Unterhaltstitel beim Kindesunterhalt
Ein Unterhaltstitel ist eine Urkunde, in der ein Unterhaltsanspruch rechtsverbindlich dokumentiert ist. Nur mit einem Unterhaltstitel können Sie den Gerichtsvollzieher beauftragen, beim unterhaltspflichtigen Elternteil Bargeld einzutreiben, Vermögenswerte, das Girokonto bei der Bank oder das Gehalt beim Arbeitgeber zu pfänden. Eine bloß mündliche oder privatschriftlich getroffene Vereinbarung genügt diesen Voraussetzungen nicht. Als Unterhaltstitel kommen in Betracht:
- Jugendamtsurkunde, in der der unterhaltspflichtige Elternteil seine Unterhaltspflicht gegenüber seinem Kind anerkennt,
- Notarielles Schuldanerkenntnis
- Anwaltsvergleich
- Gerichtlicher Beschluss nach Maßgabe einer Unterhaltsklage
- Gerichtlich protokollierter Vergleich, z.B. im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung aus Anlass Ihrer Scheidung
Wie lange ist ein Unterhaltstitel für ein Kind gültig?
Ein Unterhaltstitel für ein Kind ist unbefristet gültig, zeitlich also nicht befristet. Der Titel erlischt nicht automatisch, wenn das Kind volljährig wird. Sie haben also keinen Anspruch auf Herausgabe des Unterhaltstitels bei Volljährigkeit. § 244 Familienverfahrensgesetz (FamFG) stellt ausdrücklich klar, dass Sie als unterhaltspflichtiger Elternteil Ihre Unterhaltspflicht nicht allein dadurch entkräften können, dass das Kind nunmehr nicht mehr minderjährig ist, sondern volljährig geworden sei.
Dieser Umstand hat zur Konsequenz, dass das Kind aus dem Titel nach wie vor die Zwangsvollstreckung betreiben kann. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Unterhaltstitel ein dynamischer oder statischer Titel ist. Das Kind ist auch nicht verpflichtet, sich nach Eintritt der Volljährigkeit einen neuen Unterhaltstitel zu beschaffen. Soweit Sie als Elternteil Ihre Unterhaltspflicht nicht beanstanden und nicht gerichtlich überprüfen lassen, kann das Kind den Kindesunterhalt nach wie vor aus dem bestehenden Unterhaltstitel beanspruchen.
Unterhaltszahlung bei Volljährigkeit des Kindes vorläufig einstellen?
Sie sollen die Unterhaltszahlung bei Volljährigkeit des Kindes keinesfalls vorläufig einstellen. Der unterhaltspflichtige Elternteil sieht sich Vollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt, solange der Unterhaltstitel existent ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Unterhaltspflicht noch immer bestehen oder möglicherweise entfallen sind. Vollstreckt das Kind, besteht das Risiko, dass beispielsweise das Bankkonto gesperrt oder das Gehalt beim Arbeitgeber gepfändet wird. Spätestens dann müsste der Elternteil aktiv werden und sich gegen die Zwangsvollstreckung zur Wehr setzen.
Zeichnet sich die Volljährigkeit des Kindes ab, empfiehlt sich daher, frühzeitig aktiv zu werden und den Unterhaltsanspruch des Kindes überprüfen zu lassen. Wenn das Kind dann volljährig wird, sollte geklärt sein, inwieweit der Unterhaltsanspruch fortbesteht oder reduziert oder gar hinfällig geworden ist.
Unterhaltstitel löschen lassen?
Der Weg, um einen Unterhaltstitel „löschen“ zu lassen, ist die Abänderungsklage. Sofern das Kind aus dem bestehenden Unterhaltstitel heraus bereits die Zwangsvollstreckung betreibt, ist zugleich ein Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zu stellen. Das Familiengericht wird dann die unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen prüfen und den bestehenden Unterhaltstitel aufheben oder an die veränderten Gegebenheiten anpassen.
Beantragt der unterhaltspflichtige Elternteil im Wege der Abänderungsklage die Überprüfung seiner Unterhaltspflicht, genügt der Vortrag, beispielsweise auf die Mithaftung des früheren Betreuungselternteils oder auf die Ausbildungsvergütung des Kindes hinzuweisen (BGH, Beschluss v. 7.12.2016, Az. XII ZB 422/15).
Es obliegt dann dem volljährigen Kind, alle diejenigen Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die den Fortbestand seines Unterhaltsanspruchs rechtfertigen sollen und die noch nicht berücksichtigt wurden, als der bestehende Unterhaltstitel dokumentiert wurde. Befindet sich das volljährige Kind in einer unterhaltsrechtlich relevanten Schul- oder Berufsausbildung, muss es dafür den Nachweis erbringen.
Da beide Elternteile mit Eintritt der Volljährigkeit des Kindes unterhaltspflichtig sind, hängt die Haftungsquote auch von den Einkommensverhältnissen des bislang betreuenden Elternteils ab. Insoweit ist auch der bislang betreuende Elternteil auskunftspflichtig.
Daher befindet sich der bislang unterhaltspflichtige Elternteil prozessual in einer vorteilhaften Position, während das Kind, das über die Volljährigkeit hinaus Unterhalt einfordert, seine Forderung darlegen und zur Überzeugung des Familiengerichts beweisen muss.
Was kostet eine Abänderungsklage?
Möchten Sie als Elternteil Ihre Unterhaltspflicht im Wege Abänderungsklage überprüfen lassen, fallen Gerichts- und Anwaltsgebühren an. Der zur Bemessung der Gebühren maßgebliche Gegenstandswert bemisst sich nach dem Jahresbetrag des Unterschiedes zwischen dem bestehenden Unterhaltsanspruch und dem Jahresbetrag des Unterhalts, dessen Festsetzung mit dem Abänderungsantrag beantragt wird.
Hinweis: Verlieren Sie das Verfahren, müssen Sie allerdings auch die Verfahrenskosten des gegnerischen Anwalts übernehmen. Insoweit empfiehlt sich, dass Sie sich frühzeitig anwaltlich beraten lassen und eine Abänderungsklage nur dann einreichen, wenn sich die unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen aller Wahrscheinlichkeit nach geändert haben.
Gibt das Familiengericht Ihrem Abänderungsantrag in vollem Umfang statt, trägt das Kind sämtliche Gebühren des Verfahrens, sofern es der Aufforderung zur Erteilung der Auskunft und Vorlage von Belegen über sein Einkommen und das Einkommen des anderen Elternteils nicht vollständig nachgekommen ist. Ansonsten entscheidet das Gericht nach dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten.