Definition: Was ändert sich beim Kindesunterhalt, wenn das das Kind 18 wird?
DEFINITION
Was ändert sich beim Kindesunterhalt, wenn das das Kind 18 wird?
Wird das Kind volljährig, ändern sich oft die unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen, da das Kind mit Eintritt der Volljährigkeit eigentlich für sich selbst verantwortlich ist. Ein bereits bestehender Unterhaltstitel erlischt jedoch nicht. Das bedeutet: Das Kind kann aus dem Unterhaltstitel nach wie vor die Zwangsvollstreckung betreiben. Beanstanden Sie als unterhaltspflichtiger Elternteil Ihre Unterhaltspflicht, weil sich die unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen verändert haben, können Sie Ihre Unterhaltspflicht im Wege der Abänderungsklage überprüfen lassen.
Kurzfassung -alles auf einen Blick
- Wenn Ihr Kind volljährig wird, sollten Sie die Unterhaltshöhe neu berechnen lassen, um zu prüfen, was sich nun für Ihre Familie finanziell ändert.
- Die Eltern müssen das Kind auch während der Ausbildung oder des Studiums weiter unterstützen, sofern es sich um die Erstausbildung handelt.
- Dazu gehören auch kurze Übergangszeiträume oder Orientierungsphasen, wenn das Kind vorübergehend arbeitslos ist.
Unterhaltstitel beim Kindesunterhalt
Ein Unterhaltstitel ist eine Urkunde, in der ein Unterhaltsanspruch rechtsverbindlich dokumentiert ist. Nur mit einem Unterhaltstitel können Sie den Gerichtsvollzieher beauftragen, beim unterhaltspflichtigen Elternteil Bargeld einzutreiben, Vermögenswerte, das Girokonto bei der Bank oder das Gehalt beim Arbeitgeber zu pfänden. Eine bloß mündliche oder privatschriftlich getroffene Vereinbarung genügt diesen Voraussetzungen nicht. Als Unterhaltstitel kommen in Betracht:
- Jugendamtsurkunde, in der der unterhaltspflichtige Elternteil seine Unterhaltspflicht gegenüber seinem Kind anerkennt,
- Notarielles Schuldanerkenntnis
- Anwaltsvergleich
- Gerichtlicher Beschluss nach Maßgabe einer Unterhaltsklage
- Gerichtlich protokollierter Vergleich, z.B. im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung aus Anlass Ihrer Scheidung
GUT ZU WISSEN
Zwangsvollstreckung nach Scheidung
Das Kind kann aus dem Unterhaltstitel nach der Volljährigkeit selbst vollstrecken, wenn die Eltern bereits rechtskräftig geschieden waren. Wurde zuvor der Kindesunterhalt für das minderjährige Kind eingeklagt, wurde das Kind durch den betreuenden Elternteil gesetzlich vertreten. Der Titel lautet auf das Kind. Einer Titelumschreibung auf das Kind bedarf es nicht.
Waren die Eltern aber noch nicht rechtskräftig geschieden, hatte der Elternteil, der das Kind betreute, in Prozessstandschaft für das Kind geklagt und ist Inhaber des Titels. Da der Elternteil mit der Volljährigkeit des Kindes aber nicht mehr Inhaber des Anspruchs ist, muss der Unterhaltstitel auf das Kind umgeschrieben werden. Erst mit der Titelumschreibung auf sich selbst kann das Kind die Zwangsvollstreckung betreiben.
Wie lange ist ein Unterhaltstitel für ein Kind gültig?
Ein Unterhaltstitel für ein Kind ist unbefristet gültig, zeitlich also nicht befristet. Der Titel erlischt nicht automatisch, wenn das Kind volljährig wird. Sie haben also keinen Anspruch auf Herausgabe des Unterhaltstitels bei Volljährigkeit. § 244 Familienverfahrensgesetz (FamFG) stellt ausdrücklich klar, dass Sie als unterhaltspflichtiger Elternteil Ihre Unterhaltspflicht nicht allein dadurch entkräften können, dass das Kind nunmehr nicht mehr minderjährig ist, sondern volljährig geworden sei.
Dieser Umstand hat zur Konsequenz, dass das Kind aus dem Titel nach wie vor die Zwangsvollstreckung betreiben kann. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Unterhaltstitel ein dynamischer oder statischer Titel ist. Das Kind ist auch nicht verpflichtet, sich nach Eintritt der Volljährigkeit einen neuen Unterhaltstitel zu beschaffen. Soweit Sie als Elternteil Ihre Unterhaltspflicht nicht beanstanden und nicht gerichtlich überprüfen lassen, kann das Kind den Kindesunterhalt nach wie vor aus dem bestehenden Unterhaltstitel beanspruchen.
GUT ZU WISSEN
Titel mit Befristung in Jugendamtsurkunde
Beruht der Unterhaltstitel auf einer Jugendamtsurkunde, kann es allerdings sein, dass sich darin eine Befristung bis zum 18. Lebensjahr befindet. Sollte dieser Titel tatsächlich befristet sein, ist es Sache des Kindes, aktiv zu werden und sich gegebenenfalls einen neuen Unterhaltstitel zu beschaffen. Gibt es keine Befristung, können Sie sich als unterhaltspflichtiger Elternteil nicht auf die Volljährigkeit des Kindes berufen.
Unterhaltszahlung bei Volljährigkeit des Kindes vorläufig einstellen?
Sie sollen die Unterhaltszahlung bei Volljährigkeit des Kindes keinesfalls vorläufig einstellen. Der unterhaltspflichtige Elternteil sieht sich Vollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt, solange der Unterhaltstitel existent ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Unterhaltspflicht noch immer bestehen oder möglicherweise entfallen sind. Vollstreckt das Kind, besteht das Risiko, dass beispielsweise das Bankkonto gesperrt oder das Gehalt beim Arbeitgeber gepfändet wird. Spätestens dann müsste der Elternteil aktiv werden und sich gegen die Zwangsvollstreckung zur Wehr setzen.
Zeichnet sich die Volljährigkeit des Kindes ab, empfiehlt sich daher, frühzeitig aktiv zu werden und den Unterhaltsanspruch des Kindes überprüfen zu lassen. Wenn das Kind dann volljährig wird, sollte geklärt sein, inwieweit der Unterhaltsanspruch fortbesteht oder reduziert oder gar hinfällig geworden ist.
EXPERTENTIPP
Suchen Sie das Gespräch
Es versteht sich, dass Sie nach Möglichkeit mit Ihrem Kind in Kontakt treten und Auskunft erbitten, inwieweit die unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen für den Kindesunterhalt auch über das 18. Lebensjahr hinaus noch fortbestehen. Es ist immer eine gute Empfehlung, im gegenseitigen Gespräch den Sachstand in Erfahrung zu bringen und sich im gegenseitigen Einvernehmen zu verständigen. Als Elternteil stehen Sie in der Verpflichtung, Ihrem Kind so lange beizustehen, bis es auf eigenen Füßen stehen kann. Die freundlich formulierte Bitte um Auskunft bringt oft bessere Ergebnisse als ein forsches Nachfragen mit dem Unterton, Sie hätten jetzt lange genug Unterhalt gezahlt. Umgekehrt obliegt es dem Kind, sich dafür zu engagieren, die Grundlagen für seinen Lebensunterhalt zu schaffen und zügig ans Ziel zu kommen. Dazu gehört das Streben nach einer Ausbildung, sei es eine Lehre oder ein Studium.
Unterhaltstitel löschen lassen?
Der Weg, um einen Unterhaltstitel „löschen“ zu lassen, ist die Abänderungsklage. Sofern das Kind aus dem bestehenden Unterhaltstitel heraus bereits die Zwangsvollstreckung betreibt, ist zugleich ein Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zu stellen. Das Familiengericht wird dann die unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen prüfen und den bestehenden Unterhaltstitel aufheben oder an die veränderten Gegebenheiten anpassen.
GUT ZU WISSEN
Für die Abänderungsklage besteht Anwaltszwang
Möchten Sie als unterhaltspflichtiger Elternteil beim Familiengericht eine Abänderungsklage einreichen, müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen. Die anwaltliche Vertretung soll gewährleisten, dass der Rechtsanwalt oder die Rechtsanwältin bereits vorab prüfen, inwieweit sich die unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen geändert haben. Dann gilt es, den Inhalt der Abänderungsklage gesetzeskonform zu formulieren und bei Gericht kompetent durchzusetzen.
Beantragt der unterhaltspflichtige Elternteil im Wege der Abänderungsklage die Überprüfung seiner Unterhaltspflicht, genügt der Vortrag, beispielsweise auf die Mithaftung des früheren Betreuungselternteils oder auf die Ausbildungsvergütung des Kindes hinzuweisen (BGH, Beschluss v. 7.12.2016, Az. XII ZB 422/15).
Es obliegt dann dem volljährigen Kind, alle diejenigen Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die den Fortbestand seines Unterhaltsanspruchs rechtfertigen sollen und die noch nicht berücksichtigt wurden, als der bestehende Unterhaltstitel dokumentiert wurde. Befindet sich das volljährige Kind in einer unterhaltsrechtlich relevanten Schul- oder Berufsausbildung, muss es dafür den Nachweis erbringen.
Da beide Elternteile mit Eintritt der Volljährigkeit des Kindes unterhaltspflichtig sind, hängt die Haftungsquote auch von den Einkommensverhältnissen des bislang betreuenden Elternteils ab. Insoweit ist auch der bislang betreuende Elternteil auskunftspflichtig.
Daher befindet sich der bislang unterhaltspflichtige Elternteil prozessual in einer vorteilhaften Position, während das Kind, das über die Volljährigkeit hinaus Unterhalt einfordert, seine Forderung darlegen und zur Überzeugung des Familiengerichts beweisen muss.
Was kostet eine Abänderungsklage?
Möchten Sie als Elternteil Ihre Unterhaltspflicht im Wege Abänderungsklage überprüfen lassen, fallen Gerichts- und Anwaltsgebühren an. Der zur Bemessung der Gebühren maßgebliche Gegenstandswert bemisst sich nach dem Jahresbetrag des Unterschiedes zwischen dem bestehenden Unterhaltsanspruch und dem Jahresbetrag des Unterhalts, dessen Festsetzung mit dem Abänderungsantrag beantragt wird.
Praxisbeispiel
Kosten für Abänderung des Unterhaltstitels
Zahlen Sie bislang 300 EUR Kindesunterhalt und wünschen die Abänderung auf 0 EUR, so wäre der Jahresbetrag und damit der Gegenstandswert 12 x 300 EUR = 3.600 EUR. Es fallen folgende Gebühren an:
Gerichtsgebühren = 420 EUR
Die Anwaltsgebühren richten sich danach, was der Anwalt für Tätigkeiten übernimmt. Für die Vertretung im Verfahren fällt eine Gebühr von 1,3, also 361,40 EUR und für den Gerichtstermin eine Gebühr von 1,2, also 333,60 EUR an.
Hinzu kommen eine Pauschale für Porto und Telefonkosten in Höhe von 20 EUR sowie die MwSt.
Hinweis: Verlieren Sie das Verfahren, müssen Sie allerdings auch die Verfahrenskosten des gegnerischen Anwalts übernehmen. Insoweit empfiehlt sich, dass Sie sich frühzeitig anwaltlich beraten lassen und eine Abänderungsklage nur dann einreichen, wenn sich die unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen aller Wahrscheinlichkeit nach geändert haben.
Gibt das Familiengericht Ihrem Abänderungsantrag in vollem Umfang statt, trägt das Kind sämtliche Gebühren des Verfahrens, sofern es der Aufforderung zur Erteilung der Auskunft und Vorlage von Belegen über sein Einkommen und das Einkommen des anderen Elternteils nicht vollständig nachgekommen ist. Ansonsten entscheidet das Gericht nach dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten.