitgeber ist. Für diesen Fall ist der Elternteil als gesetzlicher Vertreter von dem Verbot des § 181 BGB befreit. Die Vorschrift verbietet es, Verträge abzuschließen, bei denen eine Person auf beiden Seiten des Vertragsverhältnisses steht. Bei Abschluss des Berufsausbildungsvertrages gilt diese Verbotsvorschrift ausdrücklich nicht (§ 10 Abs. III BBiG).
Praxisbeispiel
Ausbildung im elterlichen Betrieb nicht an Bedingungen knüpfbar
Sie können als Elternteil und Arbeitgeber die Ausbildung des Kindes nicht davon abhängig machen, dass das Kind nach Abschluss der Ausbildung in Ihrem Familienbetrieb verbleibt. Eine derartige Vereinbarung, in der das Kind in der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit beschränkt wird, wäre nichtig (§ 12 BBiG).
Ausbildungsvergütung im elterlichen Betrieb
Das Kind hat in der Ausbildung Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Diese ist nach dem Lebensalter so zu bemessen, dass sie mit fortschreitender Berufsausbildung mindestens jährlich ansteigt (§ 17 BBiG). Soweit Sie als Arbeitgeber der Tarifbindung unterliegen, ist die eventuell höhere tariflich vorgegebene Ausbildungsvergütung zu zahlen.
Praxisbeispiel
Ausbildung ist keine Hilfe im Haushalt und Geschäft
Kinder sind „gesetzlich verpflichtet“, in einer ihren Kräften und ihrer Lebensstellung entsprechenden Weise den Eltern in deren Haushaltswesen und im Geschäft Dienste zu leisten, solange das Kind dem elterlichen Hausstand angehört und von den Eltern erzogen oder unterhalten wird (§ 1619 BGB). Außerdem sind Eltern und Kinder einander Beistand und Rücksicht schuldig (§ 1618a BGB). Aus dieser Vorschrift lässt sich aber kein Recht ableiten, das Kind unentgeltlich die Ausbildung im familieneigenen Betrieb absolvieren zu lassen. Die Vorschrift bezieht sich allenfalls auf Dienstleistungen, die Eltern allgemein erwarten dürfen und die nicht im Hinblick auf ein bestimmtes berufsrechtlich vorgegebenes Ausbildungsziel erbracht werden.
Kindesunterhalt während der Ausbildung im elterlichen Betrieb
Absolviert das Kind eine Ausbildung, hat es dem Grundsatz nach gegen die Eltern Anspruch auf Unterhalt (Kindesunterhalt). Der Grundsatz wird dadurch eingeschränkt, dass die Ausbildungsvergütung auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen ist.
Kind wohnt zu Hause bei einem Elternteil
Lebt das Kind im Haushalt der Eltern, erfüllen die Eltern Ihre Unterhaltspflicht allein dadurch, dass sie dem Kind Kost und Logis gewähren. Sie leisten Naturalunterhalt. Das Kind hat darüber hinaus allenfalls noch Anspruch auf ein angemessenes Taschengeld, hat aber keinen direkten Unterhaltsanspruch, der in Bargeld zu erfüllen wäre.
Gleiches gilt nach der Trennung der Eltern, wenn das Kind im Haushalt eines Elternteils lebt. Der betreuende Elternteil erfüllt die Unterhaltspflicht allein dadurch, indem er oder sie das Kind in der eigenen Wohnung wohnen lässt und dort verpflegt. Der andere Elternteil, der das Kind nicht in seiner Obhut betreut, ist dem Kind barunterhaltspflichtig. Die Höhe des Unterhalts bemisst sich in Abhängigkeit vom Lebensalter des Kindes (12 – 17 und über 18 Jahre) und dem Nettoeinkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils nach der Düsseldorfer Tabelle. Soweit das Kind eine Ausbildungsvergütung bezieht, muss es sich die Vergütung zumindest teilweise auf den Unterhalt anrechnen lassen.
Kind wohnt auswärts
Wohnt das Kind nicht im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils und unterhält einen eigenen Hausstand, hat es nach der Düsseldorfer Tabelle Anspruch auf Unterhalt. Die Höhe des Unterhalts ergibt sich nach Maßgabe der Düsseldorfer Tabelle in Abhängigkeit vom unterhaltsrelevanten Einkommen der Eltern.
Da das volljährige Kind nicht mehr der Betreuung bedarf, sind beide Elternteile barunterhaltspflichtig. Der Baranteil des jeweiligen Elternteils bestimmt sich nach dem Einkommen im Verhältnis zum Einkommen des anderen Elternteils. Sind die Eltern verheiratet, wird der Unterhalt wahrscheinlich aus der „Familienkasse“ bezahlt. Leben die Eltern getrennt, trägt jeder Elternteil in Abhängigkeit von seinem Einkommen zum Barunterhalt des Kindes bei. Darin sind die Kosten für die Unterkunft enthalten. Auch insoweit ist die Ausbildungsvergütung anzurechnen.
Wird die Ausbildungsvergütung auf den Kindesunterhalt angerechnet?
Zahlen Sie als Arbeitgeber pflichtgemäß eine Ausbildungsvergütung, ist die Vergütung auf den Unterhalt, den das Kind dem Grundsatz nach gemäß der Düsseldorfer Tabelle zu beanspruchen hätte, anzurechnen. Vorab ist ein Pauschalbetrag von 100 € für berufsbedingte Aufwendungen in Anrechnung zu bringen. Wohnt das Kind auswärts und nicht mehr im Haushalt eines Elternteils, darf es auch noch Fahrtkosten in angemessener Form berücksichtigen. Ein Unterhaltsanspruch nach der Düsseldorfer Tabelle ergibt sich jetzt allenfalls dann noch, wenn die Ausbildungsvergütung (z.B. 500 €) unter dem Betrag des Kindesunterhalts (z.B. 691 €) liegt. Übersteigt die Ausbildungsvergütung (z.B. 800 €) jedoch den nach der Düsseldorfer Tabelle berechneten Unterhaltsanspruch (z.B. 691 €), ist das Kind nicht mehr unterhaltsbedürftig.
Beachten Sie jedoch, dass der sich aus der Düsseldorfer Tabelle ergebende Unterhalt um das Kindergeld zu reduzieren ist. Ist das Kind minderjährig, ist die Hälfte des Kindergelds anzurechnen. Ist das Kind volljährig, wird das Kindergeld in voller Höhe in Abzug gebracht. Im Regelfall dürfte der Unterhaltsbedarf des Kindes durch die Ausbildungsvergütung abgedeckt sein. Nur dann, wenn die Ausbildungsvergütung nicht den gesamten Bedarf abdeckt, der nach der Düsseldorfer Tabelle begründet ist, hat das Kind hinsichtlich der Differenz noch Anspruch auf Kindesunterhalt.
Praxisbeispiel
Ausbildungsvergütung während der Ausbildung
- Ein 17 Jahre altes Kind absolviert in der Metallwerkstatt des Vaters eine Lehre als Schlosser. Es gehört damit in die Altersstufe 3 der Düsseldorfer Tabelle (12 - 17 Jahre). Es hält 800 € Ausbildungsvergütung.
- Der Vater erzielt mit seiner selbstständigen Tätigkeit ein Nettoeinkommen von 3.700 €. Er fällt damit in die Einkommensgruppe 6 der Düsseldorfer Tabelle. Es ergibt sich ein Unterhaltsanspruch des Kindes in Höhe von 753 €. Wird das Kind mit 18 Jahren volljährig, hätte es Anspruch auf 804 € Kindesunterhalt. (Stand 1.1.2023).
- Der Unterhalt von 753 € ist, da das Kind mit 17 Jahren minderjährig ist, um das halbe Kindergeld = 125 € (von 250 €) auf 628 € herabzusetzen.
- Wird das Kind volljährig, kommt das volle Kindergeld in Anrechnung. Das volljährige Kind hätte bei 804 € Kindesunterhalt unter Anrechnung des vollen Kindergeldes von 250 € noch Anspruch auf 554 €. Der Elternteil, der das Kindergeld bezieht, muss dem Kind das Kindergeld in voller Höhe zur Verfügung stellen.
- Die Ausbildungsvergütung von 800 € ist auf den Unterhalt anzurechnen. Vorab sind 100 € pauschal abzuziehen, so dass 700 € maßgeblich sind. Mit 700 € verfügt das Kind über so viel Einkommen, dass es nicht mehr auf den Unterhalt von 628 € oder 554 € nach Eintritt der Volljährigkeit angewiesen und somit nicht mehr unterhaltsbedürftig ist.
- Betrüge die Ausbildungsvergütung hingegen nur 500 €, wären nach Anrechnung von 100 € Pauschale noch 400 € maßgebend. Da der Unterhaltsbetrag laut Düsseldorfer Tabelle 628 € beträgt, hätte das minderjährige Kind noch Anspruch auf 228 € Barunterhalt. Nach Volljährigkeit wären es 154 €. Dabei ist jeweils das volle Kindergeld hinzuzurechnen.
EXPERTENTIPP
Unterhalt steigt mit Alter des Kindes und Einkommen der Eltern
Die Chance, trotz einer Ausbildungsvergütung noch Unterhalt von den Eltern einzufordern, steigt mit dem Alter des Kindes und dem Einkommen der Eltern. Wird das Kind 18 Jahre alt, gehört es in die Altersstufe 4 und damit in die höchste Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle. Weil das Kind volljährig ist und der betreuende Elternteil seine Unterhaltsleistung nicht mehr allein durch die Betreuung erfüllt, werden die Einkommen beider Elternteile zusammenaddiert.
Unterhalt, wenn das Kind nach der Lehre studiert
Eltern schulden Unterhalt für die erste Berufsausbildung. Sie bleiben darüber hinaus aber auch noch unterhaltspflichtig, wenn das Kind nach Abschluss der Lehre studiert und die Ausbildungswege in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen. Wann genau dies der Fall ist, hat die Rechtsprechung in einer Reihe von Einzelfällen immer wieder entschieden.
Ein derartiger Zusammenhang fehlt beispielsweise, wenn nach einer Lehre zum Industriekaufmann ein Medizinstudium begonnen wird (BGH Az. XII ZR 163/90) oder eine Sekretärin zwei Jahre im Beruf arbeitet und sich dann zum Studium entschließt, so dass der zeitliche Zusammenhang fehlt (BGH Az. XII ZR 148/99).
Alles in allem
Es wird Sie als Elternteil vielleicht mit Stolz erfüllen, wenn Ihr Kind die Ausbildung im Familienbetrieb absolviert. Erreicht das Kind sein Ausbildungsziel, ist die Ausbildungsvergütung gut angelegtes Geld. In Anbetracht der Tatsache, dass gute und motivierte Mitarbeiter immer seltener werden, werden Sie als Arbeitgeber ein Interesse daran haben, das Kind gut auszubilden und nach der Ausbildung in Ihrem Betrieb zu halten oder darauf zu hoffen, dass das Kind wieder in Ihren Betrieb zurückkehrt, wenn es die „Gesellenjahre“ auswärts verbracht hat.